Neubau des Museums Barberini in Potsdam

Das Museum Barberini am Alten Markt in Potsdam ist ein Nachbau eines Gebäudes von 1772. Handwerklich war es eine Herausforderung – und: sie ist mehr als geglückt. Diese Rekonstruktion macht dabei nicht an der Fassade halt, sondern wird bis ins Innere fortgeführt.

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Dass das zu Beginn dieses Jahres in Potsdam eröffnete Museum Barberini ein Neubau ist, sieht man ihm nicht auf den ersten Blick an, schaut es doch exakt so aus wie der Neubau an gleicher Stelle vor über 250 Jahren. So lange ist es nämlich her, dass Friedrich der Große das Palais Barberini am Alten Markt erbauen ließ: Eine beeindruckende Fassade zum Alten Markt hin, mit einem einfachen Bürgerhaus dahinter. Die imposante Fassade musste sein, weil Friedrich der Große für seine Residenzstadt repräsentative Bauten brauchte. Vorbilder hierfür fand er bei den Baumeistern der italienischen Renaissance und beauftragte die Architekten Georg Christian Unger und Carl von Gontard 1771/72 mit den Entwürfen. Für den Bau eines solch prachtvollen Gebäudes brauchten die Architekten damals wie heute hervorragende Handwerker. Die besondere Herausforderung bestand für die Handwerker heute vor allem darin, dass die Rekonstruktion des Palais hinter der überwiegend in traditioneller Technik wieder hergestellten Fassade nicht endet. Alte Handwerkskunst war beim Wiederaufbau auch im Inneren gefragt.

Kunst hält Einzug ins Palais

Aber was hat ein Museum, das Kunst von den Alten Meistern bis zur Gegenwart zeigt, in einem als Palast getarnten bürgerlichen Wohnhaus zu suchen? Auch das Palais Barberini hat in seiner Geschichte unterschiedliche Nutzungen erlebt. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts ließ Friedrich Wilhelm IV. das Gebäude zu einem Gesellschaftshaus umbauen. Investoren waren seinerzeit die Maurermeister Heinrich Zech und Adolph Wilhelm Hecker, Architekt der Potsdamer Ludwig Persius. Mit dem Umbau kamen auf der Gebäuderückseite zwei Seitenflügel hinzu. Nun bot das Palais Platz für Musik, Literatur und bildende Kunst. „Nach seiner Wiedererrichtung als Museum knüpft das Palais Barberini an seine frühere Bestimmung als kulturelles Zentrum an“, sagt Ortrud Westheider, Direktorin des Museums. Als Instanz für das kulturelle Leben weit über die Grenzen der Stadt hinaus diente das Haus, in dem nach wie vor auch gewohnt wurde, ein halbes Jahrhundert lang bis zum Jahr 1900.

Zehn Jahre später eröffnete darin Potsdams erstes Kino, das sich allerdings nur sechs Jahre hielt. Zwei Maler betrieben zu dieser Zeit auch ein Atelier und eine Mal- und Zeichenschule im Gebäude. 1912 kamen – nachdem die Stadt das Palais erworben hatte – Teile der Stadt- und Militärverwaltung hinzu. Zu dieser Zeit befand sich das Gebäude in einem schlechten Zustand. Reparaturarbeiten wurden aber erst in den 1930er Jahren durchgeführt. In diesem und im vorangegangenen Jahrhundert befanden sich im Palais zudem eine Bücherei, die Fernsprechzentrale, das Standesamt, eine Jungendherberge, die Kohlenstelle und unterschiedliche Verwaltungseinrichtungen. In der so genannten „Nacht von Potsdam“ im Frühjahr 1945 zerstörten alliierte Bomben neben weiteren bedeutenden Gebäuden auch das Palais Barberini.

Handwerklich originalgetreuer Wiederaufbau

Stein des Anstoßes für die Rekonstruktion der Stadtmitte um den Alten Markt herum war der Masterplan zur Rekonstruktion des Potsdamer Zentrums, das im 20. Jahrhundert zweimal bewusst zerstört wurde: Zunächst durch den verheerenden Bombenangriff, drei Wochen vor Kriegsende, und dann durch die weiteren Abrissarbeiten der kommunistischen Machthaber.

