Ersteller wie Nutzer von Fassadengerüsten sind für ihre Beschäftigten gleichermaßen verantwortlich
Unabhängig von den auszuführenden Arbeiten an der Fassade benötigt jedes beteiligte Gewerk grundsätzlich ein sicheres Arbeitsgerüst. Die seit dem 11. Februar 2019 gültige TRBS 2121-1 unterscheidet deutlich zwischen den Phasen der Gerüsterstellung (Auf-, Um- und Abbau) und der Gerüstnutzung.
Verließen sich bisher die nachfolgenden Gewerke beziehungsweise deren Verwender in der Praxis zuweilen auf die Arbeit des Gerüstbauers, oder auch bei vielen Restauratoren, Malern und Stuckateuren mit eigenem Gerüst auf das praktische Know-how ihrer eigenen Teams, so setzt die Neufassung der Technischen Regeln für Betriebssicherheit TRBS 2121 Teil 1 „Gefährdung von Beschäftigten durch Absturz bei der Verwendung von Gerüsten“ allen beteiligten Parteien seit dem 11. Februar 2019 sehr klare und enge Handlungsanweisungen.
Konstruktive Sicherheitslösungen haben Vorrang
In der praktischen Umsetzung sind beim Auf-, Um- und Abbau von Gerüsten technische Schutzeinrichtungen stets vorrangig zu verwenden, und zwar vor Auffangeinrichtungen und vor persönlichen Schutzausrüstungen. Dieser vorgeschriebene flächendeckende Einsatz technischer Schutzmaßnahmen bereits bei der Gerüsterstellung verändert unmittelbar die handwerklichen und zeitlichen Abläufe und erlaubt den bisher etablierten Einsatz Persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz (PSAgA) nur noch in Ausnahmefällen, wenn der Einsatz technischer Absturzsicherungen nicht möglich ist.
Auftraggebern muss bei der Vergabe von Gerüstbauarbeiten klar sein, dass die möglichen Folgen der Neufassung der TRBS 2121-1 – ein in der Regel gesteigerter Aufwand sowie ein erhöhter Vergütungsanspruch des Auftragnehmers – Ausdruck der Qualität der Werkleistung sind.
Verpflichtende regelmäßige Gefährdungsbeurteilung
Eine wirksame Absturzsicherung muss alle Arbeiten mit dem Gerüst berücksichtigen. Insbesondere bei der Montage und beim Arbeiten auf Fassadengerüsten bestehen eine Vielzahl von Gefahren, die durch präventive Maßnahmen verringert werden können. Nach dem Arbeitsschutzgesetz (§5) ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, vor Beginn der Arbeiten zwingend eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Die Gefährdungsbeurteilung erfolgt individuell und hat das Ziel, die bei der Verwendung von Gerüsten möglichen Gefahren im Vorfeld zu ermitteln und daraus die notwendigen Schutzmaßnahmen für jedes Gewerk zu definieren. Die Gefährdungsbeurteilung ist in der Praxis nur dann effektiv, wenn sie von den Verantwortlichen regelmäßig überprüft und an sich ändernde Situationen angepasst wird.
Erforderliche Schutzmaßnahmen nach TRBS 2121-1
Grundsätzlich sind nach der Neufassung der TRBS 2121-1 bestimmte Schutzmaßnahmen zwingend vorgeschrieben. Dazu zählt zunächst einmal der Nachweis der Brauchbarkeit. Dieser gilt als erbracht, wenn der Aufbau nach allgemein anerkannter Regelausführung erfolgt und sofern in der jeweiligen Landesbauordnung (LBO) gefordert, das Gerüstsystem über eine gültige, allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfügt. Falls die Brauchbarkeit nicht erbracht ist, muss sie in Form eines Standsicherheitsnachweises sowie der Erstellung einer Montageanweisung (Plan für den Auf-, Um- und Abbau) und einer Gebrauchsanleitung (Plan für den Gebrauch) erfolgen, der alleinige Einsatz einer Aufbau- und Verwendungsanleitung (AuV) reicht nicht mehr aus. Zudem müssen jetzt auch Angaben zu Zugängen und Prüfzeitpunkten, differenziert zwischen Montage und Nutzung erstellt werden.
Besonderes Augenmerk gilt der vorlaufenden Absturzsicherung. Diese ist als Seitenschutz auszuführen – sowohl beim vertikalen als auch beim horizontalen Handtransport von Gerüstbauteilen. In den Gerüstfeldern für den vertikalen Handtransport muss der Seitenschutz (Geländer und Zwischenholm) zweiteilig sein. Auf der obersten Gerüstlage muss für den Horizontaltransport von Gerüstbauteilen (bei durchgehender Gerüstflucht) mindestens ein einteiliger Seitenschutz oder ein Montagesicherungsgeländer verwenden werden. Bei Einsatz einer PSAgA muss ein Rettungskonzept ausgearbeitet sein. Die danach erforderliche Rettungsausrüstung ist auf der Baustelle vorzuhalten.
