Hochwasserschutz mit Trockenbau für Hotel in Passau
Wie kaum eine andere Stadt in Deutschland gilt Passau als hochwassergefährdet. Für die Besitzer des Hotels „Residenz“ am Ufer der Donau war deshalb klar: Im Zuge einer Erweiterung sollten auch Lösungen gefunden werden, die die Räume so gut es geht vor Wasserschäden schützen.
Das Hotel „Residenz“ in Passau sollte mit seinen bis dahin 50 Gästezimmern durch den Ausbau eines benachbarten historischen Gebäudes in der Passauer Pfaffengasse 1 erweitert werden. Wie die Hausnummer 1 vermuten lässt, handelt es sich hierbei um das dem Donauufer nächstgelegene Gebäude der Gasse. Die regelmäßigen Anstiege der Donau sorgen dafür, dass die im Erdgeschoss befindlichen Gewölbe, die als Keller, Lagerräume und Garagen genutzt werden, immer wieder überflutet werden. In den letzten 60 Jahren wurde sogar auch das bislang zu Wohnzwecken genutzte erste Obergeschoss dreimal überflutet. Jedes Mal blieben erhebliche Schäden zurück. Beim letzten Hochwasser im Jahr 2013 standen sogar die Tragbalken der Decke des ersten Obergeschosses im Wasser.
„Das historische Gebäude, das nach der Sanierung vier Hotel-Appartements beherbergt, wurde zwischen 1668 und 1690 errichtet. Ein geschichtsträchtiges Haus, dessen Charme und dessen an sich gute Bausubstanz es unbedingt zu erhalten galt“, erläutert Doris Eizenhammer, verantwortliche Projektleiterin beim Passauer Architekturbüro Wörlen + Partner.
„Voraussetzung für eine dauerhaft erfolgreiche Sanierung waren geeignete Konstruktionsarten und Materialien, auch und gerade für die raumbildenden Ausbauten in Trockenbauweise“, erzählt Doris Eizenhammer weiter. Doch nicht nur im Inneren sind dem Hochwasserschutz spezielle Maßnahmen geschuldet, auch das Gebäudeäußere wurde entsprechend verändert. So wurde etwa ein neues Pultdach aufgesetzt, wodurch ein Durchgang im obersten Stockwerk zum bestehenden Hotelgebäude entstand. „Durch diesen ist es möglich, das Gebäude zu evakuieren, wenn das untere Stockwerk bereits unter Wasser steht und der Pegelstand weiter steigt“, sagt Architektin Eizenhammer.
Optisch ansprechend und wasserabweisend
In enger Abstimmung mit den Architekten entwickelte die Trockenbau Veicht GmbH aus Untergriesbach individuelle Konstruktionslösungen für die vier Appartements. Neben dem Hochwasserschutz und dem ästhetischen Anspruch eines Vier-Sterne-Hotels mussten dabei insbesondere die Vorgaben des Denkmalschutzes erfüllt werden. An einigen Stellen sollte die historische Bausubstanz nicht nur konstruktiv geschützt, sondern auch deutlich sichtbar in den Innenausbau integriert werden. „Den Anfang machte das Appartement Nummer 1, das im Maisonette-Stil angelegt ist und sich vom ersten Obergeschoss bis ins Dachgeschoss erstreckt“, so Geschäftsführer Roland Veicht. „Optisch werden die Appartementräume im Obergeschoss durch einen abgesetzten Randfries, indirekte Beleuchtung mit in die abgehängten Decken integrierter LED-Lichtleisten, Vorhangnischen, eine integrierte Lüftung sowie eine abgestufte Treppenlaibung mit Aufgang ins Dachgeschoss geprägt. Der Hochwasserschutz bleibt im Verborgenen“.
Die gesamten Decken im ersten Obergeschoss bildete das Trockenbauteam wasserresistent aus: Als Unterkonstruktion wählte man besonders korrosionsgeschützte Rigips-Profile der Klasse „C5M-hoch“ nach DIN EN ISO 12944. Die blau beschichteten Profile wurden in einem Achsabstand von 400 mm montiert und rund 150 mm tief abgehängt. Die Beplankung erfolgte einlagig mit ebenfalls wasserresistenten „Rigips Aquaroc“-Platten. Diese zementgebundenen Platten, unter anderem entwickelt für den Einsatz in Schwimmbädern oder Großküchen und Wäschereien, bieten größtmöglichen Schutz vor feuchtebedingten Schäden selbst in hoch beanspruchten Nassräumen – oder eben bei Hochwasser. „Die Bearbeitung und Montage der Platten glich im Grunde der von normalen Hartgipsplatten. Die Platten können einfach mit einem Cuttermesser angeritzt und dann sehr exakt gebrochen werden. Und auch die Verschraubung der Platte an der Unterkonstruktion erfolgt mit den korrosionsbeständigen ,Rigips Gold Schnellbauschrauben’ gewohnt effizient, sauber und sicher. Diese unkomplizierte Montage erleichterte es uns auch, die aufgrund der integrierten Lüftungsanlage hohe Installationsdichte im Deckenzwischenraum unterzubringen“, so Roland Veicht.
