Richtfest auf der Schlossbaustelle
Zum aktuellen Stand der Arbeiten auf der Berliner Schlossbaustelle
Berlin ist eine Reise wert. Sicher. Nicht nur wegen der Schlossbaustelle. Aber deswegen auch. Daher sind wir von der Redaktion der bauhandwerk Anfang Juni kurz vor dem Richtfest nach Berlin gefahren, um uns mit eigenen Augen vom aktuellen Stand der Arbeiten zu überzeugen. Mit einem Video-Interview mit Manfred Rettig.
Aber eins nach dem anderen (in aller Kürze): Dreizehn Jahre ist es her, dass der Bundestag beschloss, das Berliner Stadtschloss wieder aufzubauen. 384 von 589 Abgeordneten waren dafür. Wir berichteten schon damals in bauhandwerk 12.2002 über die sehr kontroverse Diskussion. Beschlossen wurde seinerzeit die so genannte Barocklösung, die den Wiederaufbau dreier historischer Fassaden und die Rekonstruktion des Schlüterhofs beinhaltet.
Ende 2008 gewann der italienische Architekt Franco Stella überraschend den als Humboldt-Forum ausgeschriebenen Architekturwettbewerb um den Wiederaufbau des Stadtschlosses. Im Frühjahr 2012 stellte man auf dem Bauplatz ein Stück Musterfassade im originalen Maßstab auf (das erste Werkstück aus Sandstein aus der 2011 von der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum gegründeten Schlossbauhütte), und im Juni des gleichen Jahres begannen die Gründungsarbeiten. Viel mehr als die Musterfassade, deren beide Geschosse mit Adler, Initialenschild und geschmückten Fenstergewänden bis zur Ballustrade reichten, hatte man damals auch noch nicht in Sandstein gehauen. Der Großteil der Arbeiten fand für die Bildhauer in Ton in der Schlossbauhütte statt. Grund genug für uns, damals nach Berlin-Spandau in die rund 1400 m2 große ehemalige Lkw-Werkhalle auf dem Gelände der Britischen Kaserne am Askanierring zu fahren und in bauhandwerk 12.2012 darüber zu berichten. „130 Tonmodelle haben wir bereits abgeformt“, sagte Bertold Just, der Leiter der Schlossbauhütte, der uns seinerzeit entlang der Regale führte, in denen die Abgüsse lagerten. Rund 300 Modelle sollten es werden.
Wie aus den Tonmodellen der Fassadenschuck wird, ist eine gleichwohl umständliche, im Handwerk jedoch tradierte Technik. „Als Grundlage dienen den Modellbildhauern Schwarzweißfotografien und Pläne“, sagte uns Bertold Just in einem Raum innerhalb der Schlossbauhütte, in dem ein großer Tisch voller Fotos und Pläne steht. Das Modellieren des Fassadenschmucks in feuchten Ton ist die klassische Arbeitsweise der Modellbildhauer. Eine solche Arbeit kann je nach Größe und Komplexität des Werkstücks ein halbes Jahr und mehr Zeit in Anspruch nehmen. Ein Stuckateur formt anschließend das fertige Tonmodell mit Silikon ab und gießt die Silikonform mit Gips aus. Dieser Gipsabguss dient dann dem Steinbildhauer als Grundlage für seine Arbeit. Das Übertragen der Form des Gipsabgusses mit dem Punktiergerät ist eine ebenfalls handwerklich sehr aufwendige und anspruchsvolle Arbeit. Daher wurden für bei einfachere Werkstücke, die es häufiger herzustellen galt, CNC-Maschinen zur Hilfe genommen. Fast 3000 Bildhauerstücke aus Sandstein sollen es insgesamt werden, wenn das Stadtschloss 2018 für rund 590 Millionen Euro fertig gestellt sein wird.
Zum aktuellen Stand der Arbeiten
Am 12. Juni 2013 legte Bundespräsident Joachim Gauck den Grundstein und exakt zwei Jahre später konnte auf der Baustelle des Berliner Schlosses Richtfest gefeiert werden. Daher haben wir uns erneut auf den Weg nach Berlin gemacht, um uns kurz vor diesem Ereignis mit eigenen Augen vom aktuellen Stand der Arbeiten auf der Schlossbaustelle zu überzeugen. Die Arbeiten am Rohbau, der aus einem Stahlbetonskelett und Stahlbetondecken besteht, sind abgeschlossen. Auch die Kuppel ist fast fertig und schon von weitem gut zu sehen. Bereits Anfang April rückten die Schwerlasttransporter mit den ersten in Stein gehauenen Stücken des barocken Fassadenschmucks an, die zurzeit montiert werden. Dies geschieht jedoch nicht etwa an der Stahlbetonkonstruktion, sondern am Ziegelmauerwerk, das die Maurer in einer Dicke von 60 cm im Abstand von 15 cm vor den Stahlbetonrohbau unter Verwendung spezieller, zum Teil nach historischem Befund angemischter Mörtel mauern. Damit werden die zum Teil extremen Lasten der Sandsteinelemente – eine Eckkartusche allein wiegt zum Beispiel schon über 80 Tonnen – nach unten abgetragen. Der Raum zwischen dem Ziegelmauerwerk und dem Stahlbeton wird mit Mineralwolle gedämmt. Dort wo keine historische Fassade wiedererstehen soll, wird das Ziegelmauerwerk durch Stahlbetonfertigteile ersetzt, die vom Hubsteiger aus am Stahlbetonrohbau montiert werden. Der Raum zwischen den Stahlbetonfertigteilen und dem Stahlbetontragwerk wird ebenfalls mit Mineralwolle gefüllt, stellenweise aber auch mit Hartschaumplatten aus extrudiertem Polystyrol.
Mit dieser konstruktiven Trennung zwischen „bauphysikalischer“ und „historischer“ beziehungsweise auch der „zeitgenössischen“ Fassade wird aber mehr als nur die Befestigung der Sandsteinelemente gelöst: „Das Gebäude wird dadurch sogar 30 Prozent unter den Anforderungen der EnEV liegen“, sagt Manfred Rettig, Vorstand und Sprecher der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum, mit dem wir uns auf der Schlossbaustelle getroffen haben.
Arbeiten im Zeit- und Kostenplan
Alles läuft nach Plan: „Wir wollen in diesem Jahr das Gebäude baulich dicht bekommen, damit wir nächstes Jahr mit dem Innenausbau beginnen können“, so Manfred Rettig. Parallel dazu laufen natürlich auch die Arbeiten an den Fassaden weiter. „Diese werden in diesem und im nächsten Jahr im wesentlichen errichtet werden“, erklärt Rettig. Im übernächsten Jahr werden dann die Ziegelaußenwände verputzt. „Wir haben fünf verschiedene Firmen, die an diesen Fassaden arbeiten, und die machen alle eine gute Arbeit“, ist Manfred Rettig überzeugt.