Abdichtung unter Keramik- und Naturwerksteinbelägen von Balkonen, Loggien und Laubengängen
Keramik- und Naturwerksteinbeläge auf Balkonen, Loggien und Laubengängen sind extremen physikalischen Bedingungen ausgesetzt. Daher muss der komplette Aufbau durch geeignete Materialien vor Feuchtigkeit geschützt werden. Geregelt ist dies im neuen Teil 5 der überarbeiteten Norm 18531.
Außen liegende Keramik- und Naturwerksteinbeläge waren aufgrund der Witterungseinflüsse schon immer eine Herausforderung. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Thema Abdichtung einerseits sehr anspruchsvoll, befand sich andererseits die Art und Weise der Ausführung für den Fliesenleger lange Zeit rechtlich eher im „Graubereich“. Durch die Novellierung und Neustrukturierung der Normen zur Bauwerksabdichtung wurde dies deutlich klarer.
Raue Bedingungen
Balkone, Loggien und Laubengänge stellen eines der komplexesten und anspruchsvollsten Aufgabengebiete hinsichtlich der verschiedenen physikalischen Belastungen dar, die auf einen Belag und dessen Unterkonstruktion einwirken. Bei all den verschiedenen Oberbelagsmaterialien und den verschiedenen Bauweisen bleibt jedoch hierfür allgemein gültig eines festzuhalten:
Zeitweise extreme Temperaturunterschiede im Tagesverlauf führen zu unterschiedlichen Längenänderungen in den verschiedenen Materialien; die Verformungen erzeugen Spannungen.
Die Temperaturänderungen finden in tieferen Schichten der Konstruktion zeitverzögert statt.
Temperaturstürze (zum Beispiel durch einen Gewitterschauer nach einem sonnigen Sommertag) belasten besonders die Belagsoberfläche durch schockartige Verkürzung der Materialien.
Wenn Wasser gefriert, nimmt sein Volumen um bis zu 9 Prozent zu; es kann daher einen zerstörerischen Druck erzeugen, wenn es im Belagssystem eingeschlossen ist. Häufige Frost/Tauwechsel führen zur Zermürbung der Mörtelgefüge.
Geltende Regelwerke
Daher muss der komplette Aufbau eines Außenbelags und selbstverständlich auch das angrenzende Bauwerk durch den fachgerechten Einsatz geeigneter Materialien vor Feuchtigkeit geschützt werden.
Eine Erleichterung in diesem Zusammenhang: Die Abdichtung im Verbund (AIV) mit Oberbelägen ist nun seit etwa zwei Jahren im Rahmen der Novellierung der DIN 18195 „Abdichtung von Bauwerken“ mit der zugehörigen Normenreihe DIN 18531 – DIN 18535 normativ geregelt. Somit besteht nun endlich die Rechtssicherheit, die sowohl dem Planer als auch dem ausführenden Betrieb eine normenkonforme Bauwerksabdichtung in Form einer zeitgemäßen Verbundabdichtung in vielen Bereichen ermöglicht.
Die Abdichtung von Balkonen, Loggien und Laubengängen mit flüssig zu verarbeitenden Abdichtungen im Verbund (AIV-F) ist im neuen Teil 5 der überarbeiteten Norm 18531 aufgeführt. Dabei fällt auf, dass erdberührte Terrassen nicht erwähnt werden. Sie gelten nicht als schützenswerte Bauteile im Sinne der neuen Normen. Gleichwohl ist hierfür eine Abdichtung im Verbund zu empfehlen, insbesondere die Anschlussbereiche zu Außenwänden und Durchgängen des angrenzenden Gebäudes bedürfen einer sorgfältigen Planung und Ausführung der Schutzmaßnahme. Dachterrassen beziehungsweise Terrassen über bewohnten Räumen müssen weiterhin entsprechend DIN 18531 Teil 2 in klassischer Bauweise mit Schweißbahnen oder Ähnlichem abgedichtet werden. Der somit zwangsläufig erforderliche Estrich als Schutz- beziehungsweise Lastverteilungsschicht kann dann wiederum mit einer Abdichtung im Verbund geschützt werden.
Neben der klassischen Verlegung von Keramik- und Naturwerksteinbelägen im Verbund mit flüssig zu verarbeitenden Abdichtungsstoffen gibt es Ausführungsvarianten mit bahnenförmigen Verbundabdichtungen; diese werden seit nahezu 20 Jahren erfolgreich eingesetzt, sind jedoch in der Norm DIN 18531-5 nicht erfasst und gelten somit als Sonderbauweise. Daher beschränkt sich dieser Artikel auf die Beschreibung der mineralischen, rissüberbrückenden Dichtschlämme.
Praktische Ausführung der Verbundabdichtung
Bereits der Untergrundbeurteilung und -vorbereitung kommt eine wichtige Bedeutung zu. Es muss sorgfältig geprüft werden, ob der Untergrund über eine ausreichende Festigkeit verfügt. Eventuell an der Oberfläche vorhandenen Schichten mit geringer Festigkeit müssen mit geeigneten Verfahren entfernt werden.
Eine der wichtigsten Anforderungen an einen Außenbelag – und auch dies ist nun normativ eindeutig geregelt – ist ein ausreichendes Gefälle von mindestens 1,5 Prozent von Oberbelag und Abdichtungsschicht. Bei sehr rauer oder profilierter Keramik als Oberbelag kann es durchaus sinnvoll sein, das Gefälle zu erhöhen, so dass das anfallende Wasser zuverlässig auf der Belagsoberfläche ablaufen kann.
