Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Kunst kommt von Können. Von Handwerkern wird wie selbstverständlich verlangt, dass sie das, was man sich vorstellen kann, auch praktisch ausführen können. Was dann aus der Ferne so spielerisch und locker und leicht aus dem Handgelenk geschaffen aussieht, gründet aber auf handwerklicher Begabung und täglicher Übung. So mancher Heimwerker denkt sich dann: das kann ich auch. Das ist aber mitnichten der Fall. Übung ist die Grundlage jeder Zunft; denn es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Handwerk ist zu allererst Praxis, welche die Theorie bestätigt und nicht umgekehrt. Das erscheint in einer kopflastigen Gesellschaft, als werde das Pferd von hinten aufgezäumt. Ist aber nicht so. Nehmen wir zum Beispiel die alten, fast schon vergessenen Handwerkstechniken, wie die Herstellung von Rabitz oder Stuckmarmor. Diese Techniken haben nur deshalb überlebt, weil sie ein Handwerker geübt hat und daher noch heute ausführen kann. Alle Theorie nützt da wenig.
So stellte sich bei der ab Seite 24 in dieser Ausgabe der bauhandwerk beschriebenen Sanierung des Hauptgebäudes der Erich-Viehweg-Mittelschule in Frankenberg die Frage, wer denn überhaupt den geforderten Kellenwurfputz noch ausführen kann. Damit nach Abschluss der Arbeiten an der ganzen Fassade nur die Handschrift eines Handwerkers ablesbar bleibt, musste das komplette Gewerk zudem von einem einzigen Stuckateur ausgeführt werden, der wie Hartmut Thomas diese alte Handwerkstechnik noch bestens beherrscht.
Aber nicht nur in der Sanierung und Restaurierung, sondern auch im Neubau sind alte Handwerkstechniken wieder gefragt, wie der Neubau einer Villa in Berlin ab Seite 30 in diesem Heft zeigt. Dort brachten die Handwerker nicht nur die gewünschte Bossenmauerwerksoptik mit modernem Dämmputz auf die Fassade, sondern zogen daraus auch mit Lehren die Gesimse und die profilierten Fenstergewände. Selbst die statisch erforderlichen Säulen aus Beton erhielten eine Stuckverzierung. Die Arbeit des Handwerks ist in der modernen Informationsgesellschaft mehr denn je gefragt, weil sie reale Werte schafft.
Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht
Nicht nur in der Sanierung, auch im Neubau sind alte Handwerkstechniken wieder gefragt