Sanierung und Umbau der Alten Mälzerei in Lauterhofen zum Kulturtreff
In Lauterhofen stand in zentraler Lage ein früheres Mälzereigebäude leer und verfiel zusehends. Im respektvollen Umgang mit dem denkmalgeschützten Bestand transformierten Berschneider + Berschneider Architekten den historischen Bau zu einem Ort mit kultureller Nutzung für Bürger und Gemeinde.
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Ein baulicher Zeuge der einstigen Vielzahl von Privatbrauereien in der Oberpfalz ist die Alte Mälzerei in der Marktgemeinde Lauterhofen, rund 45 km östlich von Nürnberg. Sie lieferte bis in die 1950er-Jahre das Braumalz für den benachbarten Gasthof. Errichtet wurde das zweigeschossige Gebäude bereits im 16./17. Jahrhundert zunächst als Lagerhaus.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es zur Mälzerei umfunktioniert und ein Mälzereiturm an der Nordseite in das Gebäude eingebaut. Man nutzte die bestehenden Lagerböden und lenkte dank eines ausgeklügelten Belüftungssystems die warme Luft aus dem Ofen im Keller durch alle Etagen und konnte so den Mälzprozess individuell steuern.
Ortsbildendes Ensemble
Der zweigeschossige Satteldachbau mit dem Turm der Malzdarre und dem gemauerten Schornstein ist ein markanter Punkt am Marktplatz in Lauterhofen
Foto: Axel Roderus
Trotz seiner relativ geringen Grundfläche von 14,80 x 7,20 m ist der zweigeschossige Satteldachbau mit dem Turm der Malzdarre und dem gemauerten Schornstein ein markanter Punkt am Marktplatz und bildet mit Gasthaus, Kirche und Rathaus ein ortsbildprägendes Ensemble. Durch Wasserschäden und Mauerwerksrisse verfiel die Mälzerei in den vergangenen Jahrzehnten jedoch zusehends.
2017 erwarb die Marktgemeinde schließlich das denkmalgeschützte Gebäude, um es im Rahmen eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts als offenen Treff für kulturelles Gemeindeleben wiederzubeleben – für ortsansässige Vereine ebenso wie für Jugendgruppen und VHS-Kurse, für Firmen und Privatpersonen.
Stärken den Bestands
Die beauftragten Pilsacher Architekten Berschneider + Berschneider kannten die Alte Mälzerei seit langem und entwickelten ihren Entwurf mit dem Credo, das Vorgefundene möglichst zu bewahren, Historisches offenzulegen und neu Hinzugefügtes klar ablesbar zu machen. Dabei sollte der Charakter des Hauses mit seinen kleinen Fenstern, den unebenen Wandflächen und Holzbalken erhalten bleiben; ein offener Grundriss mit verschiedenen Raumbereichen sollte vielfältige Nutzungen ermöglichen.
Das Mauerwerk des Keller- und Erdgeschosses besteht aus Kalksteinen und ist in das 16./17. Jahrhundert zu datieren, ebenso die Nordfassade mit ihren großen Dolomit-Steinquadern. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Obergeschoss aufgesetzt, mit Fachwerkwänden, die mit geschichtetem Bruchsteinmauerwerk ausgefacht und verputzt wurden.
Die Dachtragwerk ist ein liegender Kehlbalkendachstuhl mit Bindern, dessen Hölzer nach dendrochronologischer Analyse im Jahr 1794 gefällt wurden. Im Lauf der Zeit erhielt das Gebäude einige statische Ertüchtigungen: So dienten im Turm Doppel-T-Träger und Zugbänder der Abfangung und Aussteifung, eine Stahlstütze wurde mittig in das Tonnengewölbe im Kellergeschoss eingebaut. Die Decke über dem Erdgeschoss wurde seit den 1980er-Jahren mit einem Mittelunterzug und einer Stütze verstärkt.
Feuchteschäden und Risse
Einen Großteil der Sparren im Anschluss zum Zerrbalken und im Firstbereich sowie auch viele Kehlbalken mussten die Zimmerer auswechseln
Foto: Berschneider+Berschneider
Durch eindringendes Wasser und Schädlingsbefall war die Schädigung des Gebäudes bereits weit fortgeschritten. Da die Tragfähigkeit, insbesondere der Hölzer, stark beeinträchtigt war, mussten Teile der Konstruktion ersetzt und erneuert werden. Das betraf zum einen das Dach: Ein Großteil der Sparren im Anschluss zum Zerrbalken und im Firstbereich sowie auch viele Kehlbalken mussten die Zimmerer auswechseln oder Teile ergänzen. Das neue Holz passte man farblich nur leicht an, um eine Ablesbarkeit zu ermöglichen. Durch die neue, in Absprache mit dem Denkmalamt mögliche Aufsparrendämmung bleibt die Dachkonstruktion im Raum erlebbar.
