Rustikale Oberflächen

Der zweite Teil unserer Serie über historische Putztechniken und ihre Ausführung zeigt den Altdeutschen Putz, der durch Reiben des angeworfenen Mörtels in alle Richtungen entsteht. Bekannt ist dieser Putz auch unter den Bezeichnungen Kellenzugputz oder gedeckter Putz.

Überwiegend wurde der Altdeutsche Putz im 13./14. Jahrhundert eingesetzt. Aufgrund seiner einfachen Verarbeitung hat sich diese Technik aber bis heute erhalten.  Meist wurde der einlagig aufgebrachte Putz mit dem Holzbrett vertikal oder bogenförmig verzogen. Die rustikalen, schönen  und natürlichen Oberflächen waren immer das Ergebnis der Gestaltungsfreude des Handwerkers beziehungsweise des Geschmacks des Auftraggebers.

Gleichmäßige Oberflächen wurden bei einer einlagigen Auftragsweise in der Geschichte nicht erreicht. In der heutigen Zeit werden diese Putze auf einen Kalk- beziehungsweise Kalk-Zement-Unterputz verarbeitet, der das Saugverhalten des Untergrunds und die damit verbundene Auftragsdicke reguliert. Um die Gestaltungsmöglichkeiten des Putzes zu erhalten, sollte schon der Unterputz dem Untergrund folgen und nicht eine perfekte Ebenheit erreichen.

Zusammensetzung

Die Kornstärken in diesem Putz variierten von dem eingesetzten Sanden vor Ort  in einem Bereich von 0 bis 4 mm beziehungsweise 0 bis 8 mm. Je größer die Körnungen desto dicker wurde der Putz aufgebracht. In der heutigen Zeit, bei industriell gefertigten Putzen, liegen die Größtkörnungen in einem Kornbandbereich von 0 bis 2 mm beziehungsweise 0 bis 4 mm.

In den Putzen aus der Zeit der Gotik konnten nur anteilig hydraulische Bestandteile wie Ziegelmehl oder Kalk eingesetzt werden. Die Materialeigenschaften wurden durch Sieblinien oder Zugaben wie Eiweiße (Molke) beeinflusst. Bei den Altdeutschen Putzen aus unserer heutigen Zeit werden diese Putze mit hydraulischen Kalken, auch Weißzementen, abgestimmten Körnungen und Mitteln zur verbesserten Verarbeitbarkeit hergestellt. Darüber hinaus werden Seifen hinzu gegeben, um den Putz wasserabweisend zu machen.

Ausführung der Technik

Auch heute noch wird der Mörtel wie in den vergangenen Zeiten per Hand mit einer Dreieckskelle gleichmäßig angeworfen. Wenn der Putz leicht angezogen hat, bearbeitet der Handwerker die Oberfläche mit Malerbürste/Holzbrett und Wasser weiter, so dass die gewünschte Struktur entsteht. Je ungleichmäßiger der Putz angeworfen wird, umso stärkere optische Unterschiede treten in der Oberfläche des Putzes auf.

Autorin
Dipl.-Ing. Heike Pfaff ist Leiterin der Bauberatung von Rajasil und Handlungsbevollmächtigte der Heck Wall Systems GmbH in Marktredwitz.
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