Hierfür ist selbstverständlich auch eine ausreichende Ebenflächigkeit des Untergrundes erforderlich. Eventuell nötige Ausgleichsarbeiten, um die Ebenflächigkeit und ein ausreichendes Gefälle herzustellen, müssen vor dem Aufbringen der Verbundabdichtung ausgeführt werden.
An der Ausführung der Abdichtungsschicht hat sich prinzipiell nichts geändert. Sie muss in mindestens zwei Schichten ausgeführt werden und eine Trockenschichtdicke von mindestens 2 mm aufweisen. Jedoch fordert die neue Norm einen Schichtdickenzuschlag, falls raue Untergründe zu überarbeiten sind. Falls der Hersteller diesbezüglich keine Angaben macht, ist der Zuschlag mit 25 Prozent anzusetzen.
Maßgebend für die Funktionsfähigkeit der Abdichtung ist in hohem Maße die fachgerechte Ausführung der Details. Anschlüsse der Verbundabdichtung an aufgehenden Wänden, Einbauteilen und Durchdringungen wie Türrahmen und Bodenabläufen sowie Dehn- und Bewegungsfugen stellen die neuralgischen Punkte dar und sind mit Sachverstand und Sorgfalt entsprechend den Herstelleranweisungen auszuführen. Hierfür gibt es systemgeprüfte Dichtbänder und Formteile, deren Verwendung die neuen Normen auch fordern.
Bei der Verlegung muss im Außenbereich durch beidseitigen Kleberauftrag eine weitgehend vollflächige Bettung angestrebt werden; dies wird auch in der aktualisierten Norm DIN 18157 „Ausführung von Bekleidungen und Belägen im Dünnbettverfahren“, Neuausgabe April 2017, gefordert.
Nun wird immer wieder darüber diskutiert, ob dies in der Praxis umsetzbar ist. Klare Antwort: Ja! Selbstverständlich bedeutet es einen erhöhten Aufwand, wenn ein Belag gewissenhaft im kombinierten Verfahren verlegt wird; doch ist dies aufgrund der rauen Bedingungen im Außenbereich zwingend erforderlich und muss dementsprechend bei der Kalkulation des Angebots berücksichtigt werden.
Einem Kunden, der sein Refugium im Freien lange Zeit schadensfrei nutzen möchte, wird man mit dem entsprechenden Fachwissen die Notwendigkeit einer soliden Ausführung erläutern können.
Darüber hinaus wird die Verlegung im Fugenschnitt, also mit Kreuzfuge, empfohlen; Verlegung im Verband und Plattenformate über 0,2 m² beziehungsweise Kantenlängen über 60 cm sollten vermieden werden, um Spannungen im Belag möglichst gering zu halten. Nun entspricht diese Empfehlung nicht der Charakteristik von Naturwerksteinbelägen, bei denen eine Verlegung im Verband üblich ist. In diesem Fall ist die Ausrichtung des Belages so zu wählen, dass der Fugenverlauf in Gefällerichtung geradlinig ist.
Moderne, speziell für den Außenbereich konzipierte Klebemörtel erleichtern aufgrund ihrer variablen Konsistenz die Verlegung des Belags immens und weisen eine ausgewogene Balance zwischen einer ausreichend langen Verarbeitbarkeitsdauer und der erforderlichen schnellen Erhärtungsgeschwindigkeit auf.
Durch ein ausgeklügeltes Bindemittelsystem wird dieser Spagat erreicht, der Begriff „kristalline Wasserbindung“ fällt in diesem Zusammenhang häufig. Dadurch wird der Anteil an freiem Überschusswasser minimiert, die Trocknung und Festigkeitsentwicklung des Klebemörtels erfolgt auch unter ungünstigen Baustellenbedingungen zuverlässig. Somit können Fliesen aus Keramik und Naturwerkstein gleichermaßen sicher verlegt werden.
Verfugung
Durch den Trend zu immer größeren Fliesen und Platten in Kombination mit dem Wunsch möglichst schmaler Fugen können diese kaum noch ausreichend Spannungen im Belag kompensieren, wenn klassische Zementfugenmörtel zum Einsatz kommen; dabei hängt das Potenzial der wirkenden physikalischen Kräfte von der Ausrichtung der Belagsfläche, Farbe und Format des Oberbelags und der direkten Bewitterung ab. Ein Laubengang mit Ost-Ausrichtung in der Oberrheinischen Tiefebene unterscheidet sich hier definitiv von einem ungeschützten West-Balkon in Garmisch-Partenkirchen. Durch die situationsbezogene Anordnung von Bewegungsfugen muss diesem Umstand Rechnung getragen werden.
In Extremfällen (also bei exponierten Flächen in Kombination mit großen Formaten) macht es durchaus Sinn, sämtliche Fugen konsequent mit elastischen Dichtstoffen zu schließen, um ein einheitliches Belagsbild zu erreichen; was auf den ersten Blick unkonventionell erscheint, wird von versierten Spezialisten, die Großformate auch im Außenbereich als lukratives Betätigungsfeld entdeckt haben, schon seit geraumer Zeit erfolgreich und schadensfrei praktiziert.
AutorHans-Peter Schmied ist Fliesenlegermeister und staatlich geprüfter Bautechniker und arbeitet in der Zentralen Anwendungstechnik der PCI Gruppe in Augsburg.