Schlämmstrahlen gegen Graffiti an der Technischen Universität Braunschweig

Schön war das nicht mehr: Sprayer hatten zahlreiche Gebäude der Technischen Universität Braunschweig mit Graffiti verunstaltet. Mit Hilfe des Schlämmstrahlverfahrens wurden Waschbeton, Klinkerfassaden, Kupferplaketten und weitere Oberflächen schonend gereinigt.

Egal ob Waschbeton, Klinkerfassaden oder unter Denkmalschutz stehende Gebäude: Graffiti überall. Immer wieder hatten Sprayer Bauwerke der Technischen Universität Braunschweig mit Graffiti beschmiert, das Biozentrum, den Baukörper am Regenring, das Gebäude an der Mendelssohnstraße.

Die weißen Keramikfliesen der in Teilen unter Denkmalschutz stehenden Fassade der Universitätsbibliothek waren mit meterlangen Zeichnungen und Schriftzügen bemalt. Am Haus der Wissenschaft hatten die Sprayer sogar mit Feuerlöschern gearbeitet und mit dem Schaum Schriftzüge eingeätzt.

Eine Heinrich Büssing gewidmete Bronzetafel an einem der Gebäude war zwar nicht bemalt worden, doch Grünspan hatte sie ebenfalls unansehnlich werden lassen. Anlässlich des 175. Geburtstages des Pioniers der Fahrzeugentwicklung entschied die Hochschule daher, nicht nur diese Tafel gründlich zu reinigen, sondern auch die Schmierereien an den Fassaden beseitigen zu lassen. Wo es möglich war, wurden Maler beauftragt, um Schriftzüge und Zeichnungen zu übertünchen.

Sandstrahlen setzt viel Staub frei

Für 44 Graffiti – darunter jene am Haus der Wissenschaft und an der Universitätsbibliothek – kam dieser Weg aufgrund der Baumaterialien der Fassaden jedoch nicht in Frage. Auch Sandstrahlen verbot sich, da bei dieser Technik sehr viel Staub freigesetzt wird. „Allein um die bei der Reinigung des Hauses der Wissenschaft entstehende Staubwolke zu kontrollieren, hätte während der Arbeiten die komplette Straße gesperrt werden müssen“, vermutet Martina Gabelmann, Abteilungsleiterin Infrastrukturelles Gebäudemanagement der TU Braunschweig. 

Aus diesem Grund entschied sich die Hochschule für das so genannte Schlämmstrahlen, einem Feuchtstrahlverfahren, mit dem sich Graffiti schonend entfernen lassen. Dabei wird das Strahlmittel schon vor dem Kesselausgang mit Wasser durchsetzt. Der austretende Strahl an der Düse verwirbelt durch die Düse selbst oder durch einen entsprechenden Vorsatz, so dass ein gleichmäßiger Strahlaustritt gewährleistet ist.

Der Arbeitsdruck (Luftdruck zum Strahlen), sowie die Strahlmittelmenge und der Wasseranteil sind variabel und unabhängig voneinander auf die zu bearbeitende Oberfläche einstellbar, so dass eine substanzschonende und staubminimierende Ausführung möglich ist.

Das Schlämmstrahlverfahren ist für alle Oberflächen auf dem Bau geeignet, für Muschelkalk und Weichbrandklinker ebenso wie für Stahl. Auch Graffiti kann so entfernt werden. Je nach Oberfläche lassen sich durchschnittlich 10 bis 15 m2 pro Stunde reinigen, bei empfindlichen Oberflächen entsprechend weniger.

Strahlmittel auf Fassade abstimmen

Im Falle der TU Braunschweig durfte der zulässige Strahldruck maximal 3.0 bar betragen, um beispielsweise die Klinker nicht zu beschädigen. Die zulässige Strahlmittel-Wassergemischmenge war auf 0,6 l/min begrenzt, der Abstand zwischen Strahldüse und Oberfläche auf maximal 20 cm fixiert. Das Strahlmittel war zudem auf die jeweilige Fassade abzustimmen, um ein perfektes Arbeitsergebnis zu erlangen.

Für alle Einsatzgebiete geeignet erwies sich ein zu 100 Prozent aus Kalciumkarbonat bestehendes natürliches Produkt mit einem Härtegrad von 2,5 bis 3 Mohs und einer Korngröße von 0,02 bis 0,05 mm. Diese Lösung bot den Vorteil, dass auf Untergründen wie Farbe, Glas, Stahl, Messing, Aluminium und Holz keine chemischen Reaktionen entstehen.

