Wie Balkone und Laubengänge mit Flüssigkunststoff abgedichtet werden
Das Fassadengewerk hat einige Schnittstellen, die auch von Fachbetrieben des Ausbau- oder Malerhandwerks ausgeführt werden, darunter die Abdichtung neuer beziehungsweise schadhafter Balkone und Laubengänge aus Beton. Bei Balkonen kommen häufig Abdichtungen auf Polyurethanbasis zum Einsatz.
Abdichtungen auf Balkonen und Laubengängen verhindern, dass durch Niederschlag und zeitweise stehendes Wasser Feuchtigkeit in die Konstruktion eindringt. Dabei müssen sie UV-Strahlen und hohe Temperaturschwankungen zwischen -20° C und +80° C ebenso standhalten wie mechanischen Belastungen durch Fußgängerverkehr, Tische, Stühle und anderes Mobiliar. In Neubau wie Sanierung haben sich dafür Flüssigkunststoffe auf Polyurethan-Basis bewährt. Sie schützen die Konstruktion langfristig vor schädlichen Witterungseinflüssen und ermöglichen darüber hinaus eine optisch schöne Gestaltung.
Häufig gefordert: der Abdichtungsnachweis
Balkone und Laubengänge sind 365 Tage im Jahr der Witterung ausgesetzt
Foto: Saint-Gobain Weber
Balkone und Laubengänge sind im Regelfall als Kragplatten konstruiert. Als nicht unterwohnte Bauteile unterliegen sie nicht den hohen Abdichtungsanforderungen wie Dächer, Dachterrassen oder erdberührte Bauteile. Dennoch findet man in Ausschreibungen häufig die Forderung nach einem geprüften Abdichtungssystem. Laut „europäischer Leitlinie“ muss das verwendete System eine „ETA-Bewertung“ (kurz für European Technical Assessment) aufweisen. Die höchste Leistungsklasse W3 entspricht einer Nutzungsdauer von 25 Jahren.
Materialauswahl: Wasserbasiert oder lösemittelhaltig?
Mit 1-komponentigen Flüssigabdichtungen und -versiegelungen auf Basis von Polyurethanharzen bleiben Balkone und Laubengänge in Neubau und Sanierung langfristig geschützt. Der Markt bietet inzwischen neben klassischen lösemittelhaltigen Polyurethanabdichtungen auch umweltfreundliche, lösemittelfreie Produkte, die gemäß europäischen Richtlinien als Abdichtung geprüft sind. Wie die klassischen Abdichtungssysteme bieten sie verschiedene Möglichkeiten der Oberflächengestaltung.
Bezüglich der Verarbeitung und Leistungsfähigkeit sind die lösemittelfreien Polyurethan-Dispersionen vergleichbar zu lösemittelhaltigen Abdichtungen beziehungsweise Beschichtungen. Dagegen ist bei dem wasserbasierten Material praktisch kein chemischer Geruch wahrnehmbar und die Gesundheit und Umwelt werden geschont.
PU-Systemlösungen werden als Abdichtung je nach ETA-Nachweis mit oder ohne Vlieseinlage verarbeitet. In den kritischen Witterungsphasen wird zur Beschleunigung der Abbindung systemabhängig ein so genannter Katalysator zugegeben. Diese Reaktionsbeschleuniger bewirken eine schnelle Überarbeitbarkeit und Durchtrocknung der Abdichtungslagen. Dies ist insbesondere bei kühler Witterung von Vorteil und erhöht die Ausführungssicherheit.
Der richtige Untergrund
Untergründe für Flüssigkunststoffe sind in der Regel Beton oder zementgebundene Verbundestriche. Die Untergründe müssen ebenflächig sein. Kragplatten sollten nach außen, also wegführend vom Gebäude, ein Gefälle von mindestens zwei Prozent aufweisen. Die Untergrundhaftzugfestigkeit muss ≥ 1,5 N/mm² betragen. Die maximale Restfeuchte der Unterkonstruktion liegt im Regelfall bei ≤ 5 Prozent, so genannte PU-Dispersionen (kurz „PUD-Systeme“ von PolyUrethanDispersion) lassen systemabhängig auch höhere Restfeuchten zu. Für die „PUD“-Abdichtung „weber.dry PUR seal aqua“ gilt beispielsweise eine maximale Untergrundfeuchte von 8 Prozent.
Zur Untergrundegalisierung eignen sich Betonsanierungsmörtel wie „weber.rep R4 duo“. Selbstverständlich müssen Untergründe grundsätzlich tragfähig und auch frei von haftungsmindernden Bestandteilen sein. Ferner müssen Kanten gebrochen werden. Kehlen, zum Beispiel am Wand-Bodenanschluss, werden im Rahmen der Vorbereitung gerundet. Dabei empfiehlt sich der Einsatz eines wasserundurchlässigen und schnellabbindenden Dichtspachtels wie „weber.tec 933“.
Wichtig zu erwähnen: Zum Zeitpunkt des Auftragens von PU-Abdichtungen und/oder Beschichtungen muss die Untergrundtemperatur systemabhängig oberhalb des Taupunktes liegen. Die Verarbeitungs- und Untergrundtemperaturen liegen systemabhängig etwa im Bereich zwischen +5 bis +35°C. Nicht mineralische Untergründe wie PVC oder Metalle müssen systemabhängig vorbehandelt werden.
