Das Dortmunder „U“ ist ein hervorragendes Beispiel dafür, welches Potential in Industriedenkmalen steckt
Mal ehrlich: Wenn man Sie fragen würde, wie Sie wohnen möchten, was würden Sie da sagen? In einem Schloss, einer Burg, einer Villa, einer umgebauten Kirche oder Fabrik? Oder würde die Antwort realistischer ausfallen: In einem Mehrfamilienhaus aus den 1990er Jahren, Reihenhaus aus den 1980er Jahren oder sanierten Siedlungshaus aus den 1950er Jahren? Genau das hat die immowelt AG im Juli etwa 800 Deutsche gefragt. Das Ergebnis ist kurios. Auf der einen Seite wollen ein Viertel der Befragten in einem Hausboot wohnen, etwas über 20 Prozent in einem alten Bauernhof und etwa 10 in einem Wohnmobil dauerhaft auf Achse sein. Jeweils deutlich unter 10 Prozent entfielen auf das Baumhaus im Wald, den umgebauten Luftschutzbunker oder den Bauwagen in der Stadt. Auf der anderen Seite sagen aber etwa ein Drittel der Befragten, dass sie ein eher konventioneller Wohntyp seinen. Es gibt demnach eine große Gruppe Deutscher, die auch bei freier Wahl so wohnen würde, wie sie es tut oder es „üblich“ ist. Andererseits gibt es ein Bedürfnis nach individuellen bis kuriosen Wohnformen. Gerade der Bestand an einst für eine andere Funktion errichteter Gebäude ist in der Lage, solche Bedürfnisse zu befriedigen. In alten Fabriken, Wassertürmen, Speichern usw. steckt ein enormes Potential. Selbst für ein so winziges Gebäude wie ein Trafohäuschen lässt sich eine neue Nutzung finden: Wie ab Seite 8 im Top Thema dieser Ausgabe der bauhandwerk beschrieben, machten die Architekten Nalbach+
Nalbach aus dem auf einer Grundfläche von weniger als 2 x 2 m stehenden Backsteinturm ein Kinderhotel.
Die Umnutzung des Dortmunder „U“ (Turm der Dortmunder Union Brauerei) durch das Büro Gerber Architekten ist – was die Größe anbelangt – am anderen Ende der Skala angesiedelt: Als wir das Gebäude vor zwei Jahren vor dem Umbau besichtigten, war es, als stiege man durch eine unwirkliche, vom Tageslicht abgeschnittene Welt, wie sie sich der Zeichner Piranesi vielleicht ausgedacht hätte. Wie ab Seite 18 in allen Einzelheiten zu sehen, wurde es für eine museale Nutzung umgebaut. Das Dortmunder „U“ ist ein hervorragendes Beispiel dafür, welches Potential in Industriedenkmalen steckt und was man daraus machen kann.
Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht