Leserbrief zu bauhandwerk 11.2021, Seite 30 - 31, Neubau mit Charme und echtem Stuck
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Interesse lese ich immer Ihre Zeitschriften.
In der bezeichneten Ausgabe muss ich unbedingt mal eine Anmerkung machen. Tischzüge in Zementmörtel für Fassaden gehen überhaupt nicht. Als Titel hätten Sie besser geschrieben „Bitte nicht nachmachen“.
Wir sind ein Stuckateurbetrieb, der sich seit 1970 ausnahmslos mit Restaurierungsarbeiten am Baudenkmal beschäftigt. Schwerpunkt Fassaden.
Tischzüge auf ZM-Basis gehen natürlich einfacher und schneller vonstatten. Auf Grund von möglicher Kostenminderungen, haben wir diese Technik um 1970 natürlich auch mal getestet.
Auf Grund von massiven bauphysikalischen Schäden, die kurz nach der Fertigstellung aufgetreten sind, haben wir diese Methode sofort wieder eingestellt.
Was da passiert ist folgendes: Durch unterschiedliche Dicken der Zementstuckprofile (Profilabwicklungen) entstehen unterschiedliche Spannungen, die bereits auf dem Tisch zu Verwerfungen führen.
Eingebaute Profile, die verklebt und gedübelt sind, sind sehr großen thermischen Spannungen unterlegen, Aufheizung bei Sonneneinstrahlung eventuell bis 50 Grad am Tag und nächtliche Abkühlung.
Dadurch entstehen zwangsläufig ständige Volumenvergrößerungen- und Schrumpfungen. Ablösungen und Schüsselungen der Profile sind dadurch bedingt. Anschlussnähte öffnen sich.
Die Schäden sind außerdem irreparabel.
Erfahrungsgemäß nach alten Überlieferungen der Stuckateur-Handwerkstechnik, ziehen wir Fassadenprofile nur vor Ort oder stellen diese im Vergussverfahren mittels Negativformen her, die wir aus Gips herstellen. Die letztere Methode hat sich als die effizientere erwiesen und wird in unserem Betrieb nur noch praktiziert …
Etliche Rückführungen von kriegszerstörten Fassaden im Köln-Bonner Raum haben wir bereits nach alter Tradition wiederhergestellt …
So genannte Tischzüge werden allerdings bei Gipsprofilen für den Innenbereich bevorzugt hergestellt. Der Gips hat bauphysikalisch keine negativen Eigenschaften. Allerdings wurde auch Fassadenstuck schon im ausgehenden 19. Jahrhundert aus Gips hergestellt und abschließend mit Standölfarben gestrichen.
Mit freundlichen Grüßen
Friedrich Antoni
Stuckateurmeister-Restaurator, F. Antoni GmbH, Bornheim