Zum anderen war die Wandkonstruktion stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Außenmauer an der Westfassade bauchte sich bis zu 20 cm aus, und in den Bruchsteinwänden gab es zahlreiche Risse, bedingt zumeist durch Dachschubkräfte. Nach der Sanierung des Dachstuhls behoben die Handwerker die Schäden im Mauerwerk, säuberten die lockeren Fugen und verfugten sie mit Kalktrassmörtel neu.
Dämmputz auf Kalkbasis
Bei den Fachwerkwänden wechselten sie die zerstörten Hölzer aus oder ergänzten sie. Dazu wurden die Bruchsteine der Ausfachungen ausgebaut und nach der Sanierung wieder aufgemauert. Allerdings waren die Fachwerkwände im nordwestlichen Teil so großflächig zerstört, dass hier ausnahmsweise die Gefache mit Ziegelmauerwerk gefüllt wurden. Abschließend wurden die Bruchsteinwände und Fachwerkfassaden in Abstimmung mit dem Denkmalamt mit einen Wärmedämmputz auf Kalkbasis verputz. Im Innenraum ist das Fachwerk mit verputzten Gefachen auf Sicht belassen.
Die Stahlstütze im Kellergewölbe wurde im eingebauten Zustand mittels Sandstrahlen von Rost befreit und mit Owatrolöl vor weiterer Feuchteeinwirkung geschützt
Foto: Berschneider+Berschneider
Entfernt und ersetzt werden mussten die stark korrodierten Stahlprofile im Turm. Die Stahlstütze im Kellergeschoss wurde im eingebauten Zustand mittels Sandstrahlen von Rost befreit und mit Owatrolöl vor weiterer Feuchteeinwirkung geschützt.
Anpassen an neue Raumnutzungen
Der Grundgedanke der Architekten war, die früheren Raumstrukturen und die konstruktiven Elemente ablesbar zu belassen und die neuen Funktionen rücksichtsvoll in den Baukörper einzufügen. Um eine adäquate Raumhöhe für die neue Nutzung zu schaffen, wurden die Böden im Erd- und Kellergeschoss tiefergelegt. Im Keller entfernte man den Bodenaufbau komplett.
Der teils anstehende Fels, auf dem das Tonnengewölbe errichtet ist, musste in die neue Planung mit aufgenommen werden und ist im hinteren Teil auch sichtbar geblieben. Der Bodenaufbau besteht nun aus Stahlbetondecke, Trittschall- und Wärmedämmung, Estrich sowie strapazierfähigen Fliesen. Auf rund 66 m2 bietet sich der Raum mit seinen maßgeschmiedeten Einbauten für Workshops, Töpfer- und Bastelkurse an.
Im Erdgeschoss trug man den vorhandenen Boden bis zum Gewölberücken ab. Neu eingefügt sind nun eine zementgebundene Gewölbeschüttung sowie Trittschall- und Wärmedämmung, ein Estrich und Massivholzdielen aus Eiche als Bodenbelag. Entfernt wurde auch die später hinzugefügte Stütze im Raum sowie der Unterzug. Um das Raumvolumen bis unter das Satteldach erlebbar zu machen, ließen die Architekten einen Großteil der Deckenplatten über dem Erd- und Obergeschoss herausnehmen, so dass der Blick nun über die beiden neu eingezogenen Ebenen bis in den imposanten Dachstuhl reicht.
Die Lounge im Mälzereiturm
Blick nach oben in den Turm: Das neu eingebaute Oberlicht im ehemaligen Mälzkamin holt das Tageslicht herein
Foto: Axel Roderus
Der 50 m² große Multifunktionsraum des Erdgeschosses verfügt über 30 Sitzplätze und lädt zu Ausstellungen, Vorträgen und Musikabenden ein. Von hier gelangt man auch zur introvertierten Lounge im Mälzereiturm, die sich für kleinere Runden eignet. Durch das neu eingebaute Oberlicht im ehemaligen Mälzkamin strömt das Tageslicht hier bis ins Erdgeschoss.
Eine neue Treppe führt zur kleinen Galerie des Obergeschosses und weiter zur Plattform unter dem Dachstuhl, die als Besprechungs- und Seminarraum für 12 Personen genutzt werden kann. Bei den beiden oberen Ebenen wurde der gesamte Deckenaufbau bis auf die Deckenbalken ausgebaut. Als neuer Bodenbelag dienen Dreischicht-Eichendielen.
