Fallstricke im Bauträgervertrag

Viele Immobilienkäufer erwerben Grundstück und Neubau aus einer Hand – und schließen dazu

einen Vertrag mit einem Bauträger ab. Der sollte darauf achten, dem Vertrag eine präzise Leistungs-

beschreibung beizufügen – damit im Verhältnis zum Kunden keine Missverständnisse aufkommen.

Bauträgerverträge sind sehr komplex, denn sie müssen auch viele Punkte regeln, die mit der Erstellung des Bauwerks zusammenhängen. Das kann zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten führen.

Fall 1: Falsche Angaben im Prospekt

Im Verkaufsprospekt einer Dachgeschoss-Maisonettewohnung war in der oberen Etage – einem Spitzboden – ein Bett mit Nachtschränkchen eingezeichnet. Der Käufer ging davon aus, dass es sich hier um einen Wohnraum handelte. Nach Fertigstellung vermietete er die Wohnung umgehend. Nun schritt die Bauaufsichtsbehörde ein und untersagte die Nutzung des Spitzbodens zu Wohnzwecken, denn die Baugenehmigung besagte nur „Abstellraum.“ Der Käufer verklagte den Bauträger auf  Schadenersatz in Höhe von rund 13 000 Euro wegen des geringeren Wertes der Wohnung. Der Bauträger wehrte sich: Der Bauträgervertrag bezeichne den Spitzboden als Abstellraum. Der Bundesgerichtshof erklärte, dass hier trotzdem eine Beschaffenheitsvereinbarung vorgelegen habe, nach der der Spitzboden ein Wohnraum sei. Für den Vertragsabschluss sei der Prospekt maßgeblich gewesen. Das Gericht ging sogar von einer arglistigen Täuschung durch den Bauträger aus, da dieser ja den Inhalt der Baugenehmigung kannte. Da die Wohnung nicht der vereinbarten Beschaffenheit „Spitzboden als Wohnraum“ entsprach, war sie aus Sicht des Gerichts mangelhaft und der Klage wurde stattgegeben (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007, Az. VII ZR 205/06).

Fall 2: Abweichende Abschlagsvereinbarung

Im zweiten Fall ging es um eine Wohnung in einem neu zu bauenden Mehrfamilienhaus. Vertragspartner waren der Käufer und der Verkäufer des Grundstücks. Der Verkäufer trat gleichzeitig als Vertreter des ausführenden Bauunternehmens auf. Der Preis für das Grundstück sollte in zwei Raten an den Verkäufer gehen, die zweite Rate war bei Bezugsfertigkeit der Wohnung fällig. Dann gab es noch sechs Raten an das Bauunternehmen je nach Baufortschritt. Nachdem der Käufer die fertige Wohnung bezogen hatte, weigerte er sich, die zweite Kaufpreisrate für den Eigentumsanteil an den Verkäufer komplett zu zahlen. Er behielt wegen Mängeln 5000 Euro ein. Der Verkäufer verweigerte daraufhin die Auflassung der Immobilie an den Käufer. Es zeigte sich nun der Grund für die ungewöhnliche Vertragskonstruktion: Der Verkäufer wollte sich nicht als Bauträger behandeln lassen und glaubte, mit der Werkleistung des Bauunternehmens nichts zu tun zu haben. Das Landgericht Münster hingegen sah die Absprache als normalen Bauträgervertrag an. Übergeben werden sollte kein Baugrundstück, sondern ein Eigentumsanteil an einem Mehrfamilienhaus. Das Gericht erklärte, dass die getroffenen Fälligkeitsabsprachen eine unzulässige Umgehung der verbindlichen Abschlagsregelungen der Makler- und Bauträgerverordnung seien. Die vertraglichen Absprachen über Kaufpreis- und Werklohnzahlung seien unwirksam. Stattdessen gelte § 641 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Vergütung bei Abnahme. Eine wirksame Abnahme habe jedoch nicht stattgefunden, es seien noch Restarbeiten durchzuführen. Der Verkäufer müsse trotzdem die Wohnung an den Kunden auflassen – ein Zurückbehaltungsrecht stehe ihm nicht zu (Landgericht Münster, Urteil vom 8. Juni 2005, Az. 10 O 638/04).

Fall 3: Dauerbaustelle

Eine Familie mit drei Kindern hatte eine 136-m2-Altbauwohnung erworben, die vorher grundsaniert werden sollte. Es war ein Termin für die Bezugsfertigkeit vereinbart. Aber: Die Arbeiten zogen sich derart in die Länge, dass die Wohnung noch immer nicht fertig war, als der Prozess schon in zweiter Instanz lief. Die Käuferfamilie wohnte unterdessen sehr beengt in einer gemieteten 72-m2-Wohnung. Sie forderten nun eine Nutzungsausfallentschädigung für die nicht bezugsfertige Wohnung. Sie berechneten diese auf Basis der ortsüblichen Vergleichsmiete für die Altbauwohnung abzüglich der Miete für ihre kleine Ersatzwohnung (die der Bauträger ohnehin erstatten musste). Der BGH gestand der Familie die verlangte Entschädigung zu. Der längere Entzug der Gebrauchsmöglichkeit einer zum Eigengebrauch vom Bauträger erworbenen Eigentumswohnung könne einen Vermögensschaden begründen. Der Bauträger musste für 24 Monate Verspätung rund 17 800 Euro bezahlen (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014, Az. VII ZR 172/13).

Autorin

Michaela Rassat ist Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice) in München.

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