Der Wiederaufbau des Stadtschlosses nach Plänen des Architekten Peter Kulka bildete den ersten Baustein des Masterplans, der das Gefälle des Platzes, die Volumina und Baulinien der verschwundenen Gebäude und die Idee der „Leitfassaden“ umfasste: An wichtigen Stellen sollen die Gebäude das Historische, Verlorengegangene wiedererrichten – und das so originalgetreu wie möglich.

Ab 2013 entstand dann in nur drei Jahren Bauzeit das Museum im Palazzo Barberini, das durch die Hasso Plattner Stiftung aufgebaut wurde.

Während es sich sowohl bei den 2016 am Alten Markt direkt neben dem Museum Barberini fertiggestellten Palazzi Chiericati und Pompeji als auch beim 2014 auf der gegenüberliegenden Straßenseite eröffneten Stadtschloss um rein äußerliche Rekonstruktionen handelt, die das historische Stadtbild wiederherstellten, unterscheidet sich die weitgehend originalgetreue Rekonstruktion des Palais Barberini nach Plänen der Berliner Architekten Thomas Albrecht und Frigga Uhlisch vom Büro Hilmer & Sattler und Albrecht  von ihren Nachbarn am Alten Markt, da auch die Kubatur und die Außenmaße sowie das Foyer dem historischen Vorbild folgen. Im Inneren sind die Museumsräume frei von diesen Vorlagen hoch modern gestaltet und mit der neuester Technik ausgestattet.

Rekonstruktion der Fassaden

„Die Fassaden wurden anhand alter Messbilder rekonstruiert“, sagt Heike Welkisch, Projektleiterin beim Bauherrn Museum Barberini gGmbH. „Bei der Schaufassade zum Alten Markt hin weicht einzig die Toreinfahrt rechts des Säulenportikus davon ab.“ Sie ist als Einfahrt für sämtliche Transporte notwendig. Größere Anlieferungen können über einen Lastenaufzug in die Ausstellungsgeschosse transportiert werden.

Die Schaufassade zum Alten Markt und die rückwärtige Fassade des Hauptgebäudes zum Innenhof hin wurden mit traditionellen Handwerkstechniken wiederhergestellt. Hier finden sich neben den historisch belegten Sandsteinelementen und den bossierten Putzflächen auch Betonfertigteile als Schmuckelemente, deren Oberflächen der Steinmetz in Absprache mit der Denkmalpflege zum Teil von Hand scharrierte. So wurden die Dreiecks- und Segmentgiebel über den Fenstern und die Gesimse der Rundbogenfenster mit von Blattornament geschmücktem Schlussstein im Zenit aus Beton gegossen und mit einer mineralischen Zementschlämme übertüncht. Durch den vergleichsweise groben Sandzuschlag der Schlämme gleichen sich die Betonfertigteile in Farbe und Oberfläche dem Fassadenschmuck aus Sandstein an, ohne diesen allerdings zu imitieren, da dem geschlämmten Beton die für Sandstein typische Äderung fehlt.

Die vor den Stahlbetonrohbau gemauerte Backsteinschale verputzten die Handwerker mit Kalkputz, in den sie am Sockelgeschoss mit Vierkantleisten die Fugen der Bossierung einbrachten. Für die erforderliche Wärmedämmung sorgt Mineralwolle zwischen dem Stahlbetonrohbau und der Backsteinschale.

Am handwerklich aufwendigsten gestaltete sich die Wiederherstellung des Fassadenschmucks aus Elbsandstein, den man – wie beim ursprünglichen Bau des Palais Barberini – wieder aus Posta in Sachsen und aus Königgrätz in Böhmen holte. Die Auswahl der passenden Steine für die Platten und für die Säulen mit ihren korinthischen und ionischen Kapitellen und vor allem für die Vasen auf der von einem Zahnfries geschmückten Attika war den Architekten so wichtig, dass sie sich selbst vor Ort im Werk darum kümmerten. Am umfangreichsten gestaltete sich für die Handwerker dabei die Rekonstruktion der Vasen. Diese mussten anhand alter Messbilder gezeichnet und zunächst aus Ton modelliert und dabei immer wieder korrigiert werden, bis sie vom Bildhauer Guntram Kretschmar abgeformt in Gips gegossen wurden. Diese Abgüsse wurden mit einem 3D-Scanner abgenommen von einer CNC-Fräse in den Sandsteinblock übertragen. Die letzten beiden Zentimeter feiner Oberflächenbearbeitung erledigten Steinmetze von Hand. Befestigt wurden die Sandsteinelemente mit Edelstahlkonsolen durch die Backsteinschale hindurch bis in den Stahlbeton der Rohbauwand hinein.