Im Dachgeschoss von Appartement 1 musste zusätzlich eine Dachschräge in zwei unterschiedlichen Neigungen in F 30 bekleidet und mit seitlicher Abkofferung der Mauerpfetten sowie einer Ausbildung der Gradsparren realisiert werden. Zum Einsatz kamen hierfür „Rigips Feuerschutzplatten RF“. „Darüber hinaus haben wir eine Ständerwand mit großen Aussparungen für die Auslässe der Lüftungsanlage erstellt. Da sich hinter dieser Wand der Sanitärbereich befindet, wurde zwischen Dusche und Treppenaufgang ein Glaselement mit elektrisch bedienbaren Fensterläden integriert“, erklärt der Trockenbauprofi.
Detailgenaue Anarbeitung der Deckenflächen an die historische Bausubstanz
Auch an der historischen Decke von Appartement 2, komplett im ersten Obergeschoss gelegen, stand im Sommer 2013 das Hochwasser. Entsprechend wurde auch sie im Zuge der Sanierung mit einer abgehängten „Rigips Aquaroc“-Decke ausgestattet. Als relativ zeitaufwendig stellten sich die minimale Abhängehöhe sowie das exakte, fast schon millimetergenaue Anarbeiten der Platten an die Wände des Obergeschosses heraus. „Diese waren weder gerade noch rechtwinklig in den Eckbereichen. Aber das macht eben auch den Charme eines Gebäudes aus dem 17. Jahrhundert aus“, nahm es Roland Veicht sportlich. Eine weitere Herausforderung wartete im zukünftigen Bad, wo eine Sonderkonstruktion aus 80 x 40 x 5 mm Rechteckrohren die Glasschiebelemente der Dusche aufnehmen sollte. An diese Rahmenkonstruktion montierten die Handwerker zudem die Profile der hier freitragend ausgebildeten Decke. Die Decke sollte dabei eine größtmögliche Reversierbarkeit sicherstellen, was mit Revisionsklappen aus vor Ort angepassten Aluminium-T-Profilen und „Aquaroc“-Platten ausgeführt wurde. Gleichzeitig durfte die Decke aber nur die minimal mögliche Abhängtiefe aufweisen, um die ohnehin geringe Raumhöhe nicht weiter zu verringern.
Eine Sonderkonstruktion war auch für Appartement 4 im Dachgeschoss gefragt: Dort mussten große, etwa 350 kg schwere Glasschiebeelemente mit darüberliegenden, seitlichen Abkofferungen, in die Bücherregale intergriert sind, als unabhängige Bauteile von den flankierenden Wänden und Decken getrennt werden, um Risse und Durchbiegungen zu vermeiden. „Die Konstruktion musste Dachlasten etwa durch Schnee auf alle Fälle standhalten, da bereits bei kleinster Durchbiegung die Schiebeelemente mit nur wenigen Millimetern ,Bodenluft’ nicht mehr einwandfrei funktioniert hätten. Gelöst haben wir dies über eine Sonderkonstruktion, bestehend aus zwei Stahlrohren als Unterzug über den Führungsschienen, doppelten UA-Profilen gemäß Rigips-System ,XL’ als Weitspannträgerdecke und einem gleitenden Deckenanschluss an die Dachschräge.“
Moderner Trockenbau neben historischem Naturstein
Neben dem „klassischen“ Trockenbau-Know-how war vom Ausbauteam auch immer wieder Geduld und ein hohes Maß an Detailgenauigkeit gefragt – insbesondere aufgrund der historischen Bausubstanz. „In Appartement 3 etwa sollten die von Hand gehauenen Deckenbalken nach der Sanierung sichtbar bleiben. Entsprechend mussten auch hier die ,Aquaroc’-Platten einzeln angepasst und angearbeitet werden, genauso wie an zum Teil vorhandene Gewölbebögen über Fenstern und zwischen den Räumen. Dies war auch Teil des architektonischen Konzeptes: Die neu eingebrachten Trockenbaukonstruktionen sollten visuell einen Kontrast zu den alten Materialien wie zum Beispiel auch zur freigelegten Natursteinwand im Treppenhaus bilden“, so Roland Veicht. Ein Kontrast, der umso besser zur Geltung kommt, weil auch größtes Augenmerk auf die Oberflächenqualitäten der Trockenbauwände und -decken gelegt wurde. So sorgt die „streiflicht-resistente“ Ausführung in Q 4 an vielen Stellen für beeindruckende Raumerlebnisse.
„Last but not least“ waren auch die Brandschützer der Trockenbau Veicht GmbH gefragt: Im Treppenhaus galt es, einen Haustechnikraum und mehrere Schachtwände sowie die freitragende Treppenhausdecke gemäß Brandschutzanforderungen F 90 auszuführen. Das kleine historische Gebäude in so exponierter und gefährdeter Lage forderte die Trockenbauprofis also in vielfältiger Weise.
Autoren
Martin Büsch ist Leiter Kommunikation und Marketing, Karin Melder Projektmanagerin für Messen, Events und Promotion bei der Saint-Gobain Rigips GmbH in Düsseldorf.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr Hotel Residenz, Passau,
Planer Wörlen + Partner Architekten, Passau,
Ausbaubetrieb Trockenbau Veicht, Untergriesbach, www.trockenbau-veicht.de
Fachberater Trockenbausysteme
Bernd Fischer, Saint-Gobain Rigips, Düsseldorf,