Neubau des Büro- und Geschäftshauses Fürst & Friedrich Düsseldorf
Bei dem vom Büro sop architekten entworfenen Büro- und Geschäftshaus Fürst & Friedrich in der Düsseldorfer Innenstadt besteht sowohl die Fassade des Neubaus als auch die davon eingerahmte neoklassizistische Bestandsfassade aus Sandstein. Verbindendes Element ist Glas.
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Eine rund 21 m hohe und etwa 116 m lange Neubaufassade umrahmt die historische Natursteinfassade der ehemaligen West-LB-Zentrale an der Düsseldorfer Friedrichstraße. Der moderne Neubau gibt dem Bestand von 1895, ein Relikt der ehemaligen preußischen Rheinprovinz mit den Stadtwappen von Köln, Koblenz, Düsseldorf, Aachen und Trier, den notwendigen Raum, um wirken zu können. „Vorher war die alte Fassade Anfang der 1950er Jahre auch schon umbaut worden“, erzählt Wolfgang Marcour, geschäftsführender Gesellschafter bei sop, der das Projekt betreut hat. „Doch während diese Variante wirkte, als würde der Bestand von dem damaligen Neubau regelrecht in die Zange genommen, wollten wir mit einer einfachen Lochfassade einerseits und einer gebäudehohen, den Bestand einrahmenden Glasfassade andererseits, die historische Fassade freistellen. Dies war der erste Entwurfsgedanke und so haben wir es am Ende auch realisiert. Oft ist der erste Gedanke der beste.“
Struktur und Organisation
An der Straßen- und Gebäudeecke Fürstenwall und Friedrichstraße zieht zudem eine ebenfalls gebäudehohe, schräg gestellte Wand den Besucher regelrecht in das Gebäude hinein. Das liegt zum einen an der einladenden Geste, mit der sich das Gebäude hier auch dem auf der anderen Seite liegenden Kirchplatz öffnet, zum anderen daran, dass die neue Sandsteinfassade der schräg gestellten Wand im zweigeschossigen Foyer fortgeführt wird. „Das Foyer ist das Herz des Hauses“, erklärt Marcour. „Hier befindet sich die Haupterschließung und der Schwerpunkt der Gebäudeorganisation.“ Drei Panoramaaufzüge und mehrere Galerien mit bewusst modern gestalteten Besprechungsboxen beleben das Gebäudezentrum. Ein 17 m hoher Luftraum ermöglicht hier aus fünf Geschossen auch von innen einen freien Blick auf die Bestandsfassade, wobei ab dem zweiten Obergeschoss der Abstand zwischen Fassade und Galerien variiert.
Im Gegensatz zum historischen Erscheinungsbild an der Außenseite wird im Inneren zwar die Fensteranordnung erhalten, die Wandfläche wird allerdings durch ihre Sichtbetonoptik dominiert. Um nämlich die Standsicherheit der nicht unter Denkmalschutz stehenden Wand zu gewährleisten, wurde diese durch eine neue, innere Stahlbetonwand gestützt.
Ertüchtigung mit Beton
Die erste Maßnahme in Bezug auf die Bestandsfassade war zunächst ihre Sicherung durch ein Stahlgerüst mit entsprechend großen Betonfüßen sowie das Unterfangen durch eine Hochdruckinjektion. Über horizontale Stahlträger und -riegel, die in den Fensteröffnungen eingespannt wurden, konnte das Gerüst fest mit der Wand verbunden werden, ohne diese zu beschädigen. Nach dieser Sicherung konnte die Wand vom Altbau getrennt und das übrige Gebäude abgerissen werden. Anschließend wurden auf der Innenseite der Wand die dickeren Putzschichten abgetragen und Fehlstellen begutachtet, absturzgefährdete Teile gesichert sowie Steine ausgetauscht. Nachdem die Oberfläche soweit vorbereitet war, konnte Stück für Stück die neue Betonwand gegossen werden. „Wir konnten die Wand tatsächlich nur in 1 m hohen Abschnitten, jeweils über die gesamte Länge, erstellen, da sonst der Druck des Frischbetons auf die alte Wand zu groß geworden wäre“, erläutert Bauingenieur Ingo Müllers, Projektleiter bei der Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH. „An dieser Stelle brauchten alle viel Geduld, aber technisch war es nicht anders durchführbar.“ Während eine Betonwand üblicherweise zwischen zwei Schalwänden aufgebaut wird, wurde hier der Beton direkt gegen die Dämmung, die von innen vor die Wand gesetzt worden war, gegossen. Die Verbindung zwischen Bestands- und neuer Betonwand stellten die Handwerker über Edelstahlanker her. Die über eine Bohrung in das Mauerwerk mit Kleber eingebrachten Anker gossen sie anschließend in den Beton ein. Die 1-m-Abschnitte sind an der Sichtbetonoberfläche ablesbar.
