Wände bedrucken mit Rollapparaten

Mit Rollapparaten hergestellte Wandmuster galten früher als Alternative zu Tapeten. Im Zuge der Rückbesinnung auf natürliche Materialien und nostalgische Oberflächen wird diese Technik heute wieder beliebter. Trotz vorgefertigter Musterrollen kommt es auf die richtige Ausführung an.

Bereits 1879 wurde der erste „Handdruck-Apparat mit Selbstfärbung“ zum Patent angemeldet. Jahrhundertelang haben Maler zuvor Wandflächen ohne diese mechanischen Helfer gestaltet, über deren Nützlichkeit man daher durchaus streiten kann. In den Notjahren während und nach den zwei Weltkriegen waren bedruckte Wände – ausgeführt mit Leimfarben – ein Ersatz für damals nicht zu bekommende Tapeten. In den 1950er Jahren wurden unzählige Wände mit diesen Rollapparaten gestaltet, die noch mit vielen gezogenen Strichen ergänzt werden mussten.

Wieder im Trend

Aktuell sind weiß gestrichene Raufaserwände nicht mehr im Trend. Stattdessen hat eine Rückbesinnung zu nostalgischen Oberflächen, ausgeführt mit natürlichen Materialien, stattgefunden, die in moderner Farbigkeit und mit guten grafischen Mustern dem heutigen Kundengeschmack entsprechen.

Für die Ausführung dieser Technik sollte der Maler am besten wasserlösliche Naturfarben einsetzen, denn die verkleben das Rollgerät nicht. Man kann aber auch Dispersions-, Silikat-, Kalk- oder Lehmfarbe benutzen. Der Ablauf solcher Arbeiten ist heute der gleiche wie früher.

Untergrund vorbereiten

Zunächst muss der Untergrund überprüft und gegebenenfalls vorbereitet werden. Alte Leimfarbe wird durch Vor- und Nachnässen und anschließendes Abstoßen mit einem eingearbeiteten Spachtel entfernt. Die entfernte Farbe sollte vor dem Nachwaschen zusammengefegt werden. Das Nachwaschen erfolgt mit einer kurzen Deckenbürste und Wasser, das häufig erneuert werden muss.

Anschließend können Risse und Löcher vergipst und Wasserflecken wenn nötig isoliert werden. Als Grundierung empfiehlt sich eine Leimlösung mit gelöster Schmierseife oder eine Alaunlösung. Auf letzterer kann sofort Nass in Nass gestrichen werden.

Früher wurde die Kreide am Tag vorher in Wasser angeteigt und dann Pflanzenleim zugesetzt, der vorher mit der Hand aufgeschlagen werden musste. Bei zu wenig Leim war die Farbe nicht wischfest, bei zu viel blätterte sie ab. Diese Probleme treten heute mit fertig geleimter Kreide in Pulverform nicht mehr auf. Magermilch ist ein vorzügliches Bindemittel sowohl für die Rollfarben, als auch zum Striche ziehen.

Die Wandfarbe wurde dann nach Kundenwunsch unter Berücksichtigung der für Leimfarbe typischen Aufhellung abgetönt und damit farbige Vorlagen und selbst erstellte Muster von Farbtönen und Rollkombinationen gestaltet und dem Kunden  zur Auswahl vorgelegt. Arbeiten mit Leimfarbe hat gegenüber modernen Systemen hygienische Vorteile, denn Schmutz wird bei jeder Renovierung abgewaschen und nicht immer wieder überstrichen.

Historische Ausführung

Da man mit den Rollen nicht bis in die Ecken arbeiten kann, wurde früher ein Absatz zur Decke freigelassen, der mit einer Abschlussbordüre oder klassisch mit einem Strich begrenzt wird. Gestrichen wurde die Untergrundfarbe mit guten gepflegten Deckenbürsten immer vom Licht weg. Die Rollfarben wurden deckend oder lasierend eingestellt. Die Viskosität durfte nicht zu hoch (Kleckser), aber auch nicht zu niedrig sein (Läufer). Zum Eindicken zu dünner lasierender Rollfarben eignet sich dick angesetzter Methylcellulose-Kleister. Gerollt wurde immer mindestens zweimal unterschiedlich. Ein heller werdender Musteraufbau auf dunklem Grund ist besonders reizvoll.

Die Strukturrollen müssen mustergerecht im rechten Winkel in das Rollgerät eingelegt werden, die Farbübertragungsrollen in der richtigen Reihenfolge, ohne dass sie klemmen.

Jeder Abrollbahn muss mit dem Muster oben immer stimmig anfangen, vergleichbar mit einer Versatzmustertapete. Der Maler sollte immer senkrecht präzise bis unten rollen und genau an die zuletzt gerollte Bahn anlegen, damit keine Fehlstellen an den Nähten entstehen. Bei einem zweiten Rollvorgang mit dem gleichen Muster wird immer um eine halbe Rollenbreite versetzt. An den Endplatten der Rollen sind Markierungen dafür hilfreich. Mit einem Streifen dünner Pappe werden Teile der fertigen Rollarbeit abgedeckt, wenn der Untergrund schmaler als die Musterrolle ist. Der Maler sollte stets darauf achten, dass genug Farbe im Rollgerät vorhanden ist, damit keine hässlichen Fehlstellen auf der Wand entstehen. Striche werden mit den Rollfarben in unterschiedlichen Breiten gezogen, breite mit heller, schmale mit dunkler Rollfarbe.

Fazit

Für die Ausführung dieser „bedruckten Wände“ gibt es – neben den Wohnräumen der Privatkunden des Malers – viele Einsatzgebiete, beispielsweise im Denkmal, in Museen oder für Filmkulissen. Interessierte Kollegen finden bei älteren Malermeistern noch Rollapparate und Musterrollen.  Wer sich für die Technik interessiert oder sich Rollgeräte ausleihen möchte, findet bei Birger Jesch www.musterwalzen.de immer Gehör. Der Mann hat über 1200 Musterrollen für die Nachwelt gerettet. Auch Tobias Ott hält in seinem Archiv www.strukturwalzen.de historische Walzen bereit. Außerdem bietet er eine Kollektion neuer Walzen und kompletter Rollgeräte zum Kauf oder zum Ausleihen an.

Autor
Hans Jürgen Ronicke ist Malermeister, Innenarchitekt WKS, Restaurator im Handwerk und freier Autor unter anderem der Zeitschrift bauhandwerk. Er lebt und arbeitet in Wittenberg.

Web-Service

Hier finden Sie Anleitungen für die Arbeit mit Musterrollen und Rollapparaten sowie eine Refernzliste von Tobias Ott zum Download.

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