Schmuckstück
Sanierung und Umbau eines Fachwerkhauses in Lemgo zum Doppelhaus

Niemand wollte das 1801 in Lemgo erbaute Fachwerkhaus haben, bis Guido Kramp es kaufte. Mit seinem Betrieb Kramp & Kramp sanierte er es und baute es nach Plänen seiner Schwester, der Architektin Dr. Ing.  Manuela Kramp, zu einem Doppelhaus um.

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Guido Kramp kannte das alte Fachwerkhaus unmittelbar hinter den Gebäuden der Stadtwerke Lemgo seit vielen Jahren. Er hatte schon so manchen Interessenten durch das Haus geführt. „Dann haben die Leute nach den Sanierungskosten gefragt. Danach ließ bei allen das Interesse schlagartig nach“, erinnert sich Tischlermeister Guido Kramp. Niemand blieb übrig, niemand, bis auf den Restaurator im Tischlerhandwerk selbst, der 2013 das Gebäude von den Stadtwerken kaufte und sich auf den Weg der minutiösen Sanierung des Fachwerkhauses machte.

Auf die Restaurierung von Fachwerk spezialisiert 

Die hohen Sanierungskosten ergaben sich aus dem Bauzustand: In den Räumen steckten noch die 1950er Jahre und in den „Knochen“ des Hauses der Echte Hausschwamm. Obendrein stand das 1801 erbaute Haus auch noch unter Denkmalschutz. Kein Wunder, dass die Stadtwerke zunächst keinen Käufer fanden und schließlich für 45 000 Euro an Guido Kramp verkauften. Der hat sich mit seinem gewerkeübergreifend arbeitenden Betrieb unter anderem auf die Restaurierung von Fachwerkbauten spezialisiert und kann diese Leistung – außer die haustechnischen Gewerke – aus einer Hand anbieten. Zurzeit rekonstruieren die Mitarbeiter seines Betriebs in einer Werkhalle in Lemgo die Fachwerkkonstruktion der Goldenen Waage für den Römerberg in Frankfurt am Main. Ende des Jahres soll das Fachwerk per Lkw dorthin gebracht und aufgestellt werden. Eine solche Aufgabe kann man natürlich nur einem entsprechend qualifizierten und leistungsfähigen Betrieb anvertrauen.

Freilegung der Oberflächen

„Den Dachboden konnte man kaum begehen“, erinnert sich Guido Kramp. Auch diese Aussage ist symptomatisch für den sehr schlechten Gesamtzustand des Hauses. Zudem hielt das Gebäude ein Sammelsurium an typischen Sanierungssünden der 1950er Jahre bereit: Damals hatte man Gipskartonplatten und die umgangssprachlich als „Sauerkrautplatten“ bezeichneten zementgebundenen Holzwolleleichtbauplatten sowie Polystyrolplatten und Zementputz auf die Außenwände aufgebracht, wohinter sich Feuchtigkeit gesammelt hatte, deren Folge wiederum Fäulnis am Holz der Fachwerkkonstruktion war. Bis auf die Balken der obersten Geschossdecke stammten sämtliche Deckenbalken zudem aus älteren Bauten und lagen obendrein im Deckenauflager alle neben den Zapflöchern. Das war selbst für den in der Altbausanierung erfahrenen Restaurator im Tischlerhandwerk eine ungewöhnliche Ausgangssituation. Kramp vermutet, dass man beim Umbau der 1950er Jahre die originalen Balken herausgenommen und gegen ältere gebrauchte Balken ersetzt hatte. Unsachgemäß mit Hochlochziegeln ausgemauerte Gefache und das zugemauerte Dielentor kamen noch hinzu. „Vom Grundsatz her haben wir auch mit diesem Haus das gemacht, was wir in der Altbausanierung mit solchen Gebäuden immer machen: Alles bis auf die originale Substanz zurückbauen, denn dann sieht man erst, in welchem Zustand diese wirklich ist“, so Guido Kramp. Ein Jahr hat die Bauräumung, Vorbereitung und Planung in der Summe gedauert.

Sanierung der Fachwerkkonstruktion

Erst danach konnten die Handwerker mit der Fachwerksanierung beginnen. Die alten Schwellen, von denen nicht mehr viel übrig war, da ihr Holz infolge von Würfelbruch und Weißfäule in sich zusammengedrückt war, mussten sämtlich erneuert werden. Zum Teil wurden ganze Riegel und Stiele ausgetauscht und weitgehend intakte Hölzer zimmermannsmäßig ergänzt sowie viele Stielfüße erneuert – alles selbstverständlich mit abgelagerter Eiche.

„Wir haben alle Deckenbalken drinnen gelassen, auch wenn sie nicht an der richtigen Stelle lagen“, erinnert sich Guido Kramp. Die statische Ertüchtigung der Balken mit Konstruktionsvollholz (KVH) war vor allem an den Balkenköpfen am Auflager und beim Dachstuhl an den Sparrenfüßen erforderlich. „Durch die Verwendung von KVH sieht man sofort, dass es sich um eine moderne Zutat handelt“, kommentiert Kramp das Resultat der Materialwahl, wobei ursprünglich eine verkleidete Decke geplant war. Für das „zur Schau stellen“ auch der jüngsten Sanierungsspuren entschied sich der Restaurator im Tischlerhandwerk erst während der Bauarbeiten. Außerdem mussten einige Deckenbalken wegen vornutzungsbedingter Schwächungen aufgrund von Zapfenlöchern statisch ertüchtigt und ausgeglichen werden, damit die Zimmerleute mit OSB-Platten darauf einen ebenen Boden montieren konnten.

Sanierung der Gefache

„Wir wollen grundsätzlich so viele Gefache wie möglich erhalten und so wenig Innenwände wie nötig versetzen“, sagt Guido Kramp. Doch einige Gefache, zumindest die, die man in den 1950er Jahren mit Hochlochziegeln gefüllt hatte, mussten herausgenommen werden. Selbstverständlich wurde auch das Dielentor wieder geöffnet. „Zum Glück besteht das Haus zu einem großen Teil aus Fenstern“, meint Kramp. Wenn man auf die Schaufassade zur Straße hin blickt, dann stimmt das auch: Hier ist der überwiegende Teil der Fachwerkfassade mit Fenstern gefüllt. Nimmt man das heute verglaste Dielentor noch hinzu, so schrumpft der Anteil ausgemauerter Gefache auf etwa 20 Prozent. Anders sieht es aber auf der Rück- und an den Stirnseiten aus. Der Ostgiebel war ein Flickwerk aus Holz und Ausfachung und daher sehr sanierungsbedürftig. Das Fachwerk des Westgiebels war im Zuge der Sanierung Mitte der 1950er Jahre im Erdgeschoss gleich komplett entfernt und durch massives Mauerwerk ersetzt worden. Das Fachwerk der darüber aufgehenden Fassade hatte damals eine Blechverkleidung erhalten. Die wiederