Wie Künstliche Intelligenz Handwerker unterstützt

KI-basierte Anwendungen haben etwas Abstraktes und sind für viele Betriebe Neuland. Richtig eingesetzt können ChatGPT und Jasper AI aber genau die Arbeit übernehmen, die im Büroalltag viel Zeit braucht. Mit dem BauGPT ist sogar eine Entwicklung speziell für die Baubranche gelungen.

ChatGPT ist mehr als eine reine Spielerei. Richtig angewendet lassen sich beispielsweise standardisierte Texte schnell erstellen
Foto: Markus Winkler / Pexels

ChatGPT ist mehr als eine reine Spielerei. Richtig angewendet lassen sich beispielsweise standardisierte Texte schnell erstellen
Foto: Markus Winkler / Pexels
Es ist schon irgendwie befremdlich, wie sich eine Maschine mit uns unterhält und Fragen beantwortet: KI-basierte Anwendungen wie ChatGPT haben etwas Abstraktes und werden oft nur für Spielereien genutzt. Dabei kann Künstliche Intelligenz genau die Aufgaben übernehmen, die viel Zeit kosten. Mittlerweile hat es KI auch ins Recruiting geschafft: Effizienz und Zeitersparnis sind dabei die größten Vorteile.

KI-Trainer Paolo Pappe vom Mittelstand-Digital Zentrum Hannover und Johann Peters von der Recruiting-Agentur Jehn & Peters aus Künzell zeigen auf, wie Handwerksbetriebe von KI profitieren können.  Außerdem hat Jonas Stamm, Gründer des Münchner Start-ups Crafthunt, mit dem BauGPT eine KI-Lösung für die Bauindustrie entwickelt.

Menschliche Intelligenz nachahmen

Paolo Pappe hat eine KI-Checkliste entwickelt
Foto: Michaela Podschun

Paolo Pappe hat eine KI-Checkliste entwickelt
Foto: Michaela Podschun
„Menschliche Intelligenz wird künstlich nachgeahmt. Je mehr Daten die KI bekommt, desto stärker kann sie Muster erkennen und Voraussagen treffen“, gibt Paolo Pappe eine allgemeine Definition. KI kann bei komplexen Entscheidungen behilflich sein, beispielsweise wenn teure Geräte oder Nutzfahrzeuge gekauft werden müssen und dafür Preisprognosen nötig sind. „Auch bei Bedarfsermittlung, Absatzprognosen und Vorhersage des Wartungsbedarfs liefert sie detaillierte Infos“, so Paolo Pappe.

Voraussetzung für die Nutzung von KI: Der Betrieb muss sich digitalisiert haben. Denn dann sei Künstliche Intelligenz das „Sahnehäubchen“. Wenn  die Buchhaltung, sprich Verkauf, Einkauf, Lager, Maschinen, Reparaturen und Wartungen, über ein digitales Tool laufen, können KI-basierte Anwendungen aufgrund dieser Daten Prognosen liefern. Beispiel: Gibt es für einen neu eingehenden Auftrag das geeignete Werkzeug?

Insbesondere bei der Gesundheitsvorsorge könne KI helfen. „Körperliche Arbeiten führen zu starken Belastungen, speziell der Gelenke. Branchenspezifische Bewegungsanalysen sind über Exoskelette möglich“, so Pappe. Danach erhalte der Handwerker Empfehlungen für Ausgleichsübungen.

Mit kostenlosen Accounts starten

Johann Peters rät, KI-generierte Anwendungen mit kostenlosen Accounts zu testen
Foto:  Jehn & Peters

