Grundlagenwissen Lacktechnologie, Teil 3: Polyurethanharzlacke
Sie stehen für witterungsstabile, belastbare und langlebige Funktionsbeschichtungen im Innen- und Außenbereich: Polyurethanharzlacke. Im dritten Teil unserer Serie zur Lacktechnologie stellen wir die robusten PU-Systeme vor, die bei Handwerkern und Kunden durch ihre geringe Geruchsbelästigung punkten.
Der Durchbruch in der Polyurethantechnologie begann in den 1940er Jahren und wurde durch ein Entwicklerteam um den deutschen Chemiker Otto Bayer eingeleitet. Zunächst lag der Fokus auf Schaumstoffen und Klebern. Erst viel später wurden Polyurethane in der Lackindustrie eingesetzt. Heute schätzt man einen jährlichen weltweiten Verbrauch von etwa 325 000 Tonnen (2017). Das größte Einsatzgebiet ist die industrielle Serienbeschichtung, aber auch im Baufarbenmarkt werden wässrige Polyurethanlacke aufgrund ihrer Vorteile immer beliebter.
Unterschiedliche Systeme
Grundsätzlich kann der Handwerker auf verschiedene Varianten zurückgreifen: auf 1-Komponenten-Systeme, bei denen die Reaktionspartner schon gemischt sind, auf 2-Komponentensysteme, bei denen die Komponenten getrennt gehalten werden müssen und auf schon „im Vorfeld“ abreagierte Polyurethan-Dispersionen. In allen Fällen erfolgt die Filmbildung durch eine Additionsreaktion von freien Isocyanatgruppen mit geeigneten Partnern. Ist dieser Partner ausschließlich die Luftfeuchtigkeit, spricht man von feuchtigkeitshärtenden PU-Lacken. Ein weiterer Typ 1K-PU-Lack basiert auf so genannten „blockierenden“ Isocyanaten, die bei einer bestimmten Temperatur vom Isocyanat abgespalten werden. Typische Vertreter dieser Art von Polyurethanen sind die PU-Pulverlacke, die vor allem in der industriellen Serienbeschichtung zum Einsatz kommen.
Bei den klassischen 2-Komponentensystemen reagieren die freien Isocyanatgruppen mit einer polyhydroxyfunktionellen Verbindung. Diese Reaktion findet spontan bei Raumtemperatur statt. Deshalb werden Stammlack und Isocyanathärter hier getrennt gehalten und erst bei Gebrauch in einem festgelegten Verhältnis miteinander vermischt. Vorteil der 2-Komponentenlacke ist die hohe Vernetzungsdichte zwischen Isocyanaten und Polyolen, die bei keiner anderen Bindemittelgruppe so ausgeprägt ist. Durch den beschriebenen Vernetzungsvorgang erklären sich die hervorragende Langlebigkeit und Oberflächenhärte, die Flexibilität und UV-Stabilität sowie die chemische Beständigkeit gegen aggressive Substanzen und die gute Haftung zum Untergrund.
Wasserbasierte Alternativen
Polyurethan-Systeme gab es lange Zeit nur auf Lösemittelbasis. Im Baufarbenbereich erobern aber immer mehr 1-komponentige wasserbasierte Systeme den Markt. Vor allem ihre Widerstandsfähigkeit und damit ihre Kratzunempfindlichkeit prädestiniert sie für den Einsatz in stark frequentierten Bereichen. Diese neuen Polyurethanharzlacke können sogar im Vergleich zu den schon sehr robusten Alkydharzsystemen in Sachen Oberflächengüte – also Härte bei gleichzeitiger Flexibilität und Beständigkeit – punkten oder zumindest gleichziehen. Vor allem aber werden sie wegen der geringen Geruchsbelästigung bei Handwerkern und Auftraggebern geschätzt. Im Außenbereich zeichnen sich Polyurethanlacke vor allem durch ihre gute Wetterstabilität aus. Neben der Alkalibeständigkeit überzeugen sie darüber hinaus durch Eigenschaften wie Blockfestigkeit, Handschweißresistenz und die Beständigkeit gegen haushaltsübliche Reinigungsmittel. Damit ist das Anwendungsspektrum der PU-Systeme nicht nur auf den privaten Bereich beschränkt, sondern es eröffnen sich auch Einsatzmöglichkeiten in gewerblich genutzten Objekten und im öffentlichen Raum.
Grundierung empfohlen
Für die Anwendung von Polyurethan-Systemen gelten bei der Oberflächenvorbereitung und Reinigung dieselben Bedingungen, wie in der Verarbeitung von Alkyd- und Acrylatsystemen: Alle zu beschichtenden Flächen müssen sauber, trocken und tragfähig hergestellt werden. Dies ist die Basis für langlebige und robuste Oberflächenveredelungen.
Da 1-Komponenten PU-Systeme nicht generell als Ein-Topf-Systeme genutzt werden können, empfiehlt sich je nach Untergrund eine Haftgrundierung einzusetzen. Diese dient als Fundament für kritische Untergründe wie Zink, weitere NE Metalle oder auch für den Einsatz auf Holzuntergründen und Altlackierungen.
AutorBenedikt Müller-Wortmann ist Leiter der Anwendungstechnik bei der CD-Color GmbH & Co. KG in Herdecke.
Weitere Teile der Beitragsserie Grundlagenwissen der Lacktechnologie
Produktindex
Bei dem auf den Fotos gezeigten Beispiel einer Renovierung einer abgenutzten Zimmertür mit einem PU-System wurden folgende Produkte eingesetzt:
Grund und Schlussbeschichtung
Werkzeuge