Betonschäden händisch beseitigen
Oberflächennahe Schäden entstehen meist durch eine ungenügende Betondeckung der Bewehrung. Stahlkorrosion, Aufwölbungen und Abplatzungen sind die Folgen. Eine händische Instandsetzung mit kunststoffmodifiziertem Zementmörtel und Reaktionsharzmörtel ist möglich.
Eigentümer von Bauwerken sind zu deren Instandhaltung verpflichtet; vor allem, um die Sicherheit nicht zu gefährden. Für Instandsetzungs- und Schutzmaßnahmen ist ein sachkundiger Planer einzuschalten, der über die erforderlichen besonderen Kenntnisse auf diesem Arbeitsgebiet verfügt. Dieser muss auch beurteilen, ob die vorhandenen Mängel eine Beeinträchtigung der Standsicherheit darstellen oder in absehbarer Zeit dazu führen können.
Oberflächennaher Korrosionsschaden: Der Haftmagnet zeigt ≤ 8 mm Betondeckung der Bewehrung
Foto: Manfred Schröder
Falls der Planer hierzu nicht über ausreichende Kenntnisse verfügt, muss er einen Tragwerksplaner hinzuziehen. Einzelne oberflächennahe Schäden an Betonbauteilen stellen häufig noch keine akute Gefährdung der Standsicherheit dar, können aber bei fortschreitender Schädigung zur Gefahr werden, so dass es ratsam ist, diese durch eine Instandsetzung rechtzeitig zu beheben. Das ist auch deshalb vorteilhaft, weil der Aufwand in der frühen Phase der Schadensenwicklung verhältnismäßig gering ist.
Im Gegensatz zu größeren und tiefergreifenden Schäden, die oft maschinell behoben werden durch Spritzen auf senkrechten Flächen, über Kopf oder durch Rüttelabziehbohlen oder Flügel- und Scheibenglätttern auf Bodenflächen, werden einzelne oberflächennahe Schäden im Regelfall händisch instand gesetzt.
Schadensursachen
Die häufigste Ursache für oberflächennahe Schäden am Stahlbeton ist, vor allem im Hochbau, ungenügende Betondeckung der Bewehrung, so dass es infolge Carbonatisierung des Betons zum Rosten des Stahls kommt. Die durch die Rostbildung bewirkte Volumenvergrößerung des Stahls führt zu Rissen, Aufwölbungen und Abplatzungen der Betondeckung. Bei normengerechter Betondeckung ist mit Schäden infolge Carbonatisierung nicht zu rechnen.
Weiterhin können oberflächennahe Schäden durch mechanische Einwirkungen entstehen, zum Beispiel durch Fahrzeuge. Schäden infolge von Chlorideinwirkung, hervogerufen durch Streusalze an Brücken und Parkbauten, sind meist tiefgreifender und werden deshalb hier nicht behandelt.
Regelwerke
Maßgeblich für dieses Arbeitsgebiet ist in erster Linie die Technische Regel „Instandhaltung von Betonbauwerken“ (TR Instandhaltung) des Deutschen Instituts für Bautechnik und ergänzend hierzu die Richtlinie „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ (Instandsetzungs-Richtlinie) des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton.
Da es derzeit zwei amtliche Regelwerke gibt, die hier zu beachten sind, brachte der Deutsche Ausschuss für Stahlbeton mit Heft 638 die Sonderausgabe „Anwendungshilfe zur Technischen Regel des DIBt (TR IH) in Verbindung mit der DAfStb-Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (RL SIB)“ heraus.
Weil es sich bei oberflächennahen Schäden oft nicht um standsicherheitsrelevante Mängel handelt, sind die o. g. Regelwerke nicht zwingend maßgebend, da sie nur für Bauteile vorgeschrieben sind, deren Standsicherheit gefährdet beziehungsweise deren Gefährdung zu erwarten ist. Wenn dem Vertrag für die Instandsetzungsmaßnahme die VOB zugrunde liegt, ist die Allgemeine Technische Vertragsbedingung DIN 18 349 „Betonerhaltungsarbeiten“ im Teil C zu beachten.
