Zweiseitig
Ausführung von Renovierungsanstrichen bei Holzfenstern

Bei Holzfenster­n stellt sich nicht die Frage, ob diese einen Renovierungsanstrich brauchen, sondern vielmehr wann. Gängige Praxis ist es dann oft, nur die Außenseite des Fensters zu beschichten. Das kann jedoch zu Problemen führen: Vor allem bei Gebäuden, in denen besonders hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, setzt ein solcher einseitiger Anstrich Holzfenster und -türen buchstäblich „unter Dampf“.

Es ist nur eine Frage der Zeit: Nach aktuellem Stand der Technik sind Renovierungsanstriche von Holzfenstern und -türen im Außenbereich bei lasierender Behandlung nach 3 bis 6 Jahren und bei deckender Behandlung nach 5 bis 10 Jahren notwendig – eine technisch funktionsfähige Konstruktion und die Beständigkeit der verwendeten Holzart vorausgesetzt. Aus Kostengründen und daher oft auf ausdrücklichen Wunsch des Auftraggebers werden diese Renovierungs­anstriche häufig aber nur auf der bewitterten Außenseite vorgenommen. Die Innenseiten der Fenster werden hingegen nur im Rahmen von dekorativen Innenarbeiten berücksichtigt.

Fenster „unter Dampf“

 

Bei Holzfenstern handelt es sich um maßhaltige Bauteile. Während in Wohn- und Gewerberäumen mit normalem Innenraumklima (Temperatur etwa 20° C, Luftfeuchtigkeit maximal 65 Prozent) eine ausschließliche Außenbehandlung von Holzfenstern und -türen meist schadensfrei ist, sieht die Situation bei Gebäuden, in denen es Räume mit hoher Luftfeuchtigkeit gibt, ganz anders aus. Denn hier wirkt ein starkes Dampf­druck­gefälle von in­nen nach außen auf die Holzkonstruktionen ein. Beispiele für solche Objekte sind Schwimmbäder sowie bestimmte Industrie- und Produktions­stätten. Doch auch in Wohnungen, besonders natürlich in Küchen und Bädern, liegt zumindest zeitweise eine hohe Luftfeuchtigkeit vor. Werden in diesen Fällen Holzfenster nur einseitig von außen beschichtet, kann dies die Fenster im wahrsten Sinne des Wortes „unter Dampf“ setzen. Denn der einseitige Anstrich verursacht ein Ungleichgewicht der Anstrichschichten auf der Innen- und Außenseite, wodurch ein unterschiedliches Wasserdampf­diffu­sions­verhalten entsteht.

Holzbauteile besitzen je nach Konstruktion, Oberflächenbeschaffenheit und Holzart ein bestimmtes Diffusionsverhalten gegenüber Wasserdampf. Dieses verändert sich mit jedem Beschichtungsgang um die Diffusionseigenschaften des aufgebrachten Anstrichs. Anlagengebundene Erstbeschichtungen in deckender Ausführung erreichen auf Holzfenstern in der Regel Trockenschichten von > 100 µm. Renovierungssysteme sollen in der Pinselapplikation eine Trockenschichtdicke von 60 bis 100 µm aufweisen. In der Praxis bedeutet das, dass sich bei einseitiger äußerer Beschichtung die vorhandene Gesamtschichtdicke fast verdoppelt. In gleichem Maße steigt demnach auch der Wasserdampfdiffusions­widerstand der Außenseiten.

 

Innen und außen
beschichten

 

Holzfenster und -türen müssen mit ihrer Innen- und Außenseite als ein zusammenhängendes Außenbauteil betrachtet werden. Wenn die Objektsituation zudem durch ein starkes Dampfdruckgefälle von innen nach außen gekennzeichnet ist, wird es zur technischen Notwendigkeit, die Bauteile beidseitig zu beschichten. Nur so bleibt das Feuchtigkeitsgleichgewicht im Holz erhalten. Im Zusammenhang mit der Holzfeuchtigkeit muss der Maler auch bei Renovierungen beachten, dass zur Vermeidung von Anstrichschäden bei maßhaltigen Holzbauteilen die Holzfeuchtigkeitswerte 15 Prozent nicht überschreiten dürfen.

Die wissenschaftlich technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V. (WTA) empfiehlt für Anstrichsysteme auf maßhaltigen Außenbauteilen aus Holz Wasserdampfdiffusions­widerstands­zahlen (µ-Werte) von etwa 12 000 bis 15 000. Diese Werte werden in der Regel von deckenden Ventilationslacken beziehungsweise Dickschichtlasuren erreicht. Ventilationslacke verfügen im Vergleich zu konventionellen Lacksystemen über eine höhere Wasserdampf­diffusionsfähigkeit. Um einen optimalen UV-Schutz der Holzoberfläche zu gewährleisten, sind bei Lasurbeschichtungen im Außenbereich mittlere bis dunkle Farbtöne zu empfehlen. Je nach Holzart (Nadelhölzer) und Bauteil ist im Außenbereich zudem vor der Grundierung eine Imprägnierung mit Bläueschutz für Rohholzstellen notwendig.

Starke Schichtdickenunterschiede zwischen Innen- und Außenlackierung führen auch bei optimaler Produktwahl zu einem deutlich unterschiedlichen Diffusionswiderstand. Bei entsprechendem Dampfdruckgefälle kommt es dann zu einer Erhöhung der Holzfeuchtigkeit. Dies kann zu Anstrichschäden und einer Schädigung des Holzes führen. Holzfenster die „unter Dampf“ stehen, sind darüber hinaus auch in ihrer Maßhaltigkeit bedroht. Diesen Sachverhalt begünstigende konstruktive Details wie scharfe, nicht abgerundete Bauteilkanten und sonstige Schäden an Anstrichen, Verglasungen usw. müssen im Rahmen eines Renovierungsanstrichs ebenfalls beseitigt werden.

 

Fehlerhafte

Innenbeschichtungen

 

Neben der beschriebenen Schichtdickenthematik können auch Schäden an vorhandenen Innenanstrichen zu Problemen an der Außenbeschichtung von Holzfenstern und -türen führen. Der erste Schritt ist daher immer die Untergrundprüfung. Hier sollte der Maler neben den zu beschichtenden Flächen auch angrenzende Flächen und Anbauteile bewerten.

Besondere Gefahrenpunkte sind die Abnutzung oder Ablösung der vorhandenen Innenbeschichtung, offe­ne Fugen und Risse sowie Verglasungen und damit verbundene Abdichtungsfugen. Ferner gilt es zu beachten, dass Kitte und Versiegelungsmassen entsprechend ihrer Kennzeichnung beschichtungs­geeignet sind – oder eben auch nicht. Elastische Dichtstoffe wie Silikondichtstoffe dürfen nur bis zu einer Breite von 1 mm angearbeitet, aber nicht überarbeitet werden. Auch vorhandene Gummidichtungen und
-profile dürfen nicht überstrichen werden. Darüber hinaus stellen auch konstruktive Schwachpunkte wie einwirkende Feuchtigkeit auf nicht mehr zugängigen Rückseiten oder der Hirnholzschutz ein hohes Gefahrenpotenzial dar. Hier muss der Handwerker gegebenenfalls darauf hinweisen, dass eine Instandsetzung erforderlich ist und dass ansonsten die Haltbarkeit der Anstrichsysteme nicht gewährleistet werden kann.

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