Restaurierung der Fassade
Erst nachdem die Standsicherheit der historischen Fassade durch die Betonwand gewährleistet war, konnte das Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser mit der Restaurierung der Wand von außen beginnen. Das Unternehmen ist nicht nur in der Restaurierung von Gebäuden wie dem Magdeburger Dom und der Rekonstruktion von historischen Bauten wie dem Museum Barberini in Potsdam oder dem Berliner Schloss tätig, sondern auch im Neubau wie zum Beispiel dem Besucherzentrum am Heidelberger Schloss. Folgerichtig übernahmen das Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser nicht nur die Restaurierungsarbeiten an der Bestandfassade, sondern auch die Arbeiten an der Sandsteinfassade des Neubaus.
Die Bestandsfassade wurde dafür zunächst kartiert und mit Wasser sowie partiell mit einem substanzschonenden Mikrostrahlverfahren gereinigt. Anschließend führten die Handwerker die statisch erforderlichen Sicherungsarbeiten in den Sturzbereichen durch, verschlossen Risse und Fehlstellen je nach Größe mit Restaurierungsmörtel oder ergänzten diese durch Vierungen. Teilweise mussten Neuteile hergestellt und eingebaut werden. Verwendet wurde dafür der am besten zum Bestand passende Königgrätzer Sandstein. „Die Bearbeitung betraf dabei die sehr stark beschädigten Bereiche der Fassade sowie Bereiche mit Wasser führenden Ebenen wie Gesimse, Fensterverdachungen und Fensteranschlussbereiche“, berichtet der Geschäftsführer des Bamberger Natursteinwerks, Hermann Graser. „Schließlich haben wir noch die schadhaften Fugen erneuert. Hydrophobiert wurde die Fassade nicht.“ Die Hydrophobierung von Naturstein sei im Zusammenhang mit Restaurierungsarbeiten in den 1980er und 90er Jahren forciert worden. Heute wisse man, dass außer positiven Effekten der wasserabweisenden Wirkung einer Hydrophobierung auch zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen auftreten können. Es habe sich daher gezeigt, dass eine Hydrophobierung nur in individuellen Einzelfällen einen Nutzen hat, so der Natursteinexperte.
Anschluss an den Neubau
Bei den ebenfalls von der Bamberger Firma ausgeführten Natursteinarbeiten am Neubau muss man verschiedene Fassadenbereiche unterscheiden: Zum einen die Lochfassaden aus weiß grauem Mainsandstein, die sich bis ins Foyer hineinziehen, zum anderen die aus Königgrätzer Sandstein hergestellte Fassade, die die Verbindung herstellt zwischen der Bestandswand und dem in diesem Bereich um etwa 3,20 m hinter die alte Fassade zurückversetzten Neubau. Für den Anschluss der historischen Fassade an den Neubau sollte die Kontur der Bestandsfassade um die Ecke geführt werden. Hierfür wurde zunächst der durch den Abbau des Rückgebäudes entstandene Anschluss zurückgearbeitet, um so einen sauberen Übergang herzustellen. Die Ergänzung erfolgte dann als Mauerwerksfassade mit massivem Stein. Auch hier wurde wie bei den Ergänzungen der alten Wand mit dem Königgrätzer Sandstein gearbeitet. Und auch diese neue Wand wird „durch die Glasfassade“ in das Foyer hineingeführt. „Bei der Verbindung zwischen Bestand und Neubau wurde ein Anschluss geschaffen, der wesentliche Elemente beider Fassaden aufgreift. So wurden aus dem Neubau die klaren Linien übernommen, während sich das Plattenformat an der Bestandsfassade orientiert“, so Graser. Die Glasfassade, die sich links des Bestandes großflächig über sechs Felder in der Breite und der Höhe zeigt, rahmt den Bestand wie ein Tor ein, da auch oberhalb und rechts der historischen Fassade eine klare Fuge durch die Fortführung der Glasfläche als Band gesetzt wurde.
