Restaurierung von Holzfenstern
Im folgenden Beitrag wird die Restaurierung eines historischen Segmentbogenfensters aus einem 125 Jahre alten Bauernhaus am Niederrhein schrittweise beschrieben. Ziel der Instandsetzung ist neben der Erhaltung der Substanz eine Verbesserung der funktionalen Nutzung des Fensters.
Das zu restaurierende Segmentbogenfenster ist aus Eichenholz gefertigt und misst 98 cm in der Breite und 118 cm in der Höhe. Es besitzt einen Segmentbogen und zwei Flügel mit je zwei Quersprossen. Die Blendrahmenhölzer haben einen Querschnitt von 60 x 48 mm, die Flügelrahmenhölzer messen 48 x 30 mm. Der Mittelverschluss hat die Maße 38 x 30 mm und 50 x 30 mm. Die beiden Wasserschenkel der Flügel messen im Querschnitt 40 x 54 mm, das untere Blendrahmenstück einbezogen 60 x 48 mm.
Beide Flügel sitzen unten und oben stumpf im Blendrahmenfalz. Die senkrechten Blendrahmenhölzer verfügen über eine Rille im Falz und sind im Flügelrahmenteil mit einer so genannten Nase ausgestattet. Die beiden Flügelrahmen drücken sich beim Schließen der Fensterflügel fest in den Rahmenfalz.
Beide Flügelrahmen sind mit je zwei Scharnierbändern angeschlagen, die am Blend- und Flügelrahmen flächenbündig eingelassen sind. Zum Schließen der beiden Flügel werden durch das Drehen der Mittel-
olive beide Treibstangen in die unten und oben am Blendrahmen angebrachten Schließgloben getrieben. Das Fenster hat sechs Glasscheiben, von denen jedoch drei gebrochen sind. Der Farbanstrich ist weiß.
Schadensaufnahme
Holzfensterrahmen: Am Blendrahmen sind die vier Schlitz- und Zapfeneckverbindungen gelockert und angefault. Im rechten Blendrahmenteil ist oben und unten je ein Teilstück der Schlitz- und Zapfenverbindungen ausgebrochen. Das untere Querstück des Blendrahmens ist gesplittert, die Zapfen sind gebrochen und verrottet. Dadurch wird der Rahmen unbrauchbar. Die vier oberen mit Schlitz und Zapfen gefügten Ecken der Fensterflügelrahmen sitzen fest und einwandfrei über die Holznägel verbunden in der Konstruktion. Die Wasserschenkelhölzer der beiden Fensterflügel sind im Glasfalz schadhaft, die vier Schlitze und Zapfen sind morsch und ohne Halt. Dadurch werden sie ebenfalls unbrauchbar. Die vier Fenstersprossen mit den acht Zapfenverbindungen sitzen dicht und fest in den beiden Flügelrahmen.
Verglasung: Die vorhandenen drei Glasscheiben sind wellig, mit Verzerrungen, Schlieren und Blasen. Die Durchsicht ist trüb und matt. Der Fensterkitt ist ausgetrocknet und bröcklig. Alle drei Glasscheiben sind nicht mehr zu gebrauchen.
Beschläge: Die vier Aufsatzbänder (Scharnierbänder) sind teilweise stark angerostet. Zwei Bänderstifte sind gebrochen. Die Senkschrauben sind ausgebrochen und haben keinen Halt mehr. Die aufgeschraubte Mittelverschlussolive mit den zwei Treibstangen, den vier Halterungen und den zwei Schließgloben sind unten und oben leicht angerostet. Die Schrauben sind teils ausgebrochen.
Anstrich: Außen und innen sind mehrere Farbschichten durch die Absplitterung zu sehen. Der weiße Anstrich am Blendrahmen und am Flügel ist spröde und verwittert. Die Beschlagfarbe ist ausgetrocknet und abgesplittert.
Das Segmentbogenfenster kann mit einigem Aufwand instandgesetzt werden. Diese Instandsetzungsarbeit muss fachgerecht in einer Werkstatt erfolgen. Hierfür muss das Fenster mit großer Sorgfalt und möglichst wenig Beschädigung ausgebaut werden. Dabei sollte der Handwerker die Dichtigkeit sowie den Pilzbefall am Blendrahmen und am Mauerwerk genau untersuchen.
