Rekonstruktion der Gewölbedecke über der Frauenschwimmhalle im Stadtbad Leipzig
Die ursprünglich in Beton gegossene Gewölbedecke der Frauenschwimmhalle im Leipziger Stadtbad war nicht mehr zu retten. Ihre historische Form baute die AMV Holzhausen in Trockenbauweise nach – klar, dass dies nur mit feuchteresistenten Materialien möglich war.
Der Jugendstil prägt an vielen Orten das Leipziger Stadtbild. Zu den herausragenden Beispielen zählt das „Alte Stadtbad“ in der Nähe des Leipziger Zoos. 1916 wurde es nach dreijähriger Bauzeit eröffnet und entsprach damals dem neuesten Stand der Technik. Seine beiden separaten Schwimmhallen boten den Besuchern und Besucherinnen besondere Attraktionen: Für die Herren stand in der Männerschwimmhalle eine Wellenanlage bereit, während für die Damen eine Sauna im maurischen Stil errichtet wurde. Ihre opulente Ausstattung umfasst filigrane, glänzende Muster und kunstvolle Mosaike an den Wänden, prachtvolle Hufeisenbögen mit goldenen Säulenkapitellen, sowie einen ornamental gestalteten Brunnen.
Engagement für den Erhalt
Mit den Jahrzehnten alterte die Bausubstanz und selbst umfangreiche Sanierungsarbeiten in den 1980er-Jahren konnten nicht verhindern, dass der Badebetrieb im Sommer 2004 wegen des schlechten baulichen Zustands endgültig eingestellt werden musste. Um den Abriss des Jugendstilbades zu verhindern, schloss sich eine Gruppe Leipziger Bürger zusammen, mobilisierte die Bevölkerung, sammelte Spendengelder und gründete schließlich die Förderstiftung Altes Stadtbad. Ihr Anliegen ist es, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude wieder mit Leben zu erfüllen.
Zu den wichtigsten Akteuren des erfolgreichen Sanierungsprojekts zählte das Leipziger Architekturbüro Fuchshuber: Die Architekten entwickelten das Nutzungskonzept, das für die Beantragung der Fördermittel des Bundes nötig war, und planten die anschließende energetische Sanierung des Daches. Bei der Dachsanierung wurden der im Zweiten Weltkrieg zerstörte Hauptturm wiederhergestellt und die Gewölbedecken über den ehemaligen Schwimmbädern rekonstruiert. In der früheren Männerschwimmhalle im rechten Trakt des Ensembles finden heute Veranstaltungen statt. Die Frauenschwimmhalle im linken Flügel soll künftig wieder ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt und zum Baden genutzt werden.
Rekonstruktion der Gewölbedecke
Eine besondere Herausforderung bei diesem aufwändigen Bauvorhaben stellte die Rekonstruktion der alten Gewölbedecke der Frauenschwimmhalle und der dazugehörigen Sauna dar: Die ursprüngliche Kons-truktion, eine in Beton gegossene doppelte Gewölbeschale, war durch die Chlorid-Belastung so stark geschädigt, dass sie einsturzgefährdet war. So entschieden sich die Verantwortlichen dafür, unter dem sanierten Dach eine neue Unterdecke in Trockenbauweise auszuführen. Sie sollte die ursprüngliche Wirkung des Tonnengewölbes in Geometrie und Farbwirkung nachbilden und gleichzeitig die hohen Anforderungen des Badebetriebs erfüllen. Deshalb kamen nur solche Materialien in Frage, die einen Schutz vor Korrosion aufweisen und dauerhaft resistent gegenüber Feuchtigkeit und Schimmelbefall sind.
Sicherer Feuchteschutz mit Spezialplatten
Hervorragend geeignet für die Beplankung des Gewölbes ist die glasvliesummantelte Spezialplatte „LaHydro“ von Siniat. Sie überzeugt durch ihre extrem hohe Unempfindlichkeit gegenüber Feuchte und Nässe und ihre äußerst geringe Wasseraufnahme von weniger als drei Prozent. Außerdem weist sie eine sehr hohe Beständigkeit gegenüber Schimmelbildung auf – eine Eigenschaft, die beim Einsatz in Schwimmbädern unabdingbar ist. Zudem erforderte die Anpassung an die Gewölbeform eine Biegung der Platte (Biegeradius von knapp 4,5 m). Was sich mit einer Zementplatte nicht realisieren lässt, konnte mit der „LaHydro“ sogar direkt vor Ort erledigt werden. Auf die Eigenschaften der Spezialplatte abgestimmt ist auch das passende, korrosionsgeschützte Zubehör, das im Alten Leipziger Stadtbad ebenfalls zur Anwendung kam.
