Schimmel am Dachüberstand
Bei den Untersichten der Dachüberstände zweier Gebäude hatten sich Schimmelpilze gebildet. Ursächlich hierfür war die zeitweise Anreicherung von Feuchtigkeit in den Holzwerkstoffplatten der Dachüberstände
infolge nächtlicher Wärmeabstrahlung der Dachkonstruktion.
Bei zwei Gebäuden – bestehend aus einem Haupt- und einem Nebengebäude auf einem gemeinsamen Grundstück – stellte man an den Untersichten der Dachüberstände Schimmelpilze fest. Das Hauptgebäude besaß ein zweischaliges, belüftetes und flach geneigtes Pultdach. An der Unterseite des Dachüberstands waren Binder und Sparren mit einer Holzschalung sichtbar. Alle Holzbauteile hatte man weiß gestrichen. Das Dach war mit Metall gedeckt. Das Nebengebäude hatte ein einschaliges, flach geneigtes Pultdach. Hier war beim Dachüberstand die hölzerne Dachschalung auskragend ausgebildet. Die Schalung war – analog zum Hauptgebäude – weiß gestrichen. Auch dieses Dach hatte eine Metalldeckung.
Feststellung der Schäden
In den von Schimmelpilzbildung betroffenen Bereichen zeigten sich an den Untersichten der Dachüberstände beider Gebäude jeweils dunkle Verfärbungen. Die Schadensbilder waren aus üblichen Betrachtungspositionen vom Gelände aus sichtbar. Beim Hauptgebäude stellte man Schimmelpilze bei sämtlichen Dachüberständen fest. Die Intensität des Schadensbildes unterschied sich jedoch abhängig von der Himmelsrichtung der jeweiligen Gebäudeseite. Entlang der Westseite des Hauptgebäudes waren Schimmelpilze in geringem Umfang unterhalb des äußeren Randes der hölzernen Dachschalung vorhanden. An der Nordseite sowie der partiell durch Bäume beschatteten Ostseite des Gebäudes war das Schadensbild hingegen am deutlichsten ausgeprägt. Bei der südöstlichen Gebäudeecke wies die Untersicht des Dachüberstandes einen intensiven Schimmelpilzbefall auf, während die angrenzende Südseite nahezu schadensfrei war. Die Intensität der Schimmelpilze nahm allgemein zum äußeren Rand des Dachüberstandes hin zu. Beim Nebengebäude stellte man ein prinzipiell vergleichbares Schadensbild fest. Auch hier nahm die Intensität der Schimmelpilze vielfach zum äußeren Rand des Dachüberstandes hin zu.
Bei beiden Gebäuden hatte man die Holzschalung der Dachüberstände aus 40 mm dicken Mehrschichtplatten (Bau-Furniersperrholz BFU 100G) hergestellt. Das verwendete Anstrichsystem war gegen Bläuepilze wirksam. Auf den Mehrschichtplatten befanden sich jeweils eine Trennlage mit Gewirk (Drainagefunktion) sowie eine Doppelstehfalzdeckung aus Titanzink.
Bewertung der Schäden
Die festgestellten Schimmelpilzbildungen sind auf die zeitweise Anreicherung von Feuchtigkeit im Holzwerkstoff zurückzuführen. Eine wesentliche Voraussetzung für das Wachstum von Schimmelpilzen ist ein ausreichendes Angebot an Feuchtigkeit sowie ein ausreichender Nährstoffgehalt des Untergrundes. Bei den Holzwerkstoffplatten der Dachüberstände sind diese wesentlichen Voraussetzungen erfüllt. Als Nahrungsgrundlage dienen praktisch alle organischen Substanzen, also auch Holz und Holzwerkstoffe. Die für das Schimmelpilzwachstum erforderliche Feuchteanreicherung in den Holzwerkstoffplatten resultiert aus einem Feuchtetransport zwischen Unterseite und Oberseite des Dachüberstands. Dieser stellt sich in klaren Nächten ein, wenn die Dachoberfläche durch Wärmeabstrahlung stark auskühlt. Es ist die gleiche Abkühlung durch Wärmeabstrahlung, die im Winter nachts dazu führt, dass sich Eis auf Fahrzeugen bildet.
Die unterschiedliche Intensität der Schimmelpilze in unterschiedlichen Bereichen kann mit den verschiedenen Randbedingungen erklärt werden. So tauscht die Unterseite der Holzwerkstoffplatten Wärmestrahlung mit anderen Bauteilen aus, beispielsweise mit der vergleichsweise wärmeren Wand. Dies erklärt die zum Rand des Daches hin – also mit zunehmendem Abstand von der Wand – vielfach zunehmende Intensität der Schimmelpilze.
