Werksbesuch bei Naturheld in Grafenwöhr-Hütten und der Ziegler Group in Plößberg
Die Naturheld GmbH hat eine neue Holzfaserdämmplatte auf den Markt gebracht. Rezeptur und Format wurden weiterentwickelt. Wir haben das Sägewerk in Plößberg und die Produktionsstätte in Grafenwöhr-Hütten besucht und uns die Herstellung der Dämmplatten erklären lassen.
Die Naturheld GmbH betreibt seit 2022 in Grafenwöhr-Hütten (Oberpfalz/Niederbayern) ein Werk zur Produktion von Holzfaserdämmplatten. In den vergangenen zwei Jahren wurden ihre Rezeptur und das Format weiterentwickelt. Seit kurzem sind die Holzfaserdämmplatten in einer neuen Version erhältlich, der „Generation 2.0“. Wir haben das Dämmstoffwerk der Naturheld GmbH in Grafenwöhr besucht. Zuvor waren wir im nahegelegenen Sägewerk der Ziegler Group in Plößberg.
Blick über das Gelände des Sägewerks der Ziegler Group in Plößberg. Hier werden Fichten- und Kiefernstämme zu Dachlatten, Balken, Stützen, Spanplatten, Holzpellets, Hackschnitzel und Rindenmulch verarbeitet
Foto: Michaela Podschun
Naturheld gehört zur Ziegler Group, die ihren Stammsitz an der Betzenmühle in Plößberg hat. Der Blick über das Gelände des europaweit größten Sägewerks in der Oberpfalz ist beeindruckend. Bergeweise liegen hier Holzstämme, Hackschnitzel und Rindenmulch. Rund 400 Lkw liefern hier täglich Fichten- und Kiefernstämme an, die zu Dachlatten, Balken, Stützen, Spanplatten, Holzpellets, Hackschnitzel und Rindenmulch werden. Über 700 Mitarbeiter verarbeiten laut Firmenangaben jährlich rund 2,2 Millionen Festmeter Holz.
Der komplette Baum wird verarbeitet
René Oertel, Marketing-Leiter der Ziegler Group, fährt uns mit dem Bus über das Außengelände. Es riecht intensiv nach Holz, auch weil es an diesem spätsommerlichen September-Tag sehr heiß ist. Die Produktion im Werk läuft hoch automatisiert. Von einem Kontrollraum aus steuern die Mitarbeiter die Säge- und Hobelmaschinen und haben mit Hilfe von rund 20 Monitoren alles im Blick. „Unsere Philosophie ist die 100-prozentige Ressourcennutzung. Wir schöpfen den Rohstoff Holz voll aus und verarbeiten den Baum komplett“, betont René Oertel.
An der Betzenmühle wird im Dreischicht-Modell gearbeitet. Samstagsabends werden die Hobel- und Sägemaschinen gereinigt, auf denen sich während der Produktion eine dicke Schicht Sägemehl legt. Für die Herstellung von Holzfaserdämmplatten werden im Werk in Grafenwöhr Hackschnitzel aus dem Sägewerk in Plößberg genutzt. Nach der Anlieferung werden die Hackschnitzel dort zunächst in zwei Silos mit einem Volumen von insgesamt 15 000 m³ gelagert. Anschließend werden sie gekocht, getrocknet und in zwei Mühlen zerfasert
Formaldehydfreier Leim
Die neuen Naturheld-Holzfaserdämmplatten verfügen über ein verbessertes, abgerundetes Nut-Feder-Profil. Das soll das Verlegen der Dämmplatten vereinfachen
Foto: Michaela Podschun
Den getrockneten Holzfasern werden nur geringe Mengen an Zusatzstoffen zugegeben. Diese sind gesetzlich vorgeschrieben und notwendig, um die gewünschte Produktqualität zu erreichen und bauphysikalisch wichtige Eigenschaften zu erfüllen. Bei der Produktion von festen Holzfaserdämmplatten setzt die Naturheld GmbH auf eine Verleimung mit PMDI: Der Leim ist frei von Formaldehyd und wird in Verbindung mit Wasserdampf zu Polyurethan (PU) abgebunden. Außerdem wird Paraffinwachs auf die Holzfasern aufgebracht, was verhindert, dass die Dämmplatten später Wasser aufnehmen.
In der Fertigungslinie für flexible Holzfaserdämmplatten werden die Holzfasern mit Bikomponenten-Textilfasern vermengt, um den weichen Dämmmatten mehr Struktur zu geben. Außerdem wird brandhemmendes Ammoniumsulfat hinzugefügt. Bei der Herstellung von Holzfasereinblasdämmung setzt Naturheld ebenfalls auf Ammoniumsulfat als Brandschutzmittel.
Sägereste werden im Heizkraftwerk verfeuert
Die Rinde der Holzstämme wird als Rindenmulch für den Garten oder Brennstoff für die firmeneigenen Biomasse-Heizkraftwerke verwendet
Foto: Michaela Podschun
Für die Herstellung der Holzfaserdämmplatten wird vor allem Energie aus eigener Erzeugung verwendet. Die Sägereste (in diesem Fall: Baumrinde) aus dem Sägewerk in Plößberg werden in einem Heizkraftwerk verfeuert, das Wasserdampf und heiße Luft (Rauchgas) für die Produktionsprozesse erzeugt. Der Wasserdampf wird zum Kochen der Hackschnitzel genutzt. Mithilfe der heißen Luft, die eine Temperatur von 120 bis 130 °C erreicht, werden die Hackschnitzel getrocknet, bevor sie in zwei Fasermühlen zu Holzfasern zerkleinert werden. Im Naturheld-Werk in Grafenwöhr können laut Hersteller pro Jahr bis zu 1,5 Mio. m³ flexible Platten und bis zu 500 000 m³ druckfeste Holzfaserdämmplatten hergestellt werden.
Der Strom für die Dämmplattenproduktion wird über eine eigene Photovoltaikanlage auf den Dächern des Dämmstoffwerks und aus weiteren, erneuerbaren Quellen gewonnen. Zudem werden Verschnitt-Reste, die bei der Verarbeitung der Dämmplatten anfallen, gesammelt und wiederverwertet.
Erhöhter Witterungsschutz
Die neuen Naturheld-Holzfaserdämmplatten zeichnen sich vor allem durch ihr verbessertes Nut-Feder-Profil aus, das gegenüber den bisherigen Dämmplatten runder ausgeführt ist. Durch ihre überarbeitete Nut- und Federverbindung lassen sich die Platten auch auf unebenen Unterkonstruktionen leicht und präzise fügen, bieten einen zuverlässigen Witterungsschutz und sind im Verbund robuster.
Die Rezeptur und der Herstellungsprozess der Produkte wurden ebenfalls überarbeitet. Ihre Oberfläche ist dichter und besser strukturiert. Das soll laut Hersteller die Rutschfestigkeit der Platten beim Verlegen auf dem Dach und die Haftung von Putzen auf den Platten an der Fassade verbessern. Zudem wurden die Plattenformate überarbeitet. Das neue Format soll die Lagerung, den Transport und die Verlegung der Dämmplatten vereinfachen.
Geeignet für viele Anwendungsfälle
Neu im Sortiment ist die Dämmplatte „Naturheld 100“ mit einer Rohdichte von 100 kg/m³ und einem Nennwert der Wärmeleitfähigkeit von 0,037 W/mK. Sie ist für die Dämmung der obersten Geschossdecke, die Dachdämmung auf Schalungen und Brettsperrholzelementen und die Innendämmung von Außenwänden geeignet.
AutorenStephan Thomas ist Chefredakteur der Zeitschrift dach+holzbau. Michaela Podschun ist Redakteurin der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.
Naturheld GmbH in der Insolvenz
Die Naturheld GmbH gehört zur Ziegler Group. Diese ist ein global agierendes Unternehmen mit Hauptsitz in Plößberg (Oberpfalz) und meldete Ende November Insolvenz an. Zum Kerngeschäft zählt die Holzverarbeitung. Die Gruppe hat 34 Gesellschaften, darunter die Naturheld GmbH, die ebenso Insolvenz anmeldete. Die Gruppe bedient sechs Branchen: Holzverarbeitung, Hausbau, Logistik, Technik, Dekoration, Gastronomie und Hotellerie. 3200 Mitarbeiter gehören insgesamt zur Gruppe, die in den vergangenen Jahren einen Umsatz von rund 1 Milliarde Euro pro Jahr erwirschaftete. Allerdings sei die Gruppe durch den Einbruch der Bauindustrie infolge des Ukraine-Krieges schwer getroffen worden, teilt die Kanzlei Schultze & Braun aus Achern mit, deren Rechtsanwalt Volker Böhm als Insolvenzverwalter beauftragt wurde. Weitere Infos zur Insolvenz gibt es hier !