Klinkerriemchen erleben bei der Fassadengestaltung ein Comeback

Fassaden mit Klinkerriemchen stehen in der Optik Backsteinmauern in nichts nach. Neben den nahezu endlosen Gestaltungsmöglichkeiten bringen moderne Klinkerriemchen auch einige technische Vorteile mit sich. Im Feuer gebrannt sind sie extrem widerstandsfähig.

Der jahrtausendealte Baustoff „gebrannter Ton“ erlebt derzeit ein Comeback als ausdrucksstarkes Gestaltungselement an der Fassade. Traditionell im Norden beheimatet, erobern Klinkerriemchen zunehmend auch die Fassaden anderer Regionen. Wie es zu diesem Trend kommt, ist leicht erklärt: Klinkerriemchen – auch Verblender genannt – bestechen durch ihre natürliche Mineralität, ihre handwerkliche Ausstrahlung und eine große Gestaltungsvielfalt. Zudem können sie sowohl im Neubau als auch bei der energetischen Sanierung von Gebäuden auf WDV-Systemen eingesetzt werden. Im Feuer gebrannt, werden Riemchen besonders widerstandsfähig. Sie tragen somit zu einem Werterhalt von Gebäuden bei und verleihen diesen eine individuelle Optik.

Form und Farbe

Seit einigen Jahren wächst das Interesse an einer Gestaltung mit Klinkern. Dabei greifen Bauherren nicht nur auf das Original zurück, auch Riemchen als moderne Interpretation werden immer beliebter. Oft werden Putzfassaden mit Klinkerflächen kombiniert: Durch den Kontrast mit einem strengen geometrischen Fugenraster wird die natürliche Wirkung mineralischer Putzstrukturen zusätzlich erhöht. Entsprechend der Nachfrage hat sich auch das Angebot an Klinkerriemchen entwickelt. Die Form ist in den meisten Fällen rechteckig, wobei die Maße variieren: So wirkt zum Beispiel ein Dünnformat (240 x 52 mm) besonders schlank und breit. Ein Normalformat (240 x 71 mm) orientiert sich an den Maßen eines Backsteins und das so genannte Reichsformat (240 x 65 mm) bedient das Mittelfeld. Sonderformate, wie Dreiecke, sind zwar eher eine Seltenheit, sorgen dafür aber optisch für einen Blickfang.

Viele Klinker-Varianten sind in Form, Farbe und vor allem Oberflächenbeschaffenheit stark an klassische Backsteine angelehnt, so dass ein Unterschied an der Fassade selbst einem geschulten Auge nicht auffallen dürfte. Dabei haben Klinkerriemchen nicht nur das Material gebrannter  Ton mit Backsteinen gemeinsam. Früher wurden die Riemchen aus einem vollen Stein geschnitten, heutzutage wird der Ton direkt zu einem Riemchen verarbeitet. Der Vorteil, der sich eröffnet: Nicht nur das Format, sondern auch Farbe und Oberflächenstruktur der Klinker können individuell eingestellt werden.

Textur und Flächenbild

Inzwischen bieten einige Hersteller, wie zum Beispiel Saint-Gobain Weber eigene Klinker-Kollektionen in ihrem Produktportfolio an. Naturnahe Farbtöne, wie Grau, Braun, Ziegelrot und Ocker, aber auch kräftige Farben, wie Blau und Gelb bieten eine breite Auswahl. Dabei sind die meisten Kollektionen nicht streng einfarbig, vielmehr changieren die Farben einzelner Klinkerriemchen und lockern so das streng geometrische Flächenbild auf. Glatt oder leicht bis stark strukturiert – auch die Oberfläche trägt zur Wirkung in der Fläche bei. Besonders glatt und glänzend sind beispielsweise glasierte Riemchen, die an Londoner U-Bahnstationen erinnern. Andere wiederum wirken durch ihre raue, matte Oberfläche besonders rustikal.

