Wie Denkmale erfolgreich saniert und vermarktet werden

Für Martina Weißenmayer sind historische Bauten absolute Unikate. Die Projektentwicklerin hat sich auf die Restaurierung und Vermarktung von Denkmalen spezialisiert. Ihr geht es um den größtmöglichen Substanzerhalt und den Dialog mit allen Beteiligten.

„Ein Haus ist mehr als nur Holz und Steine“, sagt Martina Weißenmayer. Wie lassen sich historische Bauten in die Zukunft führen? Das ist die Hauptfrage für die Projektentwicklerin aus der Pfalz. Auf die Sanierung und Vermarktung von Denkmalen hat sie sich spezialisiert. Ihr Unternehmen BauWerk mit Sitz in Neustadt an der Weinstraße will alte Gebäude wieder mit Leben füllen.

„Zu uns kommen Interessierte, die gerne in ein Denkmal investieren oder eines besitzen möchten. Für all jene suchen wir das passende Objekt und übernehmen die komplette Projektierung“, erklärt Martina Weißenmayer. Auch Immobilien-Besitzern, die nicht wissen, wie sie ihr denkmalgeschütztes Haus entwickeln sollen, ist sie gerne behilflich.  

Für Martina Weißenmayer sind Denkmale absolute Unikate, die es zu erhalten gilt
Foto: Michaela Podschun

Für Martina Weißenmayer sind Denkmale absolute Unikate, die es zu erhalten gilt
Foto: Michaela Podschun
Etliche Fragen kommen zusammen: In welchem baulichen Zustand befindet sich das Gebäude? Wie hoch sind die Instandsetzungskosten? Welche Nutzung ist möglich und sinnvoll? Welchen Verkaufswert hat das Gebäude? Wie stellt sich die Baugeschichte dar? Welche Bedeutung hat das Gebäude aus der Sicht der Denkmalschutzbehörden?

Sinnvolle Nutzung finden

„Größtes Problem bei der Sanierung eines Denkmals ist das Finden einer sinnvollen Nutzung, die zum Gebäude passt, und die einen Ertrag erwirtschaftet, der eine Finanzierung ermöglicht. Wichtig ist außerdem die Kommunikation zwischen Denkmalämtern und Bauherren“, hat die Geschäftsführerin festgestellt. Privatpersonen scheuen sich oft und denken, die Auflagen der Ämter seien unerfüllbar. Da brauche es eine objektive Betrachtung und offene Gespräche. „Es gibt immer eine Lösung, mit der alle leben können. Darüber hinaus: Es gibt nichts Nachhaltigeres, als ein Denkmal zu erhalten. Es ist ein weit verbreitetes Vorurteil, dass eine Sanierung teurer als ein Neubau ist. Von Seiten des Staates gibt es Steuersparmodelle, die Mehrkosten ausgleichen“, gibt sie zu bedenken.

Kulturwissenschaftlerin in der Denkmalpflege

Martina Weißenmayer ist Kulturwissenschaftlerin und hat nach einem zweijährigen „Ausflug“ in die Verwaltung ein Aufbaustudium für Denkmalpflege absolviert. „Im Anschluss daran habe ich mich mit einem Studienkollegen selbstständig gemacht. Wir waren zunächst im Bereich der Denkmal-Dokumentation tätig, dass heißt wir haben verformungsgetreue Aufmaße, Schadenskartierungen und bauhistorische Untersuchungen erstellt“, berichtet sie. Um nicht immer nur „für den Aktenschrank“ zu arbeiten, hat sie das Leistungsspektrum auf die Erstellung von Nutzungs- und Sanierungskonzepten erweitert. Durch den Einstieg in die Sanierungsplanung konnte sie schon mehrere Projekte realisieren.

Denkmale sind für sie Einzelstücke, absolute Unikate, die nicht nur eine oft lange, sondern meist auch wechselvolle Geschichte haben, da sie von ihren Nutzern verändert und an die Bedürfnisse angepasst wurden. „Diese Geschichte erforschen wir in unseren Bestandsdokumentationen und machen sie sichtbar. Dies ist nicht nur an sich interessant, es unterstützt auch die spätere Sanierung. Nur die genaue Kenntnis ermöglicht eine qualitätvolle Sanierung und einen respektvollen Umgang mit dem historischen Gebäude “, sagt sie.

Größtmöglicher Substanzerhalt

Ihr Anspruch ist, die Sanierung unter größtmöglichem Substanzerhalt auszuführen. Das geschehe nicht nur aus Gründen des Respekts. Dieser Umgang empfehle sich auch aus Gründen der Nachhaltigkeit. Denn: „Jede Wand, die ich nicht abbreche, verursacht keine Arbeits- und Entsorgungskosten. Jedes Bauteil, das ich nicht neu errichten muss, spart Ressourcen, Arbeitskraft und Zeit“, betont die Expertin.