Kennzeichnung und Inaugenscheinnahme
Der Gerüstersteller, in der Regel ein Gerüstbauunternehmen, muss gemäß § 3 ProdSG (Produktsicherheitsgesetz) dem Gerüstnutzer, also dem nachfolgenden Gewerk (Maurer, Maler, Stuckateur, Dachdecker) ein sicheres Gerüst bereitstellen. Den Nachweis, dass das Gerüst sicher ist, kann der Gerüstersteller gegenüber dem Gerüstnutzer durch das Protokoll einer Abnahmeprüfung erbringen. Dabei ist die Kennzeichnung am Gerüst Bestandteil der Prüfung und Voraussetzung für die Inaugenscheinnahme.
Die TRBS 2121-1 sieht vor, dass jeder Arbeitgeber vor dem Gerüstgebrauch durch seine Beschäftigten eine Inaugenscheinnahme und erforderlichenfalls eine Funktionskontrolle durchzuführen hat beziehungsweise durchführen lässt. Dies gilt auch, wenn das Gerüst von mehreren Unternehmern (Gewerken) gleichzeitig oder nacheinander genutzt wird. Dabei ist die Inaugenscheinnahme auf Grundlage der Kennzeichnung des Gerüsts und gegebenenfalls eines Prüfprotokolls des Gerüsterstellers durchzuführen. Auch der Arbeitgeber, der ein Gerüst für den Gebrauch durch seine eigenen Beschäftigten erstellt, hat vor dem erstmaligen Gebrauch das Gerüst zu prüfen beziehungsweise prüfen zu lassen. Dies gilt auch für zusätzliche Prüfungen nach jeder Veränderung durch Umbau oder Ergänzung oder Reduktion. Entscheidend sind in der Praxis eine schriftliche Dokumentation sowie die regelmäßige, nachhaltige Information und Überprüfung aller Beschäftigten im Betrieb, diese auch einzuhalten. Alle Aufzeichnungen müssen am Einsatzort mindestens bis zur nächsten Prüfung aufbewahrt werden.
Gerüstmontage aus sicherer Position
Der Grundsatz der hohen konstruktiven Sicherheit mit vorlaufendem Seitenschutz bei Auf-, Um- und Abbau des „Peri Up“ Gerüstsystems ist bereits seit 1998 – also bereits seit 21 Jahren – mit Einführung des damaligen T-Rahmens für den Familienbetrieb aus Weißenhorn eine Selbstverständlichkeit.
Wie fortgeschritten die systemintegrierte Aufbau- und Verwendungssicherheit heute sein kann, zeigt der modulare Gerüstbaukasten „Peri Up“. In der Ausführung als längenorientiertes Arbeitsgerüst für Fassaden kann sowohl mit dem asymmetrischen, offenen „Easy“-Rahmen als auch mit dem „Easy“-Stiel der Grundaufbau in der Regelausführung aus einer gesicherten Position auf-, um- und abgebaut werden. Dabei können sämtliche Bauteile von unten eingehängt und verriegelt werden, bevor die neu erstellte Gerüstebene überhaupt betreten wird. Wie bei den vertikalen Bauteilen bewegen sich bei „Peri Up“ auch die Flächenmaße der Beläge im metrischen Raster.
Wirtschaftliche Lösung für Betriebe
Das Peri Gerüstsystem löst sich mit seiner Verbindungs- und Befestigungstechnik von traditionellen Systembauweisen. Mit „Peri Up“ ist es gelungen, die Eigenschaften von Rahmen- und Modulgerüsten in einem Systembaukasten zu vereinen, gleichzeitig ist die Anforderungen der TRBS 2121-1 mit der vorlaufenden Absturzsicherung systemintegriert, also ohne zusätzlichen Montageaufwand, zu erfüllen. Dies gilt gleichermaßen für den „Easy“-Rahmen, den „Easy“-Stiel und den „Flex“-Stiel. Auch komplexe und kleinteilige Einrüstungen, wie sie gerade bei Altbauten mit ihren Erkern und Auskragungen regelmäßig vorkommen, lassen sich mit „Peri Up Easy“ einfach, schnell und vor allem sicher herstellen. Denn auch mit den Stielen und Riegeln kann das Gerüst vorlaufend auf-, um- und abgebaut werden. Mit den verschiedenen Längen der Riegel und Beläge, der Belagsbreite von 25 cm und dem möglichen Richtungswechsel der Beläge lassen sich Arbeitsflächen nahezu spaltenfrei abdecken. Bei „Peri Up“ kann die Spannrichtung der Beläge innerhalb eines Feldes mit vier tragenden Stielen an nahezu jeder beliebigen Stelle geändert werden. So lassen sich auch komplizierte Geometrien wirtschaftlich einrüsten. Alle diese Maßnahmen reduzieren einerseits die Absturzgefahr, andererseits erlauben sie einen schnellen Aufbau des Gerüsts.
AutorDr. Klaus Fockenberg ist Freier Architekt und Freier Journalist. Er lebt und arbeitet in Waldenbuch bei Stuttgart.