Abwasser als Sondermüll entsorgen

Zum Schutz empfindlicher oder sogar denkmalgeschützter Bauteile war zudem eine sorgfältige Vorgehensweise erforderlich. Was nicht behandelt werden sollte – etwa die weißen Keramikfliesen der Universitätsbibliothek und natürlich auch deren Fenster – wurde daher zunächst sauber abgeklebt. Zusätzlich bauten die mit dem Auftrag betrauten Handwerker von Elascon unter den betroffenen Flächen Wannen auf, um das Abwasser aufzufangen und anschließend als Sondermüll zu entsorgen.

An anderen Gebäuden – etwa dem in Klinkerbauweise errichteten Biozentrum, genügte es, das runde Dutzend der darauf verteilten Graffiti punktgenau zu bearbeiten. So konnten allein an diesem Gebäude rund 32 m2 Fläche gereinigt werden, ohne dass die Klinkerfassade durch das Strahlgut respektive den hohen Druck ausgespült und beschädigt wurde. Dies war möglich, da sich der Strahldruck beim Schlämmstrahlverfahren nach Mohshärte vom Niederstrahldruck bis zur maximalen Strahlhärte exakt auf den Untergrund – und verschiedene Materialien – abstimmen lässt.

Die Kombination „viel Wasser“ und „wenig Strahlgut“ führte zudem dazu, dass die einzelnen Strahlkörner rundum in die umgebende Flüssigkeit eingebunden waren. Das Wasser dafür lieferte ein 1000-Liter-Tankfahrzeug, das an mehreren Stellen auf dem Gelände betankt wurde. Dank der hohen Wassermenge kam es während der Arbeiten zu so gut wie keiner Staubbelastung.

15 Gebäude in zwei Tagen gereinigt

„Hätte man die Fläche jedoch nur mit Wasser gereinigt, hätte man mit enormem Aufpralldruck arbeiten müssen, um überhaupt eine Reinigungswirkung zu erzielen“, informiert die Abteilungsleiterin Infrastrukturelles Gebäudemanagement. „Dadurch wären jedoch die Klinker beschädigt worden.“

Durch die gewählte Technik konnte hingegen eine maximale Reinigungswirkung bei gleichzeitiger Schonung der Materialien erzielt werden. „Insgesamt 15 Gebäude wurden auf diese Art binnen zwei Tagen komplett gereinigt“, erinnert sich Gabelmann. Und mit einem Mal war alles gut.

Autorin


Dipl.-Ing. (FH) Christine Ryll studierte Architektur in München und betreibt heute als Fachjournalistin das Presse- und PR-Büro rylltext in München. 

So funktioniert das Schlämmstrahl-
verfahren

Die so genannte Schlämmstrahlanlage wird zunächst mit Wasser vorgefüllt, bevor das auf das zu reinigende Objekt abgestimmte Strahlgut ergänzt wird. Mögliche Alternativen sind beispielsweise Hochofenschlacke, Glaspudermehl oder Naturkalk. Beim Einfüllen in den Kessel wird das Strahlmittel mit Wasser angereichert. Nun wird der Wasserdruck des Strahlkessels auf 12 Bar erhöht, um einen gleichmäßigen und sicheren Transport des Strahlmittels zu gewährleisten. Das Strahlmittel-Wasser-Gemisch wird als Fließsand mit Hilfe von Wasserdruck in den Luftstrom injeziert. Gegenüber dem herkömmlichen Feuchtsandstrahlen wird 2/3 des sonst notwendigen Strahlgutes eingespart.

Das Strahlmittel selbst wird im Strahlschlauch so dosiert, dass der Aufpralldruck exakt auf das zu reinigende Objekt abgestimmt ist. Dabei sind alle Stufen zwischen 0,5 bis 12 Bar – von der behutsamen Entfernung von Farbe auf Spiegelglas bis zur kraftvollen Betonsanierung SA 2 – möglich, so dass auch sehr hohe Luftmengen mit wenig Strahlmittel durch den Schlauch transportiert werden. Das Strahlmittel ist vom Einfüllen an mit einem Wasserfilm umgeben. Es trifft also nicht direkt auf das zu reinigende Objekt auf, sondern erst auf Wasser, bevor das Wasser wiederum auf die Oberfläche auftrifft. Dies reduziert die Schärfe des Strahlguts.

Für ein optimales Reinigungsergebnis kombiniert das Schlämmstrahlverfahren den stufenlos regulierbaren Strahldruck zudem mit dem Wirbelstrahlverfahren. Das Strahlgut wird mit Hilfe einer Rotationsdüse in Wirbeln auf das Objekt aufgebracht, um das schonende Reinigungsverfahren mit hoher Flächenleistung zu kombinieren. Während der Luftdruck Geschwindigkeit produziert, erzeugt die Dralldüse Bewegung, so dass es zu einem Rotationseffekt kommt. Gerade im Denkmalbereich ist das eine häufige Anforderung.

Mehr Informationen zum Elascon-Schlämmstrahlverfahrens finden Sie hier. https://schlaemmstrahlen.de/

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