Johann Peters rät, KI-generierte Anwendungen mit kostenlosen Accounts zu testen
Foto:  Jehn & Peters
Johann Peters rät: Probieren, testen und geduldig sein. „Es reicht am Anfang völlig aus, mit kostenlosen Accounts loszulegen. Denn ChatGPT bietet in der Basis-Variante viele Features. Wichtig ist, so genau wie möglich zu fragen. Umso detaillierter wird die Antwort sein.“ Ein Betrieb sollte mit der Erstellung von Standard-Vorlagen beginnen. Bestätigungsschreiben für eingehende Mails, Terminvereinbarungen oder Einladungen zu Mitarbeiterbesprechungen ließen sich gut mit KI generieren.  „ChatGPT ist auch prima zur Ideensammlung geeignet! Was muss die Rubrik ,Über uns‘ auf der Firmenseite beinhalten? Welche Punkte sollten in einer Stellenausschreibung auftauchen? Welche Benefits kann man angeben? Aus solchen Fragen ergeben sich erste Anregungen.“

Jasper AI ist eine weitere Lösung für die automatisierte Texterstellung. SEO-freundliche Texte ließen sich mit Templates schreiben. Wie bei ChatGPT muss zunächst ein Benutzerkonto auf der Website von Jasper eingerichtet werden. Eine kostenlose Probenutzung ist möglich.  „Mit Jasper AI gelingen Überschriften meist besser als mit ChatGPT“, meint Johann Peters. Für Bild-Ideen, zum Beispiel für die Firmenpräsentation und für Job-Anzeigen, eigne sich Canva. Das kostenlose Tool für Grafikdesign liefert Vorlagen und Fotos für verschiedenste Präsentationen. Johann Peters gibt aber zu bedenken, diese vorgefertigten Motive nicht für die eigene Firmenwebsite zu benutzen. „Da sollten immer Fotos aus dem eigenen Betrieb veröffentlicht werden. Erst dadurch hebt man sich von der Konkurrenz ab und etabliert sich als Marke!“

Wer in puncto Fachkräftesuche Unterstützung braucht, dem bietet die Agentur Jehn & Peters individuell zugeschnittene Konzepte an. Das 2019 gegründete Unternehmen hat sich auf  Handwerk und Industrie spezialisiert. Auch das Mittelstands-Digital Zentrum Hannover berät individuell.

BauGPT für die Bauindustrie entwickelt

Jonas Stamm (links) und Patrick Christ haben Crafthunt 2022 gegründet
Foto: Crafthunt

Jonas Stamm (links) und Patrick Christ haben Crafthunt 2022 gegründet
Foto: Crafthunt
Eine Branchenlösung für die Bauindustrie auf Basis von ChatGPT hat Jonas Stamm mit BauGPT entwickelt. „Für ein privates Bauvorhaben meines Vaters habe ich Informationen in der Landesbauverordnung gesucht. Aus dem ‚ich schau kurz mal nach‘ wurde dann ein viel längeres Projekt, als ich gedacht hatte. Die Verordnung ist umständlich geschrieben und wirklich sehr, sehr lang.“ Jonas Stamm ist Technikprofi und Unternehmer. So erkannte er nicht nur das Problem, sondern hat sich auf die Suche nach einer praktikablen Lösung gemacht.

Jonas Stamm sprach über Monate hinweg mit mehr als 50 Bauleitern, Technikern und Studierenden. Gemeinsam mit den Fachleuten fand er so heraus, welche Sachverhalte schwer zu lernen sind, welche Normen immer wieder nachgeschlagen werden müssen und wofür Menschen vom Bau sich schlichtweg Hilfe wünschen.

Danach recherchierte er Landesverordnungen, Ersatzbaustoffverordnungen, Vertragsrecht, Normen für nachhaltiges Bauen, Arbeitsrecht, Abfallverordnungen, Verordnungen über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen und Rechtsprechungen zu unterschiedlichen Fällen.

Bauvorschriften, Baustoffe, Baunormen

Schnelle Infos: Fragen können direkt auf der Website von Crafthunt eingegeben werden. Der BauGPT antwortet sehr zügig
Foto: Crafthunt

Schnelle Infos: Fragen können direkt auf der Website von Crafthunt eingegeben werden. Der BauGPT antwortet sehr zügig
Foto: Crafthunt
Mit all diesen Informationen wurde dann BauGPT gefüttert. „Dabei war das Verrückteste, dass es manchmal gar nichts Digitales gab. Wir haben Verordnungen postalisch angefordert und dann zugeschickt bekommen. Die mussten wir dann erstmal digitalisieren, bevor wir es BauGPT geben konnten“, erinnert sich der 31-jährige. Das zeige auch, dass Google an dieser Stelle keine Alternative zu BauGPT sei. Über die Website Crafthunt können sich Nutzer kostenlos anmelden.   