Untergrundvorbereitung
Freistemmen der Bewehrung mit dem Bohrhammer
Foto: Manfred Schröder
Nach dem Einrüsten der Baustelle mit entsprechenden Schutzmaßnahmen für die Umwelt müssen die Schadstellen zunächst vorbereitet werden. Korrodierte Bewehrung wird durch Stemmen freigelegt, und zwar rundherum, wenn sie um mehr als die Hälfte des Umfangs Rostbildung aufweist. Das kann manuell mit Hammer und Meißel, aber auch mit elektrisch oder pneumatisch betriebenen Stemmwerkzeugen geschehen. Dabei sind die Ausbruchufer etwa 45 Grad schräg herzustellen.
Danach sind die Oberflächen von Stahl und Beton zu strahlen, um sie zu säubern, minderfeste Schichten abzutragen und aufzurauen. Der Stahl muss danach einen Oberflächenreinheitsgrad von mindestens Sa 2 aufweisen. Die Oberflächenzugfestigkeit des Betons muss im Mittel min. 1,5 N/mm² betragen, indem kein Einzelwert unter 1,0 N/mm² liegen darf. Die Rauheit soll mindestens der Rautiefenklasse RT 1,0 entsprechen. Lunker und Poren der später ganzflächig zu egalisierenden Betonfläche sind zu öffnen.
Feucht-oder Nebenstrahlen
Feuchtstrahlen der Fassade mit festem Strahlmittel
Foto: Manfred Schröder
Hierfür werden überwiegend Feucht- oder Nebelstrahlen unter Verwendung fester Strahlmittel wie Schlacke eingesetzt. Wenige einzelne Schadstellen können auch mit einer leichten Nadelpistole und Stahlbürsten vorbereitet werden, wobei die Anforderungen an den Oberflächenvorbereitungsgrad damit allerdings nur bedingt zu erfüllen sind.
Soll eine Korrosionsschutzbeschichtung auf die Bewehrung aufgebracht werden, sind nach bisheriger Regel höhere Anforderungen an den Oberflächenvorbereitungsgrad zu stellen. Da die neue Technische Regel aber Beschichtungen der Bewehrung nur noch in Ausnahmefällen vorsieht, ist hierzu nichts ausgesagt. Es wird aber empfohlen, den Stahl für diesen Fall auf mindestens Sa 2 ½ zu entrosten, wie in den ZTV-ING für den Brücken- und Ingenieurbau nach wie vor gefordert wird.
Reprofilierung
Reprofilieren flacher Schadstellen mit RM faserverstärkt
Foto: Manfred Schröder
Da es im Hochbau häufig nicht möglich ist, eine Erhöhung der Betondeckung vorzunehmen und somit nach Wiederherstellung des ursprünglichen Profils der Bauteile meist weiterhin ungenügende Betondeckung vorliegt, ist anzuraten, freiliegende Bewehrung mit einer mineralischen Korrosionsschutzbeschichtung in zwei Lagen zu versehen. Nach ausreichender Erhärtung ist eine Haftbrücke auf die mattfeuchte Betonoberfläche sowie die Bewehrung aufzubringen und den kunststoffmodifizierten Zementmörtel (RM) frisch in frisch mit Kelle oder Traufel einzubauen und zu verdichten.
In Ausnahmefällen kann auch Reaktionsharzmörtel (PRM) auf Epoxidharzbasis verwendet werden, zum Beispiel aus Zeitgründen oder wenn nur dünne Schichten aufzubringen sind. PRM hat außerdem den Vorteil, dass außer dem Schutz vor Regen oder vorzeitiger mechanischer Belastung keine Nachbehandlung zum Schutz gegen Austrocknung wie bei ze-mentgebundenen Stoffen nötig. Eine mechanische Belastung bei Normaltemperatur ist nach nur einem Tag möglich.
Die TR führt zwar aus, dass PRM bei freiliegender Bewehrung nicht zulässig ist. In diesem Fall wäre eine Korrosionsschutzbeschichtung der Bewehrung auf Reaktionsharzbasis, die in der TR nicht vorgesehen ist, zweilagig aufzutragen und die zweite Lage mit Quarzsand abzustreuen. Derartige Reparaturen werden seit Jahrzehnten erfolgreich durchgeführt. Für kleine Schadstellen können bindemittelreiche Mörtel, die keine Haftbrücke benötigen, eingesetzt werden. Die Oberfläche wird abschließend mit feinem Quarzsand abgestreut zur besseren Haftung der nachfolgenden Spachtelung oder Schlämme.
