Echte Handarbeit
Das Ornament hat in der Außen- und Innengestaltung nach Jahrzehnten weißer Wände wieder Anklang gefunden – das gilt für Architekten und Auftraggeber gleichermaßen. Im Rahmen dieses Beitrags werden
Einsatzmöglichkeiten für Schablonenarbeiten in plastischer Ausführung vorgestellt.
Die plastische Schablonierung an der Fassade mit Ornamenten und Schriftzügen hat eine lange Tradition – diese Techniken sind aber in den letzten 50 Jahren wohl vergessen oder verlernt worden. Die Ausführung verlangt nicht nur handwerkliches Geschick, sondern auch Gestaltungssicherheit in Form und Farbe. Dazu gehören auch ausreichende Kenntnisse in Stilkunde. Verschiedene Grundregeln sowie ein gesundes Maß an Zurückhaltung sollten eingehalten werden. Der Handwerker muss nämlich berücksichtigen, dass solche Arbeiten an der Fassade 20 Jahre und länger bestehen bleiben. Gerade bei öffentlichen Gebäuden muss man besonders sensibel und gekonnt zurückhaltend zu Werke gehen.
In Innenräumen beträgt die „Lebenszeit“ der Ornamente dagegen im Schnitt nur etwa vier bis sechs Jahre. Hier ist daher auch eine Fülle unterschiedlicher individueller Gestaltungen möglich. In Verbindung mit aktuellen Edelputzen sind neben modernen Motiven auch prähistorische, japanische und afrikanische Stilelemente sehr beliebt. Gleiches gilt für nostalgische Ornamente aus verschiedenen Stilepochen. In gewerblich genutzten Gebäuden wie Läden, Hotels oder Gaststätten, muss die Schablonierung nur wenige Jahre aktuell bleiben. Bei der Gestaltung sollte man dennoch nicht unbedingt immer extravaganten Modetrends folgen. Für nur wenige Tage dauernde Messen oder Ausstellungen sind dagegen mutige, effektvolle Gestaltungsideen gefordert.
Für einfache, zeitlose Ornamentik als plastische Schablonierung gibt es auch heute wieder viele Einsatzgebiete am Neubau und im Bestand. Dazu bieten sich zum Beispiel Leer- oder Teilbereiche der Fassade an; Hauseingänge lassen sich auf diese Weise ebenso ansprechend gestalten. Die plastische Schablonierung kann dezent im Wandfarbton überstrichen oder farbig positiv und negativ ausgeführt werden. Als Hintergrund kann der Handwerker dafür auch ein kontrastfarbiges Band anlegen. Man sollte bei der Gestaltung möglichst auf einfache, zeitlose Formen zurückgreifen, wie Quadrat, Dreieck, Rechteck und Kreis.
Geeignete Materialien
Als Material für das Schablonieren bieten sich die neuen weißen und farbigen Lehm- und Kalkedelputze an, beispielsweise der Lehmedelputz Yosima von Claytec oder die effektvollen neuen Kalkedelputze von Hessler Kalk & Putz. Die natürlichen, unterschiedlichen Farbtöne sind von Reinheit und Tiefe geprägt. Natürliche Zuschläge verstärken die Wirkung noch.
Außen ebenso wie innen haben sich Spachtelmassen von Pufas bewährt, wenn die Schablonierung überstrichen werden soll. Gute Mineral- und Kunststoffputze sind ebenfalls geeignet. Ein perfektes Ergebnis verlangt vom Maler, Stuckateur oder Putzer allerdings auch eine ausreichende Einarbeitung. Das Material muss nicht nur problemlos verarbeitet werden können, sondern gut haftend, rissfrei und ohne Schwund trocknen.
Nicht nur glatte Untergründe sind für die Schablonierung geeignet. Auf leicht strukturierten, rauen Untergründen, wie Dekor- oder Streichputzen, werden die Motive leicht unscharf. Das erzeugt einen besonderen Reiz und ist materialtypisch für hochwertige Handwerksarbeit.
Schablonieren in der Praxis
Zuerst misst der Handwerker die Fächen ein und markiert sie durch Abschnüren oder mit Klebeband. Dann wird Plastikmasse klumpenfrei angerührt. Alternativ kann man auch auf ein bewährtes Fertigprodukt zurückgreifen. Der abziehbare Sprühkleber 3M Creativ Mount, ist ein empfehlenswertes Hilfsmittel. Damit eingesprühte Schablonen können von nur einer Person ohne ansonsten erforderliche Hilfe mehrfach fest angelegt werden. Der abziehbare Kleber beschädigt den Untergrund nicht.
Vor dem Auftrag wird eine Stuckateurkelle, ein Glätter oder ein breiter Japanspachtel mit ausreichen Material versehen. Dann wird das Material ohne Unterbrechung ruckfrei über die angelegte Schablone gezogen. Aber Achtung: Ist der Druck zu hoch, wird das Material unsauber unter die Schablone gepresst. Also vorher gründlich üben! Nicht gewünschte kleine Grate können vor dem Überstreichen leicht trocken abgerieben werden. Kleinere Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche sind keine Fehler sondern ein Zeichen für echte Handarbeit.
Die Auftragsdicke beim Aufziehen wird durch den Andrückwinkel bestimmt. 3 bis 4 mm können problemlos aufgebracht werden. Dickere Schichten lassen sich nur mit speziellem Material, zum Beispiel der wetterfesten Spachtelmasse V 30 von Pufas, ausführen. Auf eine Probeschablonierung sollte man grundsätzlich nicht verzichten. Der gleichzeitige Einsatz von zwei Schablonen spart übrigens viel Zeit, weil auf diese Weise der Arbeitsfluss nicht zu sehr von der erforderlichen Reinigung unterbrochen wird.
Farben und Formen
Gute Schablonenarbeiten leben jedoch nur durch richtige Farb- und Formenkombinationen, passend zu weißen oder farbigen Untergründen. Diese können positiv oder negativ zum Untergrund ausgeführt werden. Helle Motive auf dunklem Untergrund wirken interessanter. Alle Arbeiten sollten den typischen, materialgerechten „Handstrich“ des ausführenden Handwerkers zeigen.
Lichtreflexwerte unterschiedlicher Farbtöne dürfen nicht gleich oder zu ähnlich sein. Solche Farbkombinationen „schwimmen“. Die Hellbezugswerte sind auf der Rückseite der Muster in den Farbtonblöcken zu finden.
Die Zeiten, in denen ganzflächig schabloniert wurde, sind natürlich längst vorbei. Trotzdem ist es lohnenswert, sich einmal mit dieser schönen Technik zu befassen. Die Hersteller von Edelputzen, Spachtelmassen, Schablonen und Werkzeug sind bei Interesse äußerst hilfreich, und an historischen Fassaden des Historismus, Jugendstils und Art deco finden sich viele Beispiele plastischer Formen als Vorbilder.
Autor
Hans Jürgen Ronicke ist Malermeister, Innenarchitekt WKS, Restaurator im Handwerk und freier Autor unter anderem der Zeitschrift bauhandwerk. Er lebt und arbeitet in Wittenberg.
Ornamente plastisch schablonieren – Tipps zu Materialwahl und Verarbeitung
Gute Schablonenarbeiten leben nur durch richtige Farb- und Formenkombinationen