Schlämmstrahlverfahren rettet Fassade

Eine durch Zementmilch verunreinigte Klinkerfassade konnte mit Hilfe des Schlämmstrahlverfahrens gereinigt werden. Der Vorgang war so gründlich und dabei so schonend, dass nicht einmal die Patina der Fassade darunter litt.

Historisches Ziegelmauerwerk ist schön. Nicht selten ist es jedoch auch weich und hoch sensibel. Bei einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude in Speyer führte dieser Umstand zu einem zunächst als irre­parabel eingeschätzten Schaden – der jedoch dank eines neuartigen Schlämmstrahlverfahrens binnen kürzester Zeit beseitigt werden konnte.

Im Zuge von Sanierungsarbeiten hatte die Elascon GmbH in zwei Etagen des Gebäudes die bestehende Holzbalkendecke durch eine Holzbetonverbundkonstruktion ertüchtigt. Der von einem Betonwerk angelieferte Spezialbeton war am Abend sachgemäß auf der vorbereiteten Bodenplatte vergossen worden. In den nächsten Stunden allerdings trennte sich die Rezeptur des Betons voneinander, so dass Zementmilch austrat. Diese floss durch die Fugen zwischen dem 40 cm dicken Mauerwerk hindurch und rann an der Ziegelfassade des Gebäudes herunter. Als der Schaden am Morgen entdeckt wurde, war die Zementmilch bereits ausgehärtet.

 

Weicher Klinker, harte Zementmilch

Während der Klinker mit 3 Mohs so weich war, dass er sich mit dem Fingernagel wegkratzen ließ, erwies sich die Betonflüssigkeit als extrem widerstandsfähig. Ein Cuttest ergab einen Härtegrad von 5 bis 6 Mohs. Die Herausforderung bestand daher darin, diese harte Schale vom weichen Untergrund zu entfernen, ohne diesen zu beschädigen. Übliche Reinigungsverfahren hätten dazu geführt, dass die Klinkerfassade durch das Strahlgut respektive den hohen Druck ausgespült und beschädigt worden wäre. Einzige Sanierungsmöglichkeit schien das komplette Abtragen respektive der Austausch der verschmutzten Steine.

Bei der intensiven Recherche nach einer Alternative stieß Holger Rupprecht, Geschäftsführer der Elascon GmbH, jedoch auf ein bis dato noch kaum bekanntes Reinigungsverfahren: Das Schlämmstrahlverfahren, bei dem alle wichtigen Parameter wie Strahldruck, Luftdurchlass, Strahlmittelmenge und Mohshärte des Strahlmittels exakt passend auf den jeweiligen Anwendungsfall abgestimmt werden können.

Zum Einsatz kam eine Niederdruck-Wirbelstrom-Schlämmstrahlanlage, als Strahlmittel wurde ein Naturkalk-Substrat verwendet. Dieser weist einen maximalen Härtegrad von 2,5 Mohs auf, so dass keine Zerstörung der Klinkeroberfläche befürchtet werden musste. „Andere Strahlmittel wie Hochofenschlacke weisen sehr viel höhere Härtegrade auf. Hochofenschlacke etwa kommt auf der Mohsschen Härteskala auf einen Härtegrad von 10 Mohs und würde schon bei niedrigem Druck die Oberfläche angreifen“, sagt Rupprecht. Hätte man die Fläche jedoch nur mit Wasser gereinigt, hätte man mit enormem Aufpralldruck arbeiten müssen, um überhaupt eine Reinigungswirkung zu erzielen. Dieser Druck hätte wiederum dazu geführt, dass der weiche Klinker rings um die Betonmilch im Zuge der Reinigung ausgespült worden wäre. Auch eine chemische Reinigung kam nicht in Frage, sie hätte die ansehnliche Patina zerstört.