Egalisierung
Spachteln zum Egalisieren der Beton-oberfläche
Foto: Manfred Schröder
An reprofilierten Bauteilen, insbesondere an Fassaden, wird in der Regel abschließend eine Beschichtung zum Oberflächenschutz (OS) aufgebracht. Hierfür sind die reparierten Flächen, die ja einen Flickenteppich darstellen, zuvor zu egalisieren. Überwiegend geschieht das durch eine Spachtelung mit kunststoffmodifiziertem Zement-Feinmörtel in 1 bis 5 mm Dicke. Bei strukturierten Oberflächen, beispielsweise infolge Brettschalung, werden auch Schlämmen auf gleicher Basis mit der Bürste 1 bis 3 mm dick aufgetragen. Das Aufbringen durch Sprühen mit einer Putzmaschine wird ebenso praktiziert.
Durch diese Maßnahmen werden Lunker und Poren im verbliebenen Altbeton geschlossen, die Übergänge zu den Reparaturstellen ausgeglichen und ein gleichmäßig saugender, fester Untergrund für die abschließende Beschichtung geschaffen.
Vor- und Nachbehandlung
Nach der Untergrundvorbereitung durch ein Strahlverfahren muss der Beton vorgenässt werden, bevor eine Haftbrücke oder Spachtelung/Schlämme aufgetragen wird, beginnend am Tag zuvor und soweit trocknen zu lassen, bis eine mattfeuchte Oberfläche vorliegt. Den aufgebrachten Produkten an der Grenzfläche zum Untergrund wird kein Wasser entzogen und dadurch der Wasser-Zementwert verändert. Keinesfalls darf die Betonoberfläche jedoch zum Zeitpunkt des Aufbringens nass glänzen oder sogar Wassertropfen aufweisen, was einen Trennfilm darstellen würde.
Nach dem Aufbringen und der Bearbeitung der Mörtel, Spachtelungen und Schlämmen ist eine Nachbehandlung der Oberflächen erforderlich, um ein vorzeitiges Trocknen und Verdursten der zementgebundenen Stoffe zu unterbinden. Das kann durch Abdecken, Feuchthalten oder Nachbehandlungsmittel (Verträglichkeit mit OS prüfen) erfolgen. Hierdurch wird eine ungestörte Hydratation ermöglicht sowie das Bilden von Schwindrissen und eine Reduzierung der Festigkeit verhindert. Diese Maßnahme ist besonders wichtig bei großflächigen und dünnschichtigen Lagen. Bewährt haben sich hierfür Nebeldüsen, mit denen die Oberflächen befeuchtet werden können, ohne unnötig viel Wasser zu verbrauchen.
Die Nachbehandlung sollte über mindestens fünf Tage erfolgen, soweit der Produkthersteller keine hiervon abweichenden Angaben macht. Besonders wichtig ist ein rechtzeitiger Beginn, da nicht mehr nachgeholt werden kann, was anfänglich versäumt wurde.
Fazit
Schäden an Stahlbetonfassaden sind überwiegend eine Folge ungenügender Betondeckung der Bewehrung, so dass es durch Carbonatisierung zur Stahlkorrosion, Aufwölbungen und Abplatzungen kommt. Derartige oberflächennahe Schadstellen können mit kunststoffmodifiziertem Zement- (RM) oder auch Reaktionsharzmörtel (PRM) im Handeinbau instandgesetzt werden. Abschließend wird eine Beschichtung aufgebracht, um eine erneute Schadensbildung zu verhindern. Hierüber berichten wir in einer der nächsten Ausgaben.
AutorDipl.-Ing. Manfred Schröder ist freier Architekt, Sachverständiger und Fachdozent für Betoninstandhaltung. Er lebt und arbeitet in Gaiberg bei Heidelberg.
Literatur
Schröder M. und zehn Mitautoren: Instandhaltung von Stahlbeton
Anleitung zur sachkundigen Planung und Ausführung
Expert Verlag Tübingen, 8., überarbeitete und erweiterte Auflage 2022