Wichtig ist die zeichnerische Erfassung in Bestandsplänen. Das vor Ort per Laser-Scan gefertigte Aufmaß gibt das Gebäude in der aktuellen Situation wieder. Die Schadenskartierung erfolgt in tabellarischer Form mit Sanierungsempfehlung. Auf der Grundlage der Aufmaßpläne werden alle baugeschichtlichen Phasen vom Ursprungsbau bis zur jüngsten Modernisierung dargestellt und bauzeitlich zugeordnet. Zur Projektierung gehören ebenso das Nutzungs- und Sanierungskonzept einschließlich Kostenschätzung.

Kompromisse machen

Kompromisse spielen bei der Denkmal-Sanierung eine große Rolle. Der Brandschutz sollte bereits bei der ersten Idee zur möglichen Nutzung bedacht werden. „Es gibt Gebäude und Nutzungen, die einfach nicht zusammenpassen. Zum Beispiel ist es nicht sinnvoll, ein Fachwerkhaus mit niedrigen Holzbalkendecken zu einer Veranstaltungslocation ausbauen zu wollen. Da gibt es bereits auf den ersten Blick Probleme mit den Rettungswegen, von der Statik ganz zu schweigen“, gibt Martina Weißenmayer zu bedenken. 

Viel Zeit nimmt die Finanzierungsplanung ein, da hierzu der Bestand und die Sanierungskosten zuverlässig eingeschätzt werden müssten. „Darüber hinaus ist eine Marktanalyse erforderlich, da der Investor ja eine gewisse Rendite erwirtschaften möchte. Auch die Möglichkeiten von Zuschüssen, Fördermitteln und KfW-Krediten sind oft zeitaufwändig zu ermitteln. Und je individueller das Gebäude, desto länger dauert die Suche nach dem passenden Investor. Wir haben keine Objekte von der Stange“, erklärt sie.

Villa Wittig im beklagenswerten Zustand

Die Villa Wittig in Köthen war einst ein repräsentativer Bau im Stil des Neobarocks. Jetzt sollen dort Büros und Wohnungen entstehen
Foto: Martina Weißenmayer

Die Villa Wittig in Köthen war einst ein repräsentativer Bau im Stil des Neobarocks. Jetzt sollen dort Büros und Wohnungen entstehen
Foto: Martina Weißenmayer
Ihr derzeitiges Projekt befindet sich in der „Hauptstadt der Homöopathie“. Es handelt sich um die Villa sowie das Kutscherhaus eines Fabrikanten, der in Köthen mit der Produktion eines „Gesundheitskaffees“ zu Ansehen und beträchtlichem Wohlstand gelangte. Der Fabrikant Louis Wittig ließ im Jahr 1885 eine repräsentative Villa im Stil des Neobarocks errichten, direkt neben den Produktionsgebäuden und umgeben von einer großen Garten- und Parkanlage. Das zweigeschossige Gebäude mit Mansarddach wurde auch im Inneren prachtvoll mit hölzernen Wandbekleidungen, Deckenmalereien und Fliesen ausgestaltet und enthielt neben zwei großen Sälen in Erdgeschoss und Obergeschoss eine Weinprobierstube mit Kreuzgrat-Gewölbe und Wandmalereien im Kellergeschoss.

Nur wenige Jahre später wurden im rückwärtigen Hof ein Kutscherhaus, Stallungen und Remisen errichtet. „Die Villa ist nach jahrzehntelangem Leerstand und unterlassenem Bauunterhalt in einem beklagenswerten Zustand. Das Dach ist an mehreren Stellen undicht und das eindringende Regenwasser hat dafür gesorgt, dass etwa die Hälfte der Geschossdecken eingestürzt sind“, berichtet Martina Weißenmayer. Ein früherer Investor sei mit dem Projekt bereits vor 15 Jahren gescheitert.

„Wir retten nun was zu retten ist! Trotz allem ist es ein beeindruckendes Bauwerk und sowohl bauhistorisch als auch stadtgeschichtlich von großer Bedeutung.“ In den sanierten Räumen entstehen insgesamt circa 2000 m² Büroräume, im Dachgeschoss der Villa zusätzlich noch fünf Service-Wohnungen. Die gesamte Anlage wird nach Abschluss der Arbeiten von der benachbart ansässigen Firma Unite langfristig gemietet, die ihren Arbeits-Campus erweitern möchte.

www.bauwerksanierung.com

Autorin

Michaela Podschun ist Redakteurin der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

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