 

Erst händisch kratzen, dann sanft strahlen

Vor der eigentlichen Reinigung mit der Schlämmstrahlanlage trugen die Handwerker des mit der Reinigung betrauten Unternehmens Bautenschutz Tönies die Zementschlieren mit Edelstahlspachtel und Messer von Hand ab. Im Anschluss wurden die Reste mit einer hohen Menge Wasser und wenig Strahlmittel bei geringem Druck abgespült. „Bei empfindlichen Oberflächen muss man versuchen, so wenig Strahlmittel wie möglich auf die Oberfläche aufstrahlen zu lassen“, erklärt Holger Rupprecht. „So erzielt man eine schonende Reinigungswirkung und kann trotzdem eine große Fläche in kurzer Zeit reinigen.“

Dank der hohen Wassermenge mit wenig Druck kam es während der Arbeiten zu so gut wie keiner Staubbelastung. Gleichzeitig führte die Kombination „viel Wasser“ und „wenig Strahlgut und Niederdruck-Wirbelstrahl“ dazu, dass die einzelnen Strahlkörner rundum in die umgebende Flüssigkeit eingebunden waren. Entsprechend konnte die Fassade sogar so schonend gereinigt werden, dass selbst die Patina, die sich im Lauf der Lebenszeit des Gebäudes gebildet hatte, nicht angegriffen wurde. Die Zementmilch hingegen konnte bis auf den letzten Schleierschatten entfernt werden.

Rund zweieinhalb Tage dauerten die Arbeiten, bis alles beseitigt war. Dann sah die rund 25 m2 umfassende verschmutzte Fläche so sauber aus wie vor dem Schadensfall, blickt Rupprecht zurück: „Und wir hatten den von Experten zunächst als irreparabel eingeschätzten Schaden problemlos beseitigt, ohne die Klinkerfassade auch nur minimal anzugreifen oder die ursprünglichen Eigenschaften der Oberfläche zu beschädigen.“

 

Und so funktioniert das Schlämmstrahlverfahren

Die Schlämmstrahlanlage wird mit Wasser vorgefüllt, bevor das auf die zu reinigende Fläche abgestimmte Strahlgut ergänzt wird. Mögliche Alternativen sind Hochofenschlacke, Glaspudermehl oder – wie in Speyer – Naturkalk. Nun wird der Wasserdruck des Strahlkessels auf 12 Bar erhöht, um einen gleichmäßigen und sicheren Transport des Strahlmittels zu gewährleisten. Das Strahlmittel selbst wird im Strahlschlauch so dosiert, dass der Aufpralldruck exakt auf die zu reinigende Fläche abgestimmt ist. Dabei sind alle Stufen zwischen 0,1 bis 12 Bar möglich, so dass auch sehr hohe Luftmengen mit wenig Strahlmittel durch den Schlauch transportiert werden können. Zudem wird das einzelne Strahlkorn komplett in Wasser eingebettet. Es trifft also erst Wasser und dann das Strahlkorn auf. Dies reduziert die Schärfe des Strahlguts. Entsprechend gering ist die Zerstörung der Oberfläche.

Für ein optimales Reinigungsergebnis kombiniert das Schlämmstrahlverfahren den stufenlos regulierbaren Strahldruck zudem mit dem Wirbelstrahlverfahren. Das Strahlgut wird mit Hilfe einer Dralldüse in Wirbeln aufgebracht, um das schonende Reinigungsverfahren mit hoher Flächenleistung zu kombinieren. Während der Luftdruck Geschwindigkeit erzeugt, erzeugt die Dralldüse Bewegung, so dass es zu einem Poliereffekt kommt.

Das Verfahren ist für alle Oberflächen auf dem Bau geeignet, für die Reinigung Klinker, Naturstein, Betonwerkstein, oder zur Graffitientfernung. Bei der Untergrundvorbereitung für Beton und für metallische Untergründe und in der Schadstoffsanierung hat sich das Schlämmstrahl-Verfahren durch die mehrfache Nutzung des Strahlmittels als wirtschaftliche und umweltfreundliche Lösung bewehrt. Die Möglichkeit der exakt auf die Oberfläche der jeweiligen Untergründe anzupassenden Parametereinstellungen garantiert perfekte Ergebnisse bei hoher Flächenleistung.

 

Autorin

Dipl.-Ing. (FH) Christine Ryll studierte Architektur in München und betreibt heute als Fachjournalistin das Presse- und PR-Büro rylltext in München.

Die Möglichkeit der exakt auf die Oberfläche der jeweiligen Untergründe anzupassenden Parametereinstellungen garantiert perfekte Ergebnisse bei hoher Flächenleistung.

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