Fassaden-Rettung durch Innendämmung
Innendämm-System "Poroton WDF" ermöglicht längerfristige Trocknung

Bei der Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudeensembles in der Altstadt von Schwerin wurde die kapillaraktive Innendämmung „Poroton WDF“ eingebaut, um die vorhandenen Stuck- und Fachwerk­fassaden erhalten und eine längerfristige Trocknung ermöglichen zu können.

Maßstäbliche Pläne

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In unmittelbarer Nähe zum Schweriner Schloss befindet sich das im Auftrag des Großherzogs Paul Friedrich von Mecklenburg um 1842 als repräsentatives Hotel nach dem Entwurf von Georg Adolf Demmler – einem Schüler Schinkels – erbaute Gebäudeensemble, das das Stadtbild Schwerins maßgeblich prägt. Bereits zehn Jahre nach dem Bau wurde der Hotelbetrieb eingestellt. Seitdem musste der Gebäudekomplex wechselnde Nutzungen und eine Vielzahl von Um- und Anbauten über sich ergehen lassen. Seit den 1990er Jahren stand das Ensemble leer, worunter die Bausubstanz erheblich litt. Mit einem Eigentümerwechsel  2011 wurde der Gebäudekomplex nachhaltig und sensibel saniert und einer zeitgemäßen Wohn- und Gewerbenutzung zugeführt. Das Ensemble besteht aus drei Gebäudeteilen: dem viergeschossigen Eingangsgebäude (Schlossstraße 12) mit schmuckreich gestalteter Putzfassade, dem Fachwerkmittelbau und dem vor der Sanierung vier-, jetzt zweigeschossigen Mittelbau und dem Gebäude in der Klosterstraße 5. Die Anordnung der Baukörper bildet einen halboffenen geschützten Innenhof mit Ausrichtung nach Süd-Osten.

Umbau und Sanierung
unter nachhaltigen Gesichtspunkten

Der Vorschlag des Nutzungskonzepts des neuen Eigentümers sah vor, dass im Zuge der denkmalgerechten Instandsetzung komfortable Wohnungen in Größen von 60 bis 184 m² Wohnfläche entstanden. Alle Wohnungen sollten mit einem Balkon oder einer Gartenterrasse ausgestattet werden. Zur Aufwertung der Außenraumqualität war – trotz des Denkmalstatus – der Abbruch von zwei Geschossen des Mittelbaus angedacht, so dass ein begrünter, heller Innenhof entstehen konnte. Die Schweriner Architektin Antje Forejt begann 2011 mit Analyse, Planung und Durchführung der Sanierungsarbeiten.

Energetisches Konzept

Ein sorgfältig geplantes energetisches Konzept war für die Sanierung im Rahmen des Denkmalschutzes dringend geboten. Neben der Dämmung der Gebäudehülle wurde ein neuer Fernwärmeanschluss geschaffen, der die Fernwärme in Kraft-Wärme-Koppelung erzeugt und somit CO2 einspart. Am Ende erreichte man für den Gebäudeteil an der Klosterstraße den KfW-Effizienzhaustandard 85 und für die Schlossstraße 12 KfW-Effizienzhaustandard 115.

Die Dämmung hinter den Fassaden mit Schieferbekleidung wurde mit 16 cm Außendämmung versehen. An die maroden und teilweise feuchten Stuck- und Fachwerkfassaden sollte eine kapillaraktive Innendämmung angebracht werden. Forejt entschied sich für die keramische Wärmedämmfassade „Poroton-WDF“ von Schlagmann, ein kapillaraktiver, diffusionsoffener Dämmstoff, mit dem – neben allen denkmalschützenden Gründen – auch ökologisch und wirtschaftlich gedämmt werden kann.

