Die Zeit zurückgedreht
Der Maler- und Restaurationsbetrieb Hartmann Objekt aus Titz im Kreis Düren bewahrte durch Kauf und Renovierung eine Aachener Villa aus dem 19. Jahrhundert vor dem Abriss. In Zusammenarbeit mit der Firma Sikkens wurde dabei die ursprüngliche Farbgestaltung so originalgetreu wie möglich reproduziert.
Die an der Eupener Straße im Aachener Süden gelegene Villa Louise wurde 1890 erbaut und hat das vergangene Jahrhundert ohne größere Schäden überstanden. Das für seine Zeit sehr moderne Bauwerk drückt Wohlstand und das Streben aus, möglichst viele Annehmlichkeiten in den Alltag zu bringen. Trotz der beeindruckenden Größe erscheint das denkmalgeschützte Gebäude fast bescheiden, was auch an der stimmig und zurückhaltend gewählten Farbgebung liegt. Franz Michael Hartmann, diplomierter Designer und Malermeister, hat der Villa ihren alten Charme in Farbigkeit und Gestaltung wiedergegeben.
„Die Villa sollte abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Vor diesem Schicksal wollte ich das außergewöhnliche Bauwerk auf jeden Fall bewahren. Das Wichtigste bei der Sanierung war für mich, den Charakter und die Substanz des Baudenkmals bestmöglich zu erhalten“, sagt Hartmann über sein „neues altes Schätzchen“. Zusätzlich hat er einen angrenzenden Neubau errichtet, der fünf Wohneinheiten und drei Büros beinhaltet und sich zusammen mit dem Altbau zu einem harmonischen Gesamtkomplex fügt.
Fassadengestaltung wie damals
Hartmann, der nicht nur Malermeister sondern auch Farben- und Strukturdesigner ist, konnte seine Leidenschaft für perfekte Farbgestaltung an diesem Objekt besonders gut ausleben; unterstützt wurde er dabei von Elmar Koch, der ihm als technischer Berater der Firma Sikkens zur Seite stand. An der Fassade der Villa trug Hartmann so lange alte Schichten ab, bis er auf den ursprünglichen Farbton stieß. Um die Farbgestaltung so originalgetreu wie möglich reproduzieren zu können, wurde das Sikkens-Farbatelier eingeschaltet. Mit Hilfe von Fotos, Farbmessungen mit dem Farbtonnavigator Colorado und Visualisierungen des neuen Anbaus erstellte das Atelier verschiedene Farbmuster. Franz Michael Hartmann entschied sich bei der Fassade für einen Sandsteinton, der nach der Grundierung in zwei Schichten mit Alpha-Supraliet-Farbe aufgetragen wurde, die sich sehr gut für verwitterte, kreidende Altbeschichtungen eignet.
Die Fensterläden wurden, dem einstigen Farbton entsprechend, in einem rostigen Braun gestrichen. Bevor damit begonnen werden konnte, mussten sie restauriert werden. Diese Arbeiten dauerten ein ganzes Jahr. Die Handwerker ersetzten zahlreiche Lamellen und machten die Scharniere wieder gangbar. Die oberste Farbschicht wurde abgebrannt, die Läden stehen gelassen, insgesamt dreimal mit dem wasserlöslichen Lack Rubbol BL Satin beschichtet und immer wieder trockengestellt. Die Fenster erhielten drei Anstriche mit Rubbol Ventura Semigloss.
Ein Puzzle aus feinen Details
Innen waren die Arbeiten für das Team um Franz Michael Hartmann noch anspruchsvoller. Es galt, das große Puzzle aus feinen Detailarbeiten vergangener Zeiten wieder aufzuarbeiten und teilweise neu zusammenzusetzen – eine Sysiphus-Arbeit. Wenn man die Villa nun betritt, fühlt man sich beinahe zurückversetzt in das 19. Jahrhundert: An die große, schwere Holzeingangstür schließt sich ein Windfang an. Der wiederum gibt durch zwei kleine Holzschwingtüren mit Glaselementen den Zugang zum Flur frei, von dem heute links das erste Büro und rechts der Garderobenraum mit angeschlossenen Toiletten abgeht. Will man in das beeindruckende Foyer gelangen, muss man die dritte Tür öffnen, ebenfalls aus Holz und Glas. Der im gesamten Erdgeschoss verlegte Parkettboden sieht dank Komplettsanierung aus, als wäre man einer der ersten, der ihn betritt.
Kleiner Raum – großer Aufwand
Die aufwändigste Sanierung benötigte jedoch nicht das Foyer, sondern der vorgelagerte, kleine Garderobenraum. Aufgrund vieler kleiner Detailarbeiten an Heizungsverkleidungen, den alten Schränken, Holzvertäfelungen und -verzierungen, am Stuck sowie an den vielen unterschiedlichen Farbnuancen hat dieser kleine Raum die meiste Arbeitszeit gekostet. Ziel der Restaurierung war auch hier, den Ursprungszustand wiederherzustellen. Die Decke wurde in einem warmen Weiß-, die Wände in einem Beigeton und die untere Garberobenwand mit einer Wischtechnik in dezenten Nuancen von Weiß- und Grautönen gestrichen. Die Maler entfernten zunächst alle Farbschichten, um zu sehen, welches Holz verfault oder anderweitig zerstört war. Solche Holzteile arbeiteten sie auf oder bauten sie komplett nach. Anschließend wurde das Holz neu verleimt, grundiert, mehrmals gespachtelt und lackiert. In den der Garderobe angeschlossenen zwei Toiletten verbauten die Handwerker, passend zu den vorhandenen Fliesen im Terrakotta-Stil, echten alten Stein.
Stil- und materialecht
Alle Holzparkettböden in der Villa wurden abgeschliffen, mit Kunststoffsiegel und anschließend dreimal mit farblosem Lack beschichtet. Einige Parkettstäbe wurden erneuert und wieder eingefügt. Über diesen Boden betritt man durch schwere aber filigran gearbeitete Holztüren die Büros der Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei der heutigen Miteigentümer. Die Türen wurden von einem Schreiner geleimt und begradigt, bevor sie mit BL Vorlack grundiert, mehrmals gespachtelt und im Anschluss daran zweimal mit BL Satura lackiert wurden. Ebenso behandelte der Schreiner die Einbauschränke und das Geländer der schweren Holztreppe im Foyer. Über den Bürotüren wurden die verzierten Oberlichter saniert und fehlende Teile mit Epoxydharz nachgegossen. Die Treppenstufen und Handläufe wurden zunächst abgebrannt, mit Kunststoffsiegel verfestigt und im Ursprungston dreimal matt lackiert.
Die an zwei Wänden nach oben führende Treppe hat einen massiven Charakter, und ihre Stufen Knarzen hörbar, wenn man sie betritt. Der Weg nach oben endet abrupt am Treppensims, denn der Zugang zum ersten Stockwerk wurde zugemauert. Dahinter befindet sich eine komplett renovierte Etage, die Franz Michael Hartmann erworben hat. Raum für Raum hat er diese zu einer Art Eventbüro im Stil einer sehr individuell und hochwertig ausgestatteten Musterwohnung eingerichtet: Ausgewählten Kunden präsentiert er hier das Leistungsspektrum von Hartmann Objekt. Das schönste Kompliment für Franz Michael Hartmann ist es, wenn nach zwei Jahren der Renovierungsarbeit Gäste oder auch Spaziergänger verblüfft feststellen: „Das Haus sieht ja aus wie damals!“ Genau so soll es sein.
Aachener Villa aus dem 19. Jahrhundert restauriert und um einen modernen Anbau erweitert