Mittlerweile deckt BauGPT folgende Themengebiete ab:

1. Bauvorschriften und -gesetze: Informationen zu den relevanten Bauvorschriften und -gesetzen in Deutschland, einschließlich der Landesbauordnung, Energieeinsparverordnung, Baunutzungsverordnung und mehr

2. Bauphysik: Themen wie Schall- und Wärmeschutz, Feuchtigkeit und Kondensation, thermische Behaglichkeit und mehr

3. Bautechnische Standards: Informationen zu den technischen Standards und Vorschriften für verschiedene Aspekte des Bauwesens, einschließlich der DIN-Normen, VOB, HOAI und mehr

4. Bauplanung und -management: Informationen zur Planung und Verwaltung von Bauprojekten, einschließlich des Projektmanagements, der Kostenplanung, der Terminplanung und mehr

5. Baustoffe und -techniken: Informationen zu Baustoffen und Bauverfahren, einschließlich traditioneller und moderner Techniken, nachhaltige Bauweisen.

„Ich hoffe sehr, dass alle Nutzerinnen und Nutzer so mehr Zeit für die wirklich wichtigen Themen haben, wie beispielsweise den persönlichen Austausch mit Auftraggebern und Mitarbeitern. Das kann so schnell keine KI ersetzen“, ist sich Jonas Stamm sicher. „Und wenn noch etwas fehlt und BauGPT mal ratlos ist, freue ich mich über eine kurze Nachricht. Denn das ist sowohl das Gute an der KI als auch am Menschen: Wir sind beide lernfähig.“

Autorin

Michaela Podschun ist Redakteurin der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

Checkliste für den KI-Start

KI-Trainer Paolo Pappe hat eine Checkliste parat, die jeder Firma erste Denkanstöße gibt:

Starte mit klarem Ziel: Definiere genau, welche Probleme du mit KI in Produktion und Logistik lösen
möchtest. Ein klarer Fokus hilft dabei, die richtigen Schritte zu planen.

Schaffe Verständnis: Nimm dir Zeit, um die Grundlagen von KI zu verstehen. Du musst kein Experte sein, aber ein grundlegendes Verständnis wird dir helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Daten sind entscheidend: Sammle und organisiere deine Daten. KI-Modelle benötigen qualitativ hochwertige Daten, um effektiv zu arbeiten.

Starte mit kleinen Projekten: Beginne mit einem kleinen Projekt, das einen klaren Mehrwert bietet.
Ein schrittweiser Ansatz hilft, überfordernde Komplexität zu vermeiden.

Kollaboration ist wichtig: Arbeite mit KI-Experten oder Beratern zusammen, um sicherzustellen, dass du auf dem richtigen Weg bist. Externe Hilfe kann wertvolles Wissen liefern.

Evaluierung von Lösungen: Teste verschiedene KI-Lösungen, um herauszufinden, welche am besten zu
deinen Bedürfnissen passen. Es gibt oft mehrere Ansätze für dasselbe Problem.

Ethik und Datenschutz: Achte darauf, ethische und datenschutzrechtliche Aspekte bei der Nutzung von KI zu berücksichtigen. Schütze die Privatsphäre deiner Kunden und Mitarbeiter.

Messbare Ergebnisse: Setze klare Kennzahlen, um den Erfolg deiner KI-Projekte zu messen.
Dies ermöglicht es, den Mehrwert zu erkennen und die Investition zu rechtfertigen.

Erfolgsgeschichten studieren: Schaue dir Beispiele von kleinen Unternehmen an, die KI erfolgreich in
Produktion und Logistik integriert haben. Daraus lassen sich wertvolle Erkenntnisse ziehen.

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