Innendämmung zur Rettung der Fassaden

„Poroton-WDF“ besteht aus massivem Ziegel mit natürlicher Perlitfüllung und ist sowohl zur Innen- als auch zur Außendämmung einsetzbar. Aufgrund des äußerst niedrigen Wärmeleitwerts des Dämmbaustoffes ließen sich die Bestandswände energetisch auf Neubauniveau anheben. Teilweise ergab sich daraus sogar eine Verbesserung der Wärmedämmeigenschaften um das Fünffache. Auch aus Sicht des Brandschutzes verhalten sich die Materialien Ziegel und Perlit optimal, was für die Architektin ein besonderes Auswahlkriterium war. Vor allem die Sanierung der feuchten Wände war im Hinblick auf die Energiebilanz wichtig; zudem eine schwierige Angelegenheit. Hier ermöglichen die diffusionsoffenen Eigenschaften der kapillaraktiven Innendämmung durch den Erhalt des Trocknungspoten­tials eine längerfristige Trocknung bereits vorgeschädigter Bauteile. Die hygroskopische Speicherfähigkeit einer diffusionsoffenen, kapillaraktiven Innen­däm­mung puffert Feuchtespitzen der Innenraumluft und trägt zur Regulierung des Innenklimas bei. Die Kapillaraktivität sorgt für eine schnelle und großflächige Verteilung der Feuchte in der Dämmung während der Winterperiode. Dadurch wird die Trocknung beschleunigt und die Dämmwirkung verbessert.

Im Abstand von einigen Zentimetern mauerten die Handwerker die Wärmedämmfassade im Dünnbettmörtelverfahren in einer Dicke von 180 mm vor der Bestandswand auf. Den verbleibenden Zwischenraum füllten sie mit Hinterfüllmörtel auf. Als Endbeschichtung wurde ein herkömmlicher Rotkalkputz in einer Dicke von 15 mm aufgebracht.

Gestaltung im Rahmen des Denkmalschutzes

Die Stuckfassade des Hauptgebäudes wurde entsprechend dem historischen Bestand restauriert. Fensterteilungen und Farbgebung stellten die Handwerker in Anlehnung an den Originalzustand wieder her. Leider war der Zustand der hinteren Fassaden mehr als marode. Es stellte sich heraus, dass man die Fassade des Verbindungsgebäudes seinerzeit als Sichtfachwerk ausgeführt hatte, die Rückseiten der beiden Kopfbauten hingegen mit einer Verkleidung aus Schieferschindeln versehen waren. Diese Gestaltung nahm man auch im Sanierungsentwurf wieder auf, um die Trennung der einzelnen Gebäude auch an der Fassade ablesbar zu machen.

Um mehr Tageslicht in die niedrigen Dachgeschosse zu bringen, wurden in den Gebäuden der Schlossstraße 12 und Klosterstraße 5 Loggien eingefügt. So blieben die Auflagen des Denkmalschutzes bezüglich der Fassaden zur Straße unangetastet. Auf dem Dach des Gewölbekellers entstanden für die angrenzenden Wohnungen Terrassen. Die übrige Fläche wurde als Gründach ausgeführt.

Endlich eine sinnvolle Nutzung

Die heutige Nutzung ist eine Mischung aus Wohnungen und Gewerbeeinheiten, Mietern und Eigentümern, Jung und Alt. Im Erdgeschoss der Schlossstraße 12 befinden sich heute Läden. Im gesamten ersten Geschoss ist eine Praxis eingezogen. Im restlichen Gebäude entstanden unter Anpassung an das Denkmal insgesamt zwölf, sehr individuelle Wohnungen in unterschiedlichen Größen. Der historische Gewölbekeller ist das Verbindungsglied für alle Gebäudeteile. Er dient als Fahrradkeller und kann auch für gemeinsame Veranstaltungen genutzt werden.

Autorin
Sabine Heinrich-Renz ist Inhaberin der Agentur Heinrich-Renz PR und Kommunikation in München und unterstützt die Firma Schlagmann Poroton bei der Pressearbeit.
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