Ausgenommen von dieser Art der traditionellen Rekonstruktion sind die Fassaden der beiden Seitenflügel. Sie erhielten ein Wärmedämmverbundsystem aus Mineralwolle und mineralischem Dickputz. Auch hier stellten die Handwerker die historische Anmutung am Sockelgeschoss mit Bossierungen in Putz und an den Fassaden der darüber liegenden Geschosse mit glatt geputzten Lisenen und Feldern aus rauem Kratzputz wieder her. Bei den Dreiecks- und Segmentgiebeln, Gesimsen der Rundbogenfenster und deren Faschen sowie den Haupt- und Nebengesimsen handelt es sich um Dekoprofile aus mineralischem Material, die farblich gefasst wurden.

Rabitz für Säulen und Decken im Foyer

Die einst offenen Rundbogentore, die eine Durchfahrt bis in den Innenhof erlaubten, wurden auf  beiden Seiten mit Glastüren mit Bronzeprofilen geschlossen. Der Durchgang zur Haveluferpromenade bleibt jedoch bestehen und stellt somit eine gerne angenommene Verbindung vom Alten Markt zur Havel für Potsdamer und Gäste dar. Die Rekonstruktion anhand von Messbildern führten die Architekten im Erdgeschoss auch im Gebäudeinneren fort: Im nun mit Terrazzo als Fußbodenbelag versehenen Foyer bauten die Stuckateure die historisch belegten Kuppelgewölbe, Gurtbögen und die bauchigen Säulen in Rabitz von Hand nach. Hierzu bogen sie aus Edelstahlstangen nach Aufmaß vor Ort die gerippeartige Unterkonstruktion. Damit die Stangen untereinander fest verbunden sind, verrödelten sie deren Kreuzungspunkte mit Draht. Diese tragende Unterkonstruktion hängten sie von der Stahlbetondecke des Rohbaus ab und „bespannten“ sie mit Rippenstreckmetall als Putzträger. Darauf trugen sie von Hand und unter Zuhilfenahme einer Putzmaschine von einer Gerüstebene aus mehrere Lagen faserarmierten Kalkputz auf und zogen die letzte Schicht der Gurtbögen mit einer selbst gebauten Holzschablone ab. Diese Technik wird heutzutage in der Denkmalpfle angewandt, nur in seltenen Fällen im Neubau.

Oberhalb der Bögen und Gewölben aus Rabitz verschwindet die haustechnische Installation. „Das bedeutet, bevor die Decke endgültig geschlossen werden konnte, musste durch die Bauüberwachung die korrekte Ausführung aller Leitungen usw. sehr akribisch kontrolliert werden, da keine Revisionsöffnungen für spätere Korrekturen erwünscht waren und somit auch nicht gebaut wurden“, so Heike Welkisch. Da es im Foyer zum überwiegenden Teil nur schallharte Oberflächen gibt, wurden die von den Gurtbögen gerahmten Deckenfelder der Kuppelgewölbe abschließend mit einem Akustikputz beschichtet.

Ausstellungsräume in den oberen Geschossen

Früher gab es in den Seitenflügeln fünf  Wohngeschosse. Diese hat man beim Wiederaufbau für die museale Nutzung auf die drei Geschosse des Hauptgebäudes reduziert. In den Obergeschossen gibt es zwei Arten von Ausstellungsräumen: Solche mit geraden Lichtdecken und solche mit gebogenen Voutendecken. In den Lichtdeckenräumen montierten die Handwerker LED-Lichtdecken mit einem schallabsorbierenden Spanntuch in eine von der Rohbaudecke abgehängte Tragkonstruktion, die insgesamt von einem Deckenfries in Trockenbauweise gerahmt wird. In den Räumen mit Voutendecken wird das Licht aus LED-Linearstrahlern, die auf den Gesimsprofilen der Trockenbauwände liegen, von den Vouten an die Decke und somit indirekt in den Raum abgestrahlt. Diese Vouten bauten die Handwerker mit Hilfe einer Unterkonstruktion aus gebogenen Metallprofilen, die sie mit Gipskartonplatten beplankten. Die Decken beschichteten sie auch hier mit einem Akustikputz und führten auf der Beplankung der Leichtbauwände und Vorsatzschalen eine flächige Verspachtelung in Q4-Qualität aus. „Die hohe Qualität der Wandflächen ist sogar bei den teilweise dunklen Farbtönen der Wände zu erkennen. Hier würde man jede Unebenheit sofort bemerken“, lobt Projektleiterin Welkisch das Können der Handwerker.