Die Eckbereiche der Dachüberstände stehen im geringsten Strahlungsaustausch mit der Wand; insofern sind besonders dort Schimmelpilze vorhanden. Ebenso sind die von der Sonne am geringsten bestrahlten Flächen besonders intensiv betroffen, da dort die angereicherte Feuchte tagsüber nur eingeschränkt wieder abgegeben werden kann. Dies betraf im geschilderten Fall die nach Norden orientierten Fassaden und die beschattete Ostseite des Hauptgebäudes.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurden systematische Untersuchungen zu den Einflussfaktoren der Schimmelpilzbildung vorgenommen. Die dort gewonnenen Erkenntnisse wurden auch rechnerisch nachvollzogen. Die Erkenntnisse können wie folgt zusammengefasst werden:
Baufurniersperrholz des hier verwendeten Typs 100G besteht entweder aus splintfreien Furnieren einer resistenten Holzart oder es wird dem Leim ein Holzschutzmittel gegen holzzerstörende Pilze beigefügt. Diese Holzschutzmittel sind im Regelfall unwirksam gegen eine Schimmelbildung an der Oberfläche.
Ein fungizides Beschichtungssystem ist daher unabhängig von der Holzwerkstoffklasse erforderlich. Auch Platten des Typs 100G bieten ohne eine geeignete fungizide Beschichtung keinen Schutz gegen Schimmelpilzbefall.
Bau-Furniersperrholz (BFU) aus wenig resistenten Hölzern (wie Birke, Buche, Seekiefer) sollte nicht verwendet werden.
Durch eine oberseitige Dämmung der Holzwerkstoffplatten kann eine Begrenzung beziehungsweise Vermeidung der Feuchteanreicherung erzielt werden.
Weiterführende Hinweise für Zimmerer, aber auch für Maler und Bautenschutzbetriebe enthält ein Merkblatt der Deutschen Gesellschaft für Holzforschung. Die Ausführungen in der DIN 68800 helfen hier dagegen nicht weiter, da die Vermeidung von Schimmelpilzen nicht Gegenstand dieser Norm ist.
Instandsetzung der Schäden
Schimmelpilze verwenden für ihr Wachstum nur Holz-inhaltsstoffe, nicht jedoch die Holzsubstanz. Sie sind demnach keine holzzerstörenden Pilze und bewirken keinen Festigkeitsverlust. Insofern reicht es zur Instandsetzung zunächst aus, den vorhandenen Schimmelbefall zu entfernen. Dies kann beispielsweise durch Behandlung der Oberflächen mit einem hochprozentigen Alkohol (Ethanol) erfolgen. Hierzu muss man geeignete Schutzmaßnahmen treffen. Nach Entfernung der Schimmelpilze ist es zur Erzielung einer dauerhaft schimmelfreien Oberfläche erforderlich, die Feuchteanreicherung zu begrenzen und ein fungizides Beschichtungssystem aufzubringen.
Im geschilderten Fall wäre der nachträgliche Einbau einer Wärmedämmung zwischen Dachschalung und Metalldeckung mit einem hohen Aufwand verbunden. Daher ist hier die alleinige Aufbringung eines fungiziden Beschichtungssystems angemessen. Dazu muss man auf die trockene Holzoberfläche zunächst eine fungizid eingestellte Grundierung auftragen. Gegebenenfalls ist in Abhängigkeit des verwendeten Farbsystems zusätzlich der Auftrag eines Sperrgrundes erforderlich. Die verwendete Deckbeschichtung muss ebenfalls fungizid eingestellt sein, wobei ein Schutz gegen Bläuepilze und Schimmelpilze erforderlich ist. Es ist anzumerken, dass die Wirksamkeit der fungiziden Wirkstoffe mit der Zeit nachlässt und dass insofern mit regelmäßigen Wartungsintervallen zu rechnen ist.
Literatur
Sedlbauer, K.: „Vorhersage von Schimmelpilzbildung auf und in Bauteilen“, Dissertation Universität Stuttgart, 2001
Winter, S., Schmidt, D., Schopbach, H.: „Schimmelpilzbildung bei Dachüberständen und an Holzkonstruktionen“, Fraunhofer IRB Verlag, 2004
Göbelsmann, M.: „Schimmelpilzbildung im Bereich der Untersicht hölzerner Dachüberstände – Ursachen und Vermeidung“, Bauphysik, Jahrgang 30, Heft 2, 2008
Deutsche Gesellschaft für Holzforschung e.V.: „Vermeidung von Schimmelpilzbefall an Anstrichflächen außen“, DGfH-Merkblatt, 2. Überarbeitete Fassung, Ausgabe 12/2003
DIN 68800-1:2011-10: „Holzschutz – Allgemeines“
Autor
Dr.-Ing. Marc Göbelsmann ist geschäftsführender Gesellschafter der aedicon GmbH in Berlin sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden.
Auch bei Holz und Holzwerkstoffen mit ausreichendem Schutz gegen holzzerstörende Pilze kann Schimmel an der Oberfläche auftreten
Es müssen fungizide Beschichtungssysteme verwendet werden, die einen Schutz gegen Bläue- und Schimmelpilze bieten