Systemlösungen für jeden Anspruch
Prinzipiell besteht der Systemaufbau bei Balkonen und Laubengängen immer aus einer Grundierung, einer Abdichtung beziehungsweise Beschichtung (je nach Anforderung) sowie einer Versiegelung. Für Objekte ohne Abdichtungsanspruch bietet Saint-Gobain Weber auch ein so genanntes 2-in-1-System für besonders schnelle und einfache Bauausführung. Der Baustoffhersteller führt aktuell drei farbige, abrieb- und UV-beständige Abdichtungs-/Beschichtungssysteme für unterschiedliche Ansprüche. Darunter verfügen sowohl das lösemittel- als auch das wasserbasierte System über eine ETA der Klasse W3.
Klassisches System:
Das klassische Abdichtungssystem „weber.dry PUR seal“ besteht aus einer EP-Grundierung, der 1-komponentigen, hochflexiblen PU-Abdichtung „weber.dry PUR seal“ und der mechanisch hochbeständigen Deckversiegelung „weber.dry PUR coat traffic“, die das System besonders widerstandsfähig macht. Somit ist es auch für Anwendungsbereiche mit sehr starkem Fußgängerverkehr geeignet. Das Gesamtsystem kann ETA-konform mit oder ohne Vlies verarbeitet werden.
Abdichtungssystem ohne Lösemittel:
Das wasserbasierte Abdichtungssystem „weber.dry PUR seal aqua“ ist besonders verarbeitungsfreundlich, relativ geruchsneutral und eignet sich auch für Flächen mit Fußgängerverkehr. Zudem bietet das PUD-System einen geringen Wartungsaufwand. Es besteht aus einer wasserbasierten EP-Grundierung, der hochflexiblen Flüssigabdichtung „weber.dry PUR seal aqua“ sowie der mechanisch beständigen, begehbaren Versiegelung „weber.dry PUR coat aqua“. Bei ETA-konformer Verlegung kommt in der Abdichtungsschicht das Vlies „weber.dry fabric“ zum Einsatz.
Zeitsparendes 2-in-1-System:
„weber.dry PUR balkon“, die neue, mechanisch belastbare Lösung ohne Abdichtungsanforderungen, vereint Beschichtung und Versiegelung und ermöglicht dadurch eine besonders einfache und schnelle Verarbeitung. Für die Einarbeitung von Durchdringungen in die Abdichtungsschicht steht ergänzend die faserarmierte, standfeste, thixotrope PU-Abdichtungsmasse „weber.dry PUR Details“ zur Verfügung. Durch ihre Konsistenz kann sie auch an Detailpunkten im Wandbereich eingesetzt werden.
Spachteln oder rollen – so wird’s gemacht
Ausbilden einer Hohlkehle am Übergang Boden/Wand, beispielsweise mit „weber.tec 933“
Foto: Saint-Gobain Weber
Abdichtungen auf Basis von Flüssigkunststoffen werden in der Regel auf Estrich- und Betonuntergründen aufgebracht. Nach der Untergrundvorbereitung und gegebenenfalls dem Einbau eines Gefälleestrichs, zum Beispiel mit „weber.plan 816“, wird am Übergang vom Boden zur Wand eine mineralische Hohlkehle ausgebildet, beispielsweise mit „weber.tec 933“. Nach Durchtrocknung wird die 2K EP-Grundierung aufgebracht. Im nächsten Schritt müssen Detailpunkte, wie der Boden-Wandanschluss, Durchdringungen und Anschlüsse systemgerecht eingedichtet werden, ehe der flächige Auftrag der Balkonabdichtung auf die erhärtete Grundierung erfolgen kann.
PU-Abdichtungen und -beschichtungen werden je nach Produkt und Anwendung im Spachtel- oder Rollverfahren aufgebracht. Beim Spachteln wird mit Glätter beziehungsweise Spitzzahnleiste gearbeitet, um die aufgebrachte Schichtdicke besser kontrollieren zu können. Die aufzubringende Frisch-Schichtdicke je Abdichtungs- und Beschichtungslage ist systemabhängig begrenzt, um Blasenbildung durch Lösemittel- und Wassereinschüsse zu vermeiden. Nach dem Aufbringen der ersten Abdichtungslage wird je nach Anforderung das systemzugehörige Vlies „weber.dry fabric“ eingespachtelt. Nach ausreichender Trocknung wird die nächste Abdichtungslage aufgebracht. Nach dem vollständigen Aufbringen der Abdichtung erfolgt der Auftrag der systemzugehörigen Versiegelung im Rollverfahren.
Oberflächen gestalten
Die Farbchips werden frisch in frisch in die aufgetragene Versiegelung gestreut
Foto: Saint-Gobain Weber
Für das Oberflächenfinish stehen verschiedene Gestaltungsvarianten zur Auswahl. So können etwa Colorchips im gewünschten Farbton frisch in frisch in die aufgetragene Versiegelungsschicht eingestreut werden. Nach entsprechender Trocknungszeit erfolgt wahlweise die Kopfversiegelung der Fläche mit einer transparenten, UV-beständigen und abriebfesten Deckversiegelung. Alternativ kann auch ein Steinteppich aus einer Colorquarzmischung verlegt werden.
Die Quarzmischung wird dabei mit „weber.dry PUR trans“ als Binder je nach Körnung im festgelegten Verhältnis gemischt. Die Verlegung des Steinteppichs erfolgt dann auf der durchgetrockneten Abdichtungsschicht. Nach Durchtrocknung kann auch hier eine abschließende transparente Deckversiegelung zur Minderung von Rautiefen und Verschmutzungseffekten aufgebracht werden. Die Flächen sind je nach Witterungsbedingungen bereits am nächsten Tag begehbar, so dass Beeinträchtigungen für Bewohnerinnen und Bewohner minimiert werden.
AutorDipl.-Ing. Michael Bertels ist Leiter des Produktmanagements Bautenschutz- und Mörtelsysteme bei der Saint-Gobain Weber GmbH in Düsseldorf.