Die übrigen Neubaufassaden sind mit großformatigen Fassadenplatten (etwa 1,35 x 0,90 cm) aus weiß-grauem, geschliffenem Mainsandstein aus dem firmeneigenen Steinbruch verkleidet. Die schräg gestellten Fensterlaibungen der Lochfassade führten die Handwerker im Kontrast dazu liniengespalten mit einer besonders rauen Oberfläche aus. Die Fassadenplatten montierten sie als hinterlüftete Vorhangfassade. Dabei erfolgte die Befestigung der Platten weitestgehend mit Mörtelverankerung sowie in Teilbereichen mit Konsolankern und Unterkonstruktionen. Auch für die Entscheidung, der Fassade durch eine Tiefe der Fensterlaibungen von 40 cm mehr Plastizität und Lebendigkeit zu verleihen und dafür auf vermietbare Fläche zu verzichten, hatte der Bauherr den Blick.
Eine Besonderheit gab es noch an der schräg gestellten Wand. Um hier eine materialgerechte haptische Wirkung zu erzeugen, ist die spitzwinklige Gebäudeecke in den unteren beiden Geschossen nicht mit Platten verkleidet, sondern massiv ausgeführt.
Pilzkopfdecken
Statisch ist die imposante Flankenwand hingegen keine Besonderheit, auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag. „Die schräge Wand ist vereinfacht ausgedrückt nur eine große Wand, die schräg steht. Sehr viel ungewöhnlicher ist die Betondecke, die oberhalb der historischen Wand verläuft“, erklärt Statiker Müllers. „Diese haben wir auf Grund der sehr großen Spannweite als vorgespannte Kragdecke konstruiert und entsprechend mit Spanngliedern ausgeführt.“
Auch das übrige Deckensystem des Neubaus weist eine Besonderheit auf: Statt einer normalen Flachdecke mit 28 cm entschieden sich Statiker, Architekt und Bauherr für Pilzkopfdecken, die im Bereich der Stützen zwar 43 cm, in den übrigen Bereichen dafür nur 23 cm dick sein mussten. Die zusätzlichen 5 cm Raumhöhe waren für den Auftraggeber, wie auch das gesamte Ensemble, ein echter Gewinn.
Fazit
Obwohl der historische Bestand nicht unter Denkmalschutz stand, wurde er dennoch von den Architekten und dem Bauherrn als erhaltenswert eingestuft. Es ist sehr bemerkenswert, dass der Bauherr so kooperativ war und den großen (auch finanziellen) Aufwand auf sich genommen hat, die Fassade sanieren zu lassen. Eine Rekonstruktion, die vermutlich wesentlich günstiger gewesen wäre, hätte nicht die gleiche Authentizität aufgezeigt.
AutorinDipl.-Ing. Nina Greve studierte Architektur in Braunschweig und Kassel. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Lübeck (www.abteilung12.de) und ist unter anderem für die Zeitschriften DBZ, bauhandwerk und dach+holzbau tätig.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr
Art-Invest Real Estate, Köln, www.art-invest.de
Architektur
sop architekten, slapa oberholz pszczulny | architekten, Düsseldorf, www.sop-architekten.de
Statik
Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft, Düsseldorf, www.schuessler-plan.de
Rohbauarbeiten
August Prien Bauunternehmung, Köln, www.augprien.de
Natursteinarbeiten
Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser, Bamberg, www.bamberger-natursteinwerk.de