Handwerkliche Oberflächen

Vor allem den Oberflächen sieht man im Museum Barberini ihren handwerklichen Ursprung an – dem Terrazzo, ebenso wie dem Eichenparkett und dem Stuccolustro. Das Eichenparkett verlegten die Handwerker in den Ausstellungsräumen im Fischgrätmuster und fügten darin die Verschlüsse für die Bodentanks mit den Steckdosen fast unsichtbar ein. Den dünn auf die Wände und die vier Quadratsäulen der beiden Treppenhäuser aufgezogenen Kalkputz für den Stuccolustro verdichteten die Handwerker mit der Kelle und zogen als letzte Schicht mit der heißen Venezianerkelle Bienenwachs auf, bis alles so spiegelglatt war, wie man es sich von einer Stuccolustro-Oberfläche wünscht.

„Eine Herausforderung für alle Handwerker ergab sich auch an den Schnittstellen zwischen den technischen Gewerken und den Ausbaugewerken. Ein besonderer Anspruch des Bauherrn bestand darin, alle technischen Komponenten möglichst unauffällig und diskret anzubringen. Somit wurde die Technik so weit wie möglich in Zwischendecken, Revisionsschächten und unauffälligen Nischen unter den Fenstern verbaut, so dass sie sich harmonisch beziehungsweise für den Besucher weitestgehend unsichtbar in die Architektur der einzelnen Ausstellungsräume integriert“, sagt Heike Welkisch.  Und das ist den Handwerkern im Museum Barberini in Potsdam auch in der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Gewerke hervorragend gelungen. So sieht man nun sowohl von außen als auch von innen die (Handwerks-)kunst der beteiligten Betriebe.

Autor

Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

Baubeteiligte (Auswahl)

Bauherr Museum Barberini gGmbH, Potsdam,

www.museum-barberini.de

Projektleitung Heike Welkisch und Ralf Hauser,

Potsdam

Architekten Thomas Albrecht und Frigga Uhlisch,

Hilmer & Sattler und Albrecht, Berlin, www.h-s-a.de

Ausschreibung, Vergabe und Bauüberwachung

DGI Bauwerk Gesellschaft von Architekten, Berlin, www.dgi-bauwerk.de

Projektsteuerung Convis Bau & Umwelt Ingenieurdienstleistungen, Berlin, www.convis.com

Gerüstbauarbeiten Gerüstbau Scheffler, Werder,

www.geruestbau-scheffler.de

Natursteinarbeiten Bamberger Natursteinwerk

Hermann Graser, Bamberg,

www.bamberger-natursteinwerk.de

Innenausbau Lindner Group, Arnsberg,

www.lindner-group.com

Rabitzarbeiten Stuckhaus Scherf und Ritter,

Waldenburg, www.stuckhaus-scherf-ritter.de

Stuccolustroarbeiten Stucco Antico, Grünstadt,

www.stucco-antico.com

Terrazzolegerarbeiten SVF Steinveredelung Finsterwalde, Massen, www.svf-steinveredelung.de

Putzarbeiten Stuckgeschäft Pauli & Ebell, Potsdam,

www.stuckgeschaeft-potsdam.de

WDVS und Putzarbeiten MBM TEC Bautechnik,

Berlin, www.mbm-tec.com

Parkettlegerarbeiten Akzent Parkett, Teltow,

www.akzent-parkett.de

Herstellerindex (Auswahl)

Gerüst Peri UP, Peri, Weißenhorn, www.peri.de

WDVS, Decoprofile, Dick- und Glattputz

Sto, Stühlingen, www.sto.de

Gipskartonplatten Knauf Gips, Iphofen,

www.knauf.de

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