Wiederherstellung der Realschule in der Rittergasse in Basel
Die ehemalige Realschule an der Rittergasse in Basel ist heute wieder eine Schule. Das war nicht immer so. 30 Jahre lang diente sie unter anderem als Bauinspektorat. Die Arge BRH-Architekten und weberbuess Architekten vollendete vor kurzem den Umbau und die Sanierung des historischen Gebäudes.
Die „Untere Realschule“ für Knaben an der Rittergasdse in Basel wurde 1887 vom damaligen Kantonsbaumeister Heinrich Reese erbaut. Da in den 1980er Jahren viele Familien von der Innenstadt aufs Land oder in die umliegenden Quartiere zogen, nutzte die städtische Verwaltung das Gebäude für ihre Bedürfnisse um. Die Unterrichtszimmer wurden in kleine Büroeinheiten unterteilt, ins Auge des repräsentativen Treppenhauses platzierte man einen Lift. Den größten Eingriff bildete das eingezogene Zwischengeschoss im großen Examensaal. Dabei wurde ein erheblicher Teil der sehr aufwändigen Ausstattung zerstört.
Seit in den letzten Jahren Familien wieder vermehrt in der Innenstadt wohnen, steigt dort auch der Bedarf an Schulen. Deshalb konnte das Gebäude zu seiner ursprünglichen Nutzung zurückgeführt werden. Die Sanierung und den Umbau zur Primarschule realisierten die Arbeitsgemeinschaft und Generalplaner BRH-Architekten und weberbuess Architekten. Dabei erwies sich, dass die ursprünglich rund 60 m² großen Räume in ihrem Zuschnitt die heutigen Anforderungen erfüllen. Wohl ist der Platzbedarf pro Schüler heute deutlich größer, die maximale Anzahl pro Klasse hat sich aber fast halbiert. Nach dem Umbau werden im östlichen Flügel des Gebäudes drei Klassenzimmer pro Geschoss plus ein gemeinsam genutzter Gruppenraum angeboten. Im westlichen Flügel liegen die Tagesstrukturräumlichkeiten sowie weitere Unterrichtszimmer und die Schulleitung.
Rückführungskonzept
Im Zentrum des Gebäudes befindet sich der wieder hergestellte Examensaal, der heute als Aula dient. Bei dessen Rückführung strebten die Architekten nicht die originalgetreue Rekonstruktion der historischen Bausubstanz an. Vielmehr abstrahierten sie die Geometrien der Holztäfelung. Die neu interpretierte Struktur aus plastisch ausgebildeten Wand- und Deckenbekleidungen gliedert einerseits den Raum und dient andererseits der Akustik.
Im Vergleich zur Aula sind alle weiteren Eingriffe viel zurückhaltender. Schicht für Schicht entfernten die Handwerker die nachträglichen Einbauten, bis die ursprüngliche Struktur und die ursprünglichen Materialien in einem erstaunlich guten Zustand zum Vorschein kamen. So konnten etwa das Brusttäfer und die massiven Eichenparkettböden in weiten Teilen saniert und wiederverwendet werden. Zur wesentlichen Verbesserung des repräsentativen Treppenhauses trug die Umplatzierung des Lifts aus dem Auge in einen Seitenbereich bei. Damit wurden die markanten Gusseisenstützen als wichtiges Architekturelement wieder freigestellt. Nicht zuletzt deshalb erscheint das Innere des Gebäudes seit dem Umbau heller und übersichtlicher. Dazu tragen auch die neuen verglasten Brandabschlüsse zwischen den Korridoren und dem Treppenraum bei.
Im Mansardengeschoss sind die Aufenthalts- und Arbeitsbereiche der Lehrer untergebracht sowie die Bibliothek, zwei Förderzimmer und ein großer Mehrzweckraum. Aufgrund der Lage gibt es in diesen Räumen lediglich kleine Guckfenster, die sich im Friesbereich der Fassade direkt unter dem Dachvorsprung abzeichnen. Über Glasoberlichter und Glasdecken fällt zusätzlich zenitales Licht ein und sorgt für genügend natürliche Belichtung.
Referenzen: die Farbgestaltung
In den Innenräumen waren bauzeitliche Funde Ausgangslage für das Farbkonzept. Diese wurden aber nicht einfach übernommen, sondern differenziert und behutsam angepasst. Der ursprünglich relativ dunkle, braunrote Ton des Brusttäfers wurde aufgehellt und mit mehr roten Pigmenten vermischt. In den Räumen sind die Farben der Türen, der Abschlüsse und der Wandbekleidungen etwas heller als in den Verkehrsflächen. Ein komplementär auf das Rot abgestimmtes Grün unterstreicht die Bedeutung der Aula. Im Dachgeschoss haben die Maler die Türen, Einfassungen und Wandbekleidungen wie Tapeten in hell abgestuften Grautönen gestrichen.
Farbenfroh ist die Gestaltung des Treppenhauses. Hier konnten die Primarschüler mitwirken.
An der Fassade dominiert straßenseitig der „grüne“ Sandstein, der je nach Herkunft (Bern oder Vogesen) mehr ins Rötliche oder mehr ins Gräuliche tendiert. Auf der Hofseite nehmen die Fenstereinfassungen und die Ecksteine das Grün wieder auf, während die Wandflächen in einem hellen Rot verputzt sind.
Im neuen Schuljahr waren die Arbeiten im Gebäude abgeschlossen. Ende 2020 konnte auch die Bibliothek bezogen werden. Das historische Gebäude zeigt, wie gut die alte Nutzung mit der zeitgemäßen Schulstruktur vereint werden kann.
AutorinDipl. Architektin SIA Katharina Marchal ist freie Fachjournalistin in Basel. Sie kooperiert in der Medien- und PR-Arbeit für Architekturbüros mit der Agentur gisela graf communications in Freiburg.
Baubeteiligte (Auswahl)
Architekten BRH Architekten, Basel,
www.brh-architekten.ch / weberbuess Architekten, Basel, www.weberbuess.ch
Statik Rapp Infra, Münchenstein, www.rapp.ch
Rückbauarbeiten Euro Bau, Basel
Rohbauarbeiten Straumann Hipp, Basel,
www.straumannhipp.ch
Wandverkleidung Aula Firma Bard, Münchenstein, www.bard.ch
Malerarbeiten Meier Maler, Basel,
www.meiermaler.ch
Gipserarbeiten Firma Rodoni, Basel,
www.rodoni-ag.ch
Schreinerarbeiten Schreinerei Daniel Hettich,
Riehen, https://hettich.swiss / Firma Tschudin, Münchenstein, www.tschudinag.ch / Hürzeler Holzbau, Magden, www.huerzeler-holz.ch