Bauen mit Stroh und Kalk

Wie in bauhandwerk 11.2021 beschrieben, passen Stroh und Lehm gut zueinander. Gleiches gilt für Stroh und Kalk: Während Stroh in Form von Dämmplatten die Energieeffizienz optimiert, sorgt Kalkputz im Innenausbau für ein gesundes Wohnraumklima.

Orientiert man sich weiterhin am baulichen Standard der letzten Jahrzehnte, werden die natürlichen Ressourcen dafür immer knapper. Diesem Problem gilt es mit nachhaltigen Wohn­gebäuden für Generationen entgegenzuwirken. Dafür ist es besonders wichtig, den CO2-Ausstoß von Bauprodukten zu reduzieren sowie ökologische und nachwachsende Baustoffe einzusetzen. Um diese zu erreichen, können sowohl altbewährte Baustoffe als auch neue Ideen helfen. Ein Beispiel hierfür ist die bauliche Kombination aus Kalk und Stroh.

Kraft der Verbindung: Stroh und Kalk

Die Gebäudedämmung mit Strohplatten im Zusammenspiel mit einem Kalkputz ist ein Beispiel wie die beiden Traditionsbaustoffe auch heute ihre Wirkung entfalten. So stellte die Firma Maxit nach Jahren der Forschung bereits 2019 eine Strohdämmplatte vor, die dank eines mineralischen Eiweiß-Kalk-Klebstoffs vollständig biologisch und dennoch leistungsstark ist. Das neu entwickelte Bindemittel sowie die besondere Art der Dämmplattenherstellung hat sich der Hersteller mittlerweile patentieren lassen: Bei diesem Verfahren werden Stroh und ökologisches Bindemittel unter Wärmedampfdruck im speziell entwickelten Produktionsprozess gepresst. Anschlie­ßend erfolgt die Trocknung der Platten bei Umgebungsluft. So wird ab dem Zeitpunkt des Strohdreschens bis zur fertigen Dämmplatte nur ein Bruchteil vom Energiebedarf anderer natürlicher Dämmstoffe benötigt.

Strohplatten eignen sich aber nicht nur zur energetischen Optimierung der Fassade, sondern können auch im Innenausbau eingesetzt werden. Daher stellt das fränkische Familienunternehmen derzeit unterschiedliche Plattenarten her, die sich in den Rohdichten und damit auch in ihrer Funktion unterscheiden: Strohplatten mit einer Rohdichte von etwa 220 kg/m³ werden als Putzträgerplatte im Innenausbau eingesetzt.

Keine Sorge im Brandfall

Eine Frage, die sich bei der Nutzung von Stroh als Baustoff schnell aufdrängt, ist die nach dem Brandschutz. „Allerdings ist diese Sorge im Fall der Strohplatten unbegründet, da die Kombination aus druckgepresstem Stroh, mineralischem Bindemittel sowie Putz in der Praxis für die nötige Brandsicherheit sorgt“, erklärt Johannes Eberlein, Leiter Produktmanagement bei Maxit. Dabei wird der ursprünglich im Stroh enthaltene Sauerstoff bereits bei der Herstellung der Putzträgerplatten herausgepresst. „Somit zeigt das Produkt kein Glimmverhalten und erlöscht sogar selbstständig. Eine Silikatschicht rund um die Halme unterstützt zudem den natürlichen Brandschutz“, so Eberlein. Mit diesen Eigenschaften sind die Platten gemäß DIN 4102-1 auch in die erforderliche Baustoffklasse B2 eingestuft und können in der Praxis uneingeschränkt verwendet werden. Dort sorgen sie durchgängig für ein gesundes Raumklima – emissionsgeprüft nach AgBB-Schema durch das Bremer Umweltinstitut.

Außen wie innen wirksam

Als Bestandteil des Klebemittels in Strohdämmplatten sind die Kombinationsmöglichkeiten von Stroh und Kalk im Sinne einer modernen ökologischen Bauweise aber nicht ausgeschöpft: So kommt Kalkputz ebenfalls als Beschichtung der Dämmplatten in Frage. Der Einsatz eines solchen Putzes ist im Innenausbau meist eine emotionale Entscheidung – schließlich sorgt er unter anderem für ein wohngesundes Raumklima.

Kalkputze, die heute als moderne Baustoffe eingesetzt werden, variieren in der Bindemittelzusammensetzung. Seit der Harmonisierung der diesbezüglichen Normen (DIN EN 459-1 2002 früher DIN 1060) gibt es neue Bezeichnungen für die jeweiligen Kalkarten und die möglichen Qualitäten: Bei der Verwendung von Kalkputzen in der Denkmalpflege handelt es sich meist um Luftkalkputz. Dies sind Mischungen aus Sand und gelöschtem Kalk-Calciumhydroxid als Bindemittel. Aufgrund dieser Zusammensetzung sind bei der Anwendung und den Beschichtungen allerdings Grenzen gesetzt. Beim Aushärten nimmt der Kalkputz Kohlendioxid aus der Umgebungsluft auf und wandelt sich unter Anwesenheit von Wasser (Anmachwasser) wieder zu Kalkstein um. Dieser Vorgang darf nicht durch dichte Beschichtungen gestört werden. Für die Strohträgerplatte können Luftkalkputze zum direkten Verputzen nicht eingesetzt werden.

