Projekt Auferstehung: der Tempel der Hatschepsut in Ägypten
Keine Frau im Alten Ägypten war so mächtig und umstritten wie die Pharaonin Hatschepsut die sich vor 3500 Jahren selbst zur Herrscherin erhoben hatte. Sie verewigte sich mit ihrem monumentalen „Tempel der Millionen Jahre“ in Deir el Bahari – weit offen zum Nil und mit dem Rücken zum Tal der Könige.
Das vollständig aus feinem Kalkstein errichtete Bauwerk gilt als die perfekte Kombination von Natur und Architektur, so selbstverständlich schmiegt sich der dreistufige, reliefgeschmückte Terrassentempel an die Felsenklippen. Auf der unteren Terrasse befand sich ursprünglich ein Garten mit Balsambäumen, Springbrunnen und eine Allee mit Sphinx-Figuren. Dass sich eine Regentin selbst zum Pharao krönen lies, war ein klarer Tabubruch im alten Ägypten. Deshalb tilgte ihr Nachfolger und Stiefsohn Thutmosis III. nach ihrem Tod alle Spuren seiner Vorgängerin. Ihr Name wurde aus den Inschriften ausgekratzt, die Hatschepsut-Statuen ließ er systematisch zerschlagen.
Eine Ruine unter Schutt und Geröll
Nahezu 3500 Jahre sind eine sehr lange Zeit, auch für ein so imposantes Bauwerk. Zum Ende des 19. Jahrhunderts war die Totentempelanlage eine im Gesteinsschutt verborgene Ruine, wiederentdeckt durch eine britische Expedition. Selbst Erdbeben und Felsabrisse, Nutzungsänderungen, Brände und willkürliche Zerstörung konnten den wesentlichen Bestand des Bauwerks dennoch nicht unrettbar zerstören.
Auch die Rekonstruktion der Tempelanlage hat mittlerweile eine über hundertjährige Geschichte. Die Ägyptologen der Universität Warschau verfolgten in Zusammenarbeit mit der ägyptischen Altertumsbehörde von Anfang an das Konzept, die zerstörte Bausubstanz mit modernsten Werkstoffe und Verarbeitungstechniken zu rekonstruieren und zu konservieren. Zum Einsatz gelangten dabei auch Produktsysteme der Firma Remmers, die speziell für die Natursteinrestaurierung und -konservierung in der Baudenkmalpflege entwickelt wurden. Sie wurden nach Testversuchen in ägyptischen Laboratorien und nach Probeflächen ausgewählt.
Natursteinrestaurierung und -konservierung
Um die chemischen Prozesse in den Kalksteinblöcken beziehungsweise Gebäudeteilen zu blockieren und eine künftige Wasser- und Schmutzaufnahme zu verhindern, führte man auch in Ägypten eine hydrophobierende Imprägnierung mit Funcosil SL durch. Die Farbfassung der restaurierten Bauteile erfolgte mit der reversiblen Siliconharzfarbe LA, um die Fragmente in ihrem Erscheinungsbild zu egalisieren. Die zersprungenen Reliefblöcke wurden mit dem niedrigviskosen Injektionsharz 100 verklebt; auch bei der Rissverfüllung kam dieses Harz zum Einsatz.
Die Verwitterung eines mineralischen Baustoffes bewirkt eine Aufweitung des ursprünglichen Porengefüges, der durch Eintrag eines naturidentischen Bindemittels neu aufgefüllt werden kann. Um die Steine im inneren Gefüge zu konsolidieren, wurden daher die klassischen KSE-Steinfestiger von Remmers eingesetzt.
Bei einem bruchfrischen Gestein ist das Festigkeitsprofil homogen, Festigkeit und Elastizität sind an jeder Stelle des Querschnittes gleich. Bei den Fragmenten aus Kalkstein in Deir el Bahari hingegen, die seit Jahrtausenden der Verwitterung unterlagen, waren unterschiedliche Verwitterungs- und Festigkeitsprofile die Regel. Deshalb verwendeten die Restauratoren zum Erzielen ausgeglichener Festigkeitsprofile die Steinfestiger KSE 100, KSE 300 und KSE 510. Die Steinfestigertypen unterscheiden sich hinsichtlich ihres „Bindemittelgehaltes“ (Gel-Abscheidungsrate), ihrer Gelstruktur (ohne oder mit elastifizierenden Strukturanteilen) und der Art ihrer Bindung zum Untergrund. Der durch die Verwitterung verloren gegangene Zustand konnte durch diese Festigung wieder hergestellt werden, ohne dass neben Festigkeit und Elastizität weitere charakteristische Baustoffparameter beeinflusst wurden.
Zurzeit werden vor Ort in Deir El-Bahari Versuche im Bezug auf Konsolidierung der ägyptischen Kalksteine mit dem Steinfestiger KSE 300 HV durchgeführt. Dieser reagiert mit dem im Porenraum eingelagerten Wasser beziehungsweise mit Luftfeuchtigkeit. Bei dieser Reaktion wird amorphes, wasserhaltiges Siliciumdioxid „Kieselgel“ als Bindemittel abgeschieden. Es ersetzt so das durch Verwitterung verlorengegangene ursprüngliche Bindemittel durch eine Gel-Abscheidungsrate von rund 30 Prozent. Darüber hinaus wurden mit gutem Ergebnis Laboruntersuchungen und vor Ort-Versuche mit Antihygro durchgeführt. Denn in seltenen Fällen weisen auch Kalksteine ein ausgeprägtes Quellen und Schwinden aufgrund quellfähiger Tonmineralien auf. Dieser Prozess kann durch eine quellmindernden Vorbehandlung mit Antihygro gestoppt werden.
Rekonstruktion der Sphinx-Figuren aus Fragmenten
Im Jahr 2000 sind die restauratorischen Arbeiten in der Hauptachse des Tempels und der dritten Terrasse erfolgreich beendet worden. Aktuell läuft das Projekt der Wiederherstellung der Sphinx-Figuren der Königin. Die Allee mit 70 Sphinx-Figuren war einst 500 m lang und 6 m breit. Leider hat keines der Monumente die Zeit schadlos überstanden; es existieren allerdings noch rund 4500 Fragmente. Inzwischen sind die Teilstücke von einem Dutzend Sandstein-Sphingen identifiziert worden, deren Köpfe die Züge der Hatschepsut trugen. Aus den Teilstücken sollen sechs vollständige Figuren der Prozessions-Allee rekonstruiert werden. Es ist geplant in der Saison 2010/ 2011 mindestens zwei Hatschepsut-Sphingen fertigzustellen.
Antike ägyptische Naturstein-Tempelanlage mit modernsten Mitteln saniert
Steinfestiger kosolidiert das Material von innen und behebt Verwitterungserscheinungen