Klinkerriemchen von Vandersanden als verbindendes Element in der Berliner „Parkstadt Karlshorst“
18.04.2024
Erst Industriebrache, heute begehrtes Wohnquartier: Die „Parkstadt Karlshorst“ im Berliner Bezirk Lichtenberg gilt als gelungenes Beispiel für zeitgemäßen Städtebau
Foto: Bonava
Erst Industriebrache, heute begehrtes Wohnquartier: Die „Parkstadt Karlshorst“ im Berliner Bezirk Lichtenberg gilt als gelungenes Beispiel für zeitgemäßen Städtebau. Mit der Rückbesinnung auf die Tradition des Reformwohnungsbaus setzt die architektonische Gestaltung auf ein Höchstmaß an Lebensqualität, nicht zuletzt indem die für den Standort typische Ziegeloptik beibehalten wird. Das geeignete Fassadenmaterial lieferte Vandersanden mit einer besonderen Mischung aus Riemchen der Sorten „Alt Krakow“ und „Alt Tessin“. Die Masterplanung übernahm das Berliner Büro Klaus Theo Brenner – Stadtarchitektur.
Nur einen sprichwörtlichen Katzensprung vom Ufer der Spree und vier Kilometer Luftlinie von der City entfernt, entwickelte sich Lichtenberg während der vergangenen 20 Jahre zu einem der Schwergewichte im Berliner Wohnungsbau. Wo einst sowjetische Militäreinheiten stationiert oder Volkseigene Betriebe der DDR angesiedelt waren, standen nun weiträumige Flächen für die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum zur Verfügung. Den Anfang machte das Großprojekt „Rummelsburger Bucht“, das als städtebauliches Entwicklungsgebiet schrittweise erschlossen wurde und mit attraktiven Neubauten vor allem bei jungen Familien nach wie vor beliebt ist.
Im benachbarten Ortsteil Karlshorst galt das Interesse der städtischen Planer vor allem einer Industriebrache mit leerstehenden und kaum noch nutzbaren Altbauten eines Furnierwerkes und des einstigen „VEB Maschinenbauhandel“. Die Masterplanung für die anschließende Verwendung der beiden Flächen übernahm das Berliner Büro Klaus Theo Brenner – Stadtarchitektur.
Historisch geprägte Ziegeloptik
„Ziegelfassaden haben in der Historie von Lichtenberg schon immer ein prägendes Element dargestellt“, erklärt Klaus Theo Brenner. „Damit war nicht nur für den Denkmalschutz, sondern auch für uns als Planer klar, dass wir dieses Baumaterial auch für die Realisierung der neuen Siedlungsprojekte verwenden müssen.“ Nachdem die von Brenner konzipierten Neubauten im Bereich Rummelsburger Bucht im Jahr 2012 fertiggestellt waren, sah die Planung für das zwölf Hektar große Areal der Parkstadt Karlshorst die Errichtung von insgesamt rund 1.000 Wohneinheiten in fünfgeschossiger Bauweise vor, aufgeteilt in eine Reihe zusammenhängender Wohnanlagen und ergänzt um einzelnstehende Mehrfamilienhäuser. Zu den jeweiligen Straßenseiten hin sollte das Fassadenbild der Neubauten einen gleichermaßen soliden wie auch lebendigen Eindruck vermitteln, während die Innenhöfe der Wohnanlagen möglichst hell und luftig wirken sollten.
