WDV-Systeme nach EnEV 2009

Eine energetische Ertüchtigung bietet sich vor allem dann an, wenn das Gebäude ohnehin saniert werden muss. Dann sollte nach neuer EnEV aber nicht nur ein WDV-System aufgebracht werden, sondern im Zuge der Arbeiten auch die Erneuerung der Anlagentechnik umgesetzt werden.

Der zentrale Ansatzpunkt für die weitere Absenkung des Heizenergiebedarfs ist auch bei einer energetischen Sanierung das Zusammenwirken von Gebäude und Heiztechnik, denn die Verluste, die bei der Umwandlung des Energieträgers in Wärme entstehen, machen durchschnittlich etwa 20 bis 30 Prozent der Gesamtverluste in der Energiebilanz eines Wohnhauses aus. Die EnEV 2009 bezieht sich deshalb in Abhängigkeit vom Verhältnis zwischen wärmeübertragender Umfassungsfläche A zum beheizten Volumen des Gebäudes V nicht mehr nur auf den Heizwärmebedarf, sondern insbesondere auf den Heize­nergie­bedarf. Wie schon die EnEV 2007, gibt auch die EnEV 2009 Berechnungsverfahren zur Ermittlung des Jahres-Primärenergiebedarfs an.

Mit ihren Vorgaben und Anforderungen hat die EnEV 2009 selbstverständlich auch umfassende Auswirkungen auf den Gebäudebestand, auch wenn nur Teile des Gebäudes erneuert werden. Wird ein Bauteil wie zum Beispiel die Dachdeckung erneuert oder grundlegend saniert, so greifen die Bauteilanforderungen der EnEV 2009 Tab.1 Nr.4a. Da die bestehenden Bauteilschichten auf die neuen Anforderungen angerechnet werden können, sind die Dämmarbeiten im wirtschaftlichen Sinne für gewöhnlich durchaus zumutbar und können kaum wegen Unwirtschaftlichkeit abgelehnt werden. Die Wärmedurchgangskoeffizienten müssen allerdings nach europäischen Normen berechnet werden und fallen aus diesem Grund in einigen Fällen ungünstiger aus, als das die bisherigen DIN-Normen vorgaben.

Energieverluste und Energiegewinne werden bilanziert. Diese Bilanz dient als Basis für die energetische Bewer­tung eines Bauwerks. Dazu wurde in der EnEV 2007 der Begriff Jahres-Primärenergiebedarf für den Energie­bedarf zugrunde gelegt, der in der EnEV 2009 fortgeschrie­ben wurde. Die EnEV 2009 kennt beim Ersatz oder bei der Erneuerung von Bauteilen neue, verschärfte, maximale U-Werte = Umax. Die Verschärfung der Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten Umax in der EnEV 2009 ist dabei in fünf Bauteilgruppen geregelt.

 

Energetische Sanierung im Bestand

Für Altbauten wird aber ein besonderer Weg vorgeschlagen. Um die grundsätzlich wünschenswerte Anwendung der primärenergetischen Bewertung von Altbauten nicht unnötig zu erschweren, kann bei geringfügigen Änderungen von Gebäuden auf Anforderungen an die Wärmedämmung der Außenhülle, also auch auf ein WDV-System, verzichtet werden. Mit der Einführung von Anforderungen an den Wärmedurchgangskoeffizienten Umax von fünf Bauteilgruppen würde nämlich schon das Verfehlen eines einzelnen der fünf Anforderungswerte des Umax zur Unzulässigkeit eines Vorhabens nach EnEV 2009 Satz 2 führen. Da in vielen Fällen eine energetische Modernisierung im Sinne des § 9 Abs. 1 keine umfassende, vom Dach bis zum unteren Gebäudeabschluss gegen Außenluft reichende Gesamtmaßnahme ist, wäre eine solche komplette Anforderung vielfach nicht erfüllbar. Die vorgeschlagene Regelung soll auch zur Bewahrung des baukulturellen Erbes beitragen, gerade bei erhaltenswerten Altbauten unterhalb der Schwelle des § 24 Abs. 1 Ausnahmen für Baudenkmäler und erhaltenswerte Bausubstanz. Die hier festgelegten Ausnahmeregelungen für die Altbausanierung stellen es allerdings in Frage, dass der Altbaubestand mit einiger Sicherheit in fünfzig Jahren der Energieeinsparverordnung 2009 entsprechen wird.

Die EnEV 2009 fordert weiterhin, dass man für das in der Wand stehende Fenster einen erhöhten U-Wert von 1,30 W/(m²K) nachweist, während nach Wärmeschutz-Verordnung 1995 (WschutzV 95) ein maximaler Wärmedurchgangskoeffizienten k = 1,8 W/(m²K) und nach EnEV 2007 noch ein Wert für U = 1,7 W/(m²K) ausreichte. Dabei muss man berücksichtigen, dass die heutigen, mit einer Mehrscheiben-Isolierverglasung ausgestatteten Fenster und Fenstertüren einen Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,1 bis 1,3 W/(m²K) erreichen und dass die Wärmedurchgangskoeffizienten der Fenster im Zusammenwirken von Rahmen und Verglasung nach der europäischen DIN EN ISO 10 077 – 1 Wärmetechnisches Verhalten von Fenstern, Türen und Abschlüssen ermittelt werden müssen. Damit ist die Wärmebrücke im Glas-Rand-Verbund miteinbezogen, was den niedrigeren U-Wert erklärt.