Auch gemischte Bindemittel wie hydraulische Kalke, Trasskalke oder natürlich hydraulische Kalke werden gemäß der Norm als Baukalke benannt. Alle diese Putze sind diffusionsoffen und wirken sich deshalb positiv auf das Raumklima aus. Aufgrund ihrer atmungsaktiven Eigenschaften regulieren sie etwa die Luftfeuchtigkeit. Die Feuchteaufnahme und -abgabe eines Kalkputzes hängt dabei vor allem von seiner Sieblinie und dem Porenraum ab.

Zudem beugt die Alkalität der Bildung von Algen- und Schimmel wirksam vor: Aufgrund des hohen pH-Wertes von 12 sind Kalkputze antibakteriell und bieten Schimmel keinen Nährboden. Die Kapillarität sorgt außerdem dafür, dass Feuchtigkeit von der Oberfläche in den Putzquerschnitt verteilt und somit das Wachstum von Schimmelpilzen zusätzlich erschwert wird.

Sorgfältige Verarbeitung für optimale Wirkung

Die positiven Eigenschaften von Kalkputzen kommen nur beim korrekten Aufbau des gesamten Beschichtungssystems zur vollen Wirkung. Beim Verputzen der Kalk-Stroh-Putzträgerplatte muss man – wie bei jedem Untergrund – die Haftung beachten. Diese wird durch die Saugfähigkeit beziehungsweise Rauigkeit des Untergrunds gewährleistet.

Naturgemäß nimmt Stroh als Baustoff Feuchtigkeit auf. Damit solche Putzträgerplatten aber nicht durch etwaiges Aufquellen beschädigt werden, muss hier die Saugfähigkeit reduziert werden. Gleiches gilt bei starker Durchfeuchtung aufgrund Vornässen der Platten. Im Herstellungsprozess wird daher als zusätzlicher  Schutz eine Versinterung der Plattenoberfläche herbeigeführt. Aufgrund dessen ist es notwendig, mit einer Haftspachtelung als erster Putzlage zu arbeiten.

Die Verwendung einer Haftbrücke hilft auch, die positiven Eigenschaften des Kalks zu ergänzen. Auf diese spezifischen Anforderungen abgestimmt, bietet Maxit mit seinem Kalk-Dünnschichtputz „maxit ip 315 purcalc“ eine passende Lösung: Er besteht aus fraktionierten Sanden, natürlichem hydraulischem Kalk als Bindemittel sowie Zusätzen für optimierte Verarbeitbarkeit und haftverbessernden Stoffen. Die Zugabe von Zement entfällt gänzlich.

Mit einer Zahntraufel wird dieser Mörtel in einer Putzdicke von 3 bis 5 mm aufgetragen. Bei einer hohen Anzahl von Fugen und Plattenstößen empfiehlt es sich, in diese Haftspachtelung auch ein Armierungsgewebe „4 x 4 mm“ einzulegen. Bei der Verarbeitung sollte man zudem darauf achten, die Oberfläche der Spachtelung aufzurauen. Bevor weitere Putzaufträge erfolgen, muss eine Standzeit von einem Tag pro Millimeter Putzdicke eingehalten werden. Optional wird danach eine weitere Lage Kalk-Dünnschichtputz in einer Dicke von maximal 5 mm mit einer gefilzten Oberfläche aufgetragen.

Alternativ eignet sich hierfür auch ein hydraulischer Kalkputz wie der „maxit ip 380“: Dieser kann auf den vorbereiteten gespachtelten Untergrund in einer Putzdicke von 8 bis 10 mm aufgebracht werden. Mit einer größeren Dicke ist auch die Möglichkeit der höheren Feuchtaufnahme des Putzsystems gegeben. Unterschiedliche Korngrößen von 0,8 bis 1,0 mm erzeugen dabei ein anderes Filzbild. Gerade ein Putz mit größerer Körnung kann besser modelliert, gefilzt oder verwaschen werden. Zur Beschichtung der Flächen eignen sich aber auch eine Kalkglätte oder spezielle Kalk- oder Silikat-Anstriche.

Strohpanel für den Trockenbau

Mit der neuen Kalk-Stroh-Putzträgerplatte „maxit Strohpanel“ bietet Maxit insbesondere für den Trockenbau eine besonders ressourcenschonende Lösung an. Neben Kalk kann die neue Putzträgerplatten auch mit Lehm verputzt werden. Dabei lassen sich die Platten analog zu herkömmlichen Gipskarton- oder auch Holz-Varianten verarbeiten: Dazu werden die Strohplatten mit  Band- oder Kreissägen auf die gewünschte Größe zugeschnitten und im Anschluss mit Breitrückenklammern oder Flachkopfschrauben befestigt. Passende Ständerwerke sind hier all jene aus Holz oder Metall. Diese sollten eben, stabil, tragfähig und für die Aufnahme der Befestigungsmittel geeignet sein. Nach dem Verputzen lassen sich die Strohpanele optional mit einer Kalkfarbe beschichten.

 

Autorin

Dipl.-Ing. Heike Pfaff ist im Produktmanagement Bauwerkssanierung & Denkmalschutz bei der maxit Gruppe in Azendorf tätig.

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