Vor eine knifflige Aufgabe wurden die Handwerker gestellt, als es galt, eine geeignete Unterkonstruktion für das Gewölbe zu errichten. Großes Augenmerk lag auch hier auf der Resistenz gegen Feuchtigkeit und Chemikalien und in diesem Zusammenhang auf einem wirksamen Korrosionsschutz.
Die neue Dachkonstruktion, bestehend aus genieteten Stahlwinkeln, Stahlbändern und Stahlträgern, war durch den großen Abstand der Bauteile nicht als unmittelbare Unterkonstruktion der neu zu erbauenden Gewölbedecke geeignet.
Daher entwickelten Michèle Ost, Technischer Fachberater von Siniat und Handwerker Joachim Schulze von AMV Holzhausen gemeinsam eine kuppelförmige Unterkonstruktion mit entsprechendem Korrosionsschutz. Diese individuelle Lösung wurde anschließend mit der zuständigen Baubehörde in Leipzig abgestimmt.
Korrosionsbeständige Unterkonstruktion
Die raumbildende Gewölbeform entstand durch die zusammengefügten Profilsegmente: Die CD60/27 Grundprofile von Siniat wurden nach den Radien-Vorgaben des Architekten werksseitig vorgebogen und im Achsabstand von < 1000 mm mit dem Noniusabhänger verschraubt. Die Grundprofile in C4-Qualität setzten sich aus vier vorgebogenen Profilsegmenten zusammen, die über Längsverbinder (für CD60/27) zu der gewünschten Gewölbeform aneinandergereiht wurden. Hierin lag die größte Herausforderung für das ausführende Unternehmen. Als Tragprofile wurden Hut-Deckenprofile 0,6 mm in C4-Qualität direkt am vorgebogenen CD60/27 Profil kraftschlüssig im Achsabstand von 400 mm verschraubt. Um für diese Metallunterkonstruktion die notwendigen Abhänger setzen zu können, zogen die Monteure zuerst unterhalb der genieteten Dachkonstruktion ein Weitspannträgersystem im Raster von 1000 mm vollflächig ein. An diesem System war es nun möglich, eine drucksteife Abhängung über Noniusabhänger mit Zulassung für Schrägzug zu befestigen. Sämtliche Verbindungselemente, Schrauben und Schnittstellen der Metallunterkonstruktion wurden mit einem Korrosionsanstrich behandelt.
Gewölbebau in Trockenbauweise
Aus bauphysikalischen Gründen war eine Wärmedämmung auf der Metallkonstruktion notwendig, die vollflächig und dicht aufgelegt werden musste. Auf den Hut-Deckenprofilen zogen die Handwerker zudem eine Dampfbremse ein. Anschließend befestigten sie die 12,5 mm dicken Spezialplatten quer zu den Hut-Deckenprofilen im Fugenversatz von 400 mm. Problemlos ließen sich dabei die 1250 mm x 2000 mm großen Platten radiusfolgend über die Gewölbeform biegen und an den Hut-Deckenprofilen verschrauben.
Der Zuschnitt der Spezialplatten erfolgte wie bei normalen Gipskartonplatten mit dem Cuttermesser. Joachim Schulze, Geschäftsführer des Trockenbauunternehmens AMV Holzhausen, bestätigt die gute Verarbeitbarkeit: „Wir haben LaHydro zum ersten Mal verarbeitet und sind sehr gut damit zurechtgekommen, vor allem, was die Biegsamkeit betraf. Das ist in den geforderten Radien gut gelungen.“
Originalgetreue Oberfläche
Abschließend verspachtelten die Handwerker die Plattenfugen mit Standard Glasfaserbewehrungsstreifen in Längs- und Querfugen. Dabei kam der auf die Spezialplatte abgestimmte pastöse Fugenfüller „Pallas hydro“ zum Einsatz. Zum Erreichen der Oberflächenqualität Q3 zogen die Handwerker die angrenzenden Flächen der Platten scharf mit der Glättkelle. Schulze bestätigt, dass durch den Einsatz der imprägnierten, feuchtebeständigen Spachtelmasse keinerlei Risse aufgetreten seien. Um die Gewölbedecke originalgetreu zu gestalten, wurde die Farbgebung dem ursprünglichen Zustand entsprechend gewählt. Auch diese Aufgabe sei hervorragend gelungen, so Joachim Schulze: „Die Platten haben die Farbe im Zuge der Malerarbeiten wunderbar angenommen.“
AutorMichéle Ost ist technischer Fachberater bei der Firma Siniat in Oberursel.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr Stadt Leipzig, Liegenschaftsamt,
Architekten Fuchshuber Architekten, Leipzig,
https://fuchshuberarchitekten.de/
Trockenbauarbeiten AMV Holzhausen, Leipzig,
Herstellerindex (Auswahl)
Dampfbremse Alujet, Mammendorf, www.alujet.de
Wärmedämmung Climowool, Bernburg,
Trockenbausystem Siniat, Oberursel, www.siniat.de