Alt und neu im Dialog
Die freigelegten Deckenbalken und der historische Dachstuhl sowie die vom Putz befreiten Fachwerkwände prägen die Atmosphäre in den Innenräumen. Die neu hinzugefügten Elemente sind in ihrer klaren Linienführung und ehrlichen Materialität zurückhaltend gestaltet und deutlich vom Bestand abgesetzt. Einbauten aus Schwarzstahl bilden die Akzente im Innenraum: Die Treppe aus Riffelblech und schmalen Stahlwangen ebenso wie die neu eingefügte Box auf der Galerieebene, die die Sanitärräume aufnimmt.
Einbauten aus warmgewalzten Schwarzstahl bilden Akzente im Innenraum: Auf der Galerie im Obergeschoss befinden sich die Sanitärräume in einer neu eingefügten Box
Foto: Axel Roderus
Die Unterkonstruktion aus Stahlprofilen ist bekleidet mit Platten aus warmgewalztem Schwarzstahl, dessen Oberfläche nur geölt wurde. Die aus Rahmenmodulen bestehende Box bauten die Schlosser zunächst in der Werkstatt auf, bevor sie wieder in Teile zerlegt auf die Baustelle transportiert und mit einem Flaschenzug positioniert und montiert wurde. Von der Wand abgerückt, scheint die Box auf den Balken zu schweben. Die neuen Einbauten sind so ausgeführt, dass ein späterer Rückbau und damit eine Umnutzung der Mälze einfach möglich ist.
Kupferrohre als Wasserhahn
Wie bei allen ihren Projekten legen die Architekten auch bei der Alten Mälze großen Wert darauf, Innenarchitektur und Architektur gesamtheitlich zu planen und aus einem Guss zu realisieren. Das umfasst hier die maßgeschneiderten Einbauten, die den begrenzten Raum geschickt nutzen, ebenso wie das differenzierte Lichtkonzept und Details mit direktem Verweis auf die Geschichte des Gebäudes: So sind erhaltene Ziegelplatten des ehemaligen Bodenbelags für die Lounge im Turm wiederverwendet.
Ein altes Bierfass als Waschtisch in der Toilette erinnert an die Brauereigeschichte des Gebäudes
Foto: Axel Roderus
Mit Kupferrohren als Wasserhahn und einem alten Bierfass als Waschtisch zitiert die Toilette die Brauereigeschichte des Gebäudes. Und auch der Heizkörper aus Stahlrohren im Gewölbekeller, von den Architekten individuell entworfen und in Zusammenarbeit mit dem Heizungsbauer realisiert, spielt auf die frühere Nutzung des Gebäudes an.
Die eigentliche Gebäudeheizung ist allerdings unsichtbar hinter dem Putz verborgen: die Sockel- und Wandheizung in Keller- und Erdgeschoss sorgt für eine gleichmäßige Temperierung und hält zugleich die historischen Mauern trocken. Aufgrund der beengten Platzverhältnissen integrierten die Architekten die Gastherme nach Rücksprache mit dem Schornsteinfeger und Heizungsbauer im nicht einsehbaren Kuppelbereich des Mälzturms; der Zugang erfolgt bei Bedarf über eine Leiter in das Kuppelgewölbe.
Fazit
Mit dem Umbau und der Sanierung der Alten Mälze haben die Architekten nicht nur die räumlichen und atmosphärischen Qualitäten des Gebäudes gestärkt und Alt und Neu facettenreich kombiniert. Das Projekt zeigt das Potenzial von Bestandsbauten im historischen Ortskern und hat auch eine Leuchtturmwirkung für Lauterhofen, in dessen Zentrum zahlreiche Altbauten leer stehen.
AutorinDipl.-Ing. Claudia Fuchs studierte Architektur an der TU München. Sie arbeitet als freie Redakteurin und Autorin unter anderem für die Zeitschriften Detail, Baumeister, dach+holzbau und bauhandwerk.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr Gmeinde Lauterhofen
Planung Berschneider + Berschneider, Architekten BDA + Innenarchitekten, Pilsach,
www.berschneider.com
Brandschutz Steinhofer Ingenieure, Regensburg,
www.steinhofer-ingenieure.com
Bauunternehmen Weigert GmbH, Hohenburg,
weigertbau.de
Gerüstarbeiten Hubert Haller, Amberg-Gailoh, www.dachdecker-haller.de
Zimmerei/Dachdeckerarbeiten Holzbau Dirner,
Lauterhofen, www.dirner-holzbau.de
Spenglerarbeiten Lehmeier Zimmerei, Lauterhofen,
lehmeier-zimmerei.de
Putzarbeiten Objekt Denkmal, Neumarkt,
Fenster/Türen Metallbau Dörnhöfer Stahl-
Metallbau, Kulmbach,
Estricharbeiten Grötsch, Sulzbach-Rosenberg
Parkettarbeiten Boden Walter, Mühlhausen,
www.walter-boden-raum.de
Schreinerarbeiten Schreinerei Herteis, Lauterhofen,
www.tischler-schreiner.org