Reparaturarbeiten
Die Fensterbeschläge müssen nun abmontiert, aufgelistet und gekennzeichnet werden, um sie nach dem Säubern wieder an die richtigen Stellen montieren zu können. Die Beschlagteile werden im Detail untersucht und müssen bei Beschädigung von einem Fachmann justiert werden. Die vier Scharnierbänder müssen durch neue ersetzt werden. Der Mittelverschluss wird vom Rost gereinigt und kann dann erneut verwendet werden. Die Eisenteile müssen vor der Montage des Flügelrahmens grundiert werden.
Zerlegung des Fensterrahmens: Vor dem Zerlegen der Blend- und Flügelrahmen müssen die Falzflügelmaße notiert werden. Nun werden der Blendrahmen und die zwei Flügelrahmen behutsam demontiert –sie bestehen aus 16 Holzrahmenteilen. Die Verbindungen müssen für den späteren Zusammenbau exakt gekennzeichnet werden. Beim Zerlegen der beiden Flügelrahmen können die Glasscheiben brechen.
Farbschichtenfreilegung: An der Farbfläche wird eine Farbschichtabtragung vorgenommen, um zu erkennen, wie viele Farbschichten vorhanden sind. Gegebenenfalls lässt sich dadurch das Alter (oder der Jahrgang) des Fensters genauer einschätzen.
Reinigung und Nachschleifen der Holzteile: Nun wird bei sämtlichen Flächen der Holzrahmenteile mit einem Dreieckschaber und einer Ziehklinge vorsichtig die Farbe entfernt und das Fensterholz von Hand mit der richtigen Schleifpapierkörnung sorgfältig nachgeschliffen. An beiden Flügelrahmen und an den Sprossen muss nun auch der alte Fensterkitt entfernt werden.
Holzreparatur
Am Blendrahmen müssen die porösen Zapfen und Schlitze neu angefertigt werden. Die Bruchstellen am senkrechten Rahmenteil werden durch neu eingesetzte Teile instandgesetzt. Die ausgeleimten und nachgebesserten Schlitze und Zapfen der drei Rahmen werden geputzt, nachgearbeitet und in die Verbundteile eingepasst. Sämtliche Fixmaße müssen dabei eingehalten werden. Am Blendrahmen muss das untere Rahmenstück mit den Schlitzen, den Zapfen, dem Falz, der Wassernase und dem Wasserschenkel neu angefertigt werden. Wenn alle 16 Blendrahmen- und Flügelrahmenteile erneuert und nachgebessert sind und in Folge akkurat zusammenpassen, die Farbe einwandfrei entfernt und die Oberfläche gereinigt wurde, kann das wasserfeste Verleimen des Blendrahmens und der zwei Fensterflügel mit den vier Quersprossen beginnen.
Verleimung
Zuerst wird der Blendrahmen verleimt und exakt in einen Winkel gestellt. Anschließend muss jede der vier Ecken mit Holznägeln fixiert werden. Bevor die beiden Flügelrahmen verleimt werden, muss alles noch einmal nachgemessen werden, damit die Fensterflügel auch genau in die Blendrahmen passen. Nachdem beide Fensterflügel verleimt sind, werden alle Verbindungen, auch die Sprossen, mit Holznägeln fixiert. Nun können die verleimten Blendrahmen und die zwei Flügelrahmen, die Zapfen- und Sprossenverbindungen flächenbündig verputzt und anschließend die zwei Flügelrahmen in den Blendrahmen eingepasst werden. Hier muss der Handwerker unbedingt auf die Schwierigkeit der Wasserschenkelauslegung an den beiden Flügeln achten. Vor dem Anschlagen des Fensters müssen die drei Holzrahmen einmal grundiert werden.
Montage des reparierten Fensters
Beide Flügel werden vor der Montage mit neuen Scharnierbändern genauestens eingerichtet, angeschlagen und gangbar gemacht. Der Mittelverschluss muss aufeinander abgestimmt werden; die Olive mit den Treibstangen, die vier Halterungen am rechten Flügelrahmen und die zwei Schließgloben am Blendrahmen werden so montiert, dass die Flügelfenster einwandfrei bedient werden können.
Fazit
Auch bei einer kritischen Ausgangssituation können durch die fachgerechte Restaurierung eines historischen Holzfensters große Teile historischer Substanz erhalten und trotzdem ein funktionstüchtiger Zustand wiederhergestellt werden.