Die rot-braun-violett-anthrazit nuancierten Strangpress-Klinkerriemchen „Alt Krakow“ von Vandersanden
Foto: Bonava
Die Lösung fanden Architekt Brenner und sein Team in einem Mix aus Ziegeln in zwei unterschiedlichen Farben für die Außenseiten der Gebäude einerseits und Putz in insgesamt vier hellen Farbtönen für die Gestaltung der Innenhöfe sowie als auflockerndes Element in Teilen der Außenfassaden andererseits. „Bei aller Individualisierung der einzelnen Gebäudeteile wird über das Material Ziegel eine gemeinsame Identität hergestellt“, so Brenner, „und zugleich knüpfen wir damit nahtlos an die traditionelle Backsteinkultur des Standortes an.“
Riemchen, die aussehen wie Ringofenklinker
„Am liebsten wären uns als Architekten natürlich Fassaden aus klassischen Klinkern gewesen, was aber allein schon aus wirtschaftlichen Gründen und angesichts der Mauerkonstruktion mit einem Wärmedämmverbundsystem nicht realisierbar war“, sagt Stadtarchitekt Brenner. Als Alternative kamen damit nur Riemchen infrage, die sowohl von der Farbgebung als auch von der Oberfläche her aber möglichst präzise dem Charakter der ursprünglich am Standort verwendeten Ziegel entsprechen sollten.
Für die Fassaden der früheren Industriebauten in Karlshorst wurden dunkel-rot-braune Ringofenklinker verwendet, eine Entsprechung in Form von Riemchen ist als Standardprodukt jedoch am Markt praktisch nicht verfügbar. Um darüber hinaus die Einheitlichkeit der Farbgebung über alle Bauabschnitte und Gebäudeteile hinweg sicherzustellen, konnte die Lieferung für die Verkleidung von insgesamt rund 15.000 m2 Fassadenfläche schwerlich auf mehrere Hersteller aufgeteilt werden.
Alternative auf Basis von Standard-Klinkern
Tatsächlich fiel die Wahl im Bemusterungsprozess auf Riemchen, die als Standardprodukt im Angebot von Vandersanden gar nicht vorhanden sind. „Die Vorgabe von Ringofenklinkern als Referenzmaterial schränkte die Auswahl schnell und sehr stark ein“, so Tobias Heim. Theoretisch wäre es zwar möglich gewesen, farblich perfekt passende Verblender in einem Ringofen ganz neu herzustellen und durch Absägen der Sichtseiten daraus die benötigten Riemchen zu gewinnen. Aber, restringiert Heim: „Die damit verbundenen Kosten wären angesichts der aufwändigen Produktionsmethode und mit Blick auf die große Materialmenge absolut unrealistisch.“ Stattdessen entwickelte Vandersanden eine praktikable Alternative auf der Basis von Klinkern aus dem Standardprogramm, die normalerweise aber nicht als Riemchen geliefert werden.
Die dunkelbraun-blau-anthrazit nuancierten Strangpress-Klinkerriemchen „Alt Tessin“ von Vandersanden
Foto: Bonava
„Unser Vorschlag bestand darin, zwei Sorten der optisch am besten passenden Verblender so zu mischen, dass abwechselnd jeweils die zu Riemchen verarbeiteten Vorder- und Rückseiten der Steine zum Einsatz kommen“, erklärt Vandersanden-Fachberater Heim. Als Ausgangsprodukte wurden letztlich die im Strangpressverfahren hergestellten Verblender „Alt Krakow“ und „Alt Tessin“ ausgewählt, die im Ringofen produziert werden und optisch von Ringofenklinkern kaum zu unterscheiden sind. Damit nicht genug, sollten die Riemchen für die Fassadenverkleidung in der Parkstadt Karlshorst im Format DF 240 x 115 x 52 Millimetern geliefert werden – „Alt Krakow“ und „Alt Tessin“ werden standardmäßig aber nur in anderen Formaten hergestellt.
Und last but not least erforderte der von den Architekten entwickelte Fassadenentwurf neben der Verwendung von Riemchen mit einer Standarddicke von 20 mm auch noch die Herstellung 25 mm dicker Riemchen, die entlang der Wände den Eindruck vor- und zurückspringender Ecken und Kanten erzeugen sollten. „Alles in allem haben wir für das Projekt Parkstadt Karlshorst praktisch völlig neue Produkte entwickelt“, fasst Heim zusammen.