Nicht nur Format und Oberflächenbild ist entscheidend für die Wirkung der Klinkerriemchen in der Fläche. Auch die verschiedenen gängigen Arten des Mauerverbands haben Einfluss darauf, ob die Klinker-
fassade eine ruhige oder lebhafte Ausstrahlung hat. Für die „Köpfe“ in den Verbänden, deren Name sich aus den Stirnseiten von Backsteinen ableitet, können die Klinker-Riemchen passgenau mit einem dafür geeigneten Werkzeug zugeschnitten werden. Werden Läufer (ganze Riemchen) und Köpfe in den Reihen abgewechselt, spricht man von einem Blockverband. Bei einem Läuferverband werden die Reihen jeweils um einen halben Läufer versetzt angebracht. Neben den verschiedenen Mauerverbänden eröffnen Klinker-Riemchen die Möglichkeit, unzählige weitere Muster zu realisieren, wie zum Beispiel Mosaike oder Ornamente. Für die Ausführung dieser Gestaltungen sollte ein Verlegeplan vorliegen.

Bauliche Voraussetzungen

Unabhängig davon, wie schlicht oder aufwändig die geplante Gestaltung ist, erfordert die technische Ausführung die Einhaltung einiger wichtiger Grundlagen. So muss zum Beispiel bei Sanierungsarbeiten sichergestellt sein, dass der Untergrund tragfähig und ausreichend eben und trocken ist. Um die Gewährleistung zu garantieren, ist es wichtig, stets nur die für das jeweilige System zugelassenen Produkte zu verwenden. Von Klebe- und Armierungsmörtel über Dübel und Kleber bis hin zu den Klinkerriemchen müssen alle Bestandteile eines WDV-Systems genau aufeinander abgestimmt, geprüft und bauaufsichtlich zugelassen sein. Angesichts steigender Energiepreise und eines zu-nehmenden Klimabewusstseins gehört heute ein zeitgemäßer Wärmeschutz sowohl im Neubau als auch bei Sanierungen zum Standard. Mithilfe moderner WDV-Systeme lässt sich schnell und einfach eine wärmebrückenfreie Fassadendämmung erzielen. Je nach Gebäudetyp und Brandschutzanforderung kommen ver-
schiedene Dämmstoffe zum Einsatz. Für die Anbringung von Klinkerriemchen als Oberflächenfinish sollte ein Mineralwollsystem gewählt werden, da dieses die Anforderungen für Klinkerriemchen und andere keramische Beläge einfacher erfüllt.

Zweischaliger Aufbau

Das WDVS wird nach Vorgabe des Herstellers an der Außenmauer angebracht und mit einer Armierungsschicht versehen. Um eine optimale Standsicherheit zu gewährleisten, müssen die Dämmplatten im Mauerwerk verdübelt werden. Bei WDV-Systemen mit keramischen Belägen erfolgt die Verdübelung generell durch das Armierungsgewebe. Hierbei werden die Dübel sofort nach dem Einbetten des Armierungsgewebes gesetzt und direkt mit Armierungsmörtel überzogen.

Sobald die Armierungsschicht ausgehärtet ist, kann mit der Oberflächengestaltung begonnen werden. Für die Befestigung der Klinkerriemchen kommt ein Klebemörtel mit extrem hoher Klebekraft und Elastizität zum Einsatz, der ebenfalls als Bestandteil des WDV-Systems zugelassen sein muss. Zur Verklebung der Riemchen wird das Kombinierte-Verfahren („Buttering and Floating“) nach DIN 18 156-1 angewendet. Dabei wird der Klebemörtel auf die Armierungsschicht und auf die Rückseite der keramischen Bekleidung aufgetragen. Ins Mörtelbett gedrückt, lässt sich das Riemchen noch im Raster ausrichten.

Nach ausreichender Standzeit kann mit dem Verfugen begonnen werden. Die Wahl des Fugenmörtels trägt als zusätzlicher Gestaltungsfaktor zum Gesamtbild der Fassade bei. So kann neben einer kontrastarmen oder -reichen Farbe auch die Struktur der Körnung oder die Tiefe der Fuge die Fläche beeinflussen: Ist die Fuge tief, rücken die Klinker in den Vordergrund, ist die Fuge bündig mit den Klinkern, wirkt die Fläche ruhiger.

Fazit

Der aktuelle Stand der Technik ermöglicht verschiedenste Gestaltungen von Fassaden. Die Bekleidung von WDV-Systemen mit Klinkerriemchen oder Kombinationsfassaden ist problemlos möglich. Das WDVSystem bietet  einen durchgängigen Wärmeschutz und verhindert  Wärmebrücken.

Autor

Dipl.-Ing. Georg J. Kolbe ist Leiter des Produktmarketings Putz- und Fassadensysteme bei der Saint-Gobain Weber GmbH in Düsseldorf.

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