 

WDV-Systeme im Licht der EnEV 2009

Als Wärmedämmung wird im Zuge der Energieeinsparung außen an Neu- und Altbauten immer öfter ein manchmal auch als „Thermohaut“ bezeichnetes Wärmedämmverbundsystem angebracht. Voraussetzung dafür ist eine Außenwand ohne größere Vor- und Rücksprünge, Gesimse, Fenstergewände oder sonstigen Dekor. Grundsätzlich muss der Untergrund tragend und sauber sein, wenn die Wärmedämmplatten angeklebt werden sollen. Bei sehr unruhigen, rissigen Untergründen muss man die Platten andübeln. Es können alle bekannten WDV-Systeme mit mineralischen oder organischen Beschichtungen auf Polystyrolhart­schaum-, Mineralfaser- oder Korkplatten eingesetzt werden. Hier lässt sich zudem die Risssanierung mit der Energieeinsparung sinnvoll verknüpfen. Durch die mindestens 50 mm dicken, in Rissbereichen angedübelten, sonst aufgeklebten Dämmplatten erfolgt eine Entkoppelung von gerissenem Putz auf dem Mauerwerk und der neuen Oberschicht. Außerdem wird durch die Wärmedämmung auch die thermische Rissbewegung unterbunden, die Risse weiten sich also nicht mehr weiter auf.

Altes Mauerwerk nimmt als Bestandteil eines Gebäudes häufig Schaden durch Wasserzufuhr in Form von Kondensat, Regen oder Tau. Um Tauwasserausfall sowohl im Mauerwerk selbst als auch an seiner inneren verputzten Oberfläche und damit die Schimmelbildung zu verhindern, wird man in den meisten Fällen nicht umhin können, es durch ein geeignetes WDV-System vor dem Auskühlen im Winter zu bewahren. Diese Forderung geht Hand in Hand mit dem Postulat der EnEV 2009.

Immer dort, wo denkmalpflegerische Grundsätze verletzt werden oder die Dämmarbeiten unwirtschaftlich sind, gilt die Befreiung von den Vorschriften der EnEV 2009 gemäß § 24 [1]. Allerdings sollten auch am historischen, verputzten Mauerwerk wenigstens die Dämmwerte der bauaufsichtlich eingeführten DIN 4108-4 Wärmeschutz im Hochbau – Wärme und feuchteschutztechnische Kennwerte eingehalten werden. Doch grundsätzlich gilt Bestandsschutz für eine Konstruktion, die wesentlich älter ist als alle bauaufsichtlich eingeführten Normen und Verordnungen unserer Tage. Außerdem stellt sich in diesen Fällen die Frage nach dem Umfang der Wärmespeicherung einer historischen Wand.

Der Überblick über die Wärmeschutzstandards wie sie die EnEV 2009, das Niedrigenergiehaus oder das Passivhaus bisher schon verlangen, zeigt, dass die EnEV 2009 sich mit ihren Anforderungen (vergleiche Tabelle) eng an das Niedrigenergiehaus anlehnt. Sie zwingt beispielsweise alle Bauherren, ihr altes Gebäude zum Beispiel aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg durchschnittlich mit folgenden Dicken der Wärmedämmung auszustatten:

an den Außenwandflächen etwa 150 mm
am Dach beziehungsweise über der obersten Geschossdecke im unausgebauten Dach etwa 200 mm
an der Kellerdecke 100 mm
Außen liegende Fenster müssen laut der Verordnung zudem einem U-Wert von 1,30 W/(m²K) aufweisen.

Mit den von der EnEV 2009 geforderten U-Werten und den daraus resultierenden Dicken eines WDV-Systems wird ein Wohnhaus in seiner Architektur stark verändert. Beim Altbau, insbesondere bei Fachwerkhäusern, beginnt hier bereits die Verunstaltung der äußeren Form des Gebäudes, die sich beim Passivhausstandard bereits gravierend bemerkbar macht. Dieses dann geforderte Einpacken des Hauses in Wärmedämmung wie „einen Kühlschrank“ kritisieren inzwischen viele Fachleute.

 

Literaturtipp: Josef Maier, Energetische Sanierung von Altbauten, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2009.

Autor
Dr. Josef Maier ist freier Autor der bauhandwerk, Dr. für Kunstgeschichte und klassische Archäologie, Fachbuchautor und Referent. Er lebt und arbeitet als freier Architekt, Gutachter und Bauforscher in Erlangen.

Ausnahmeregelungen stellen es in Frage, dass der Altbau­bestand in 50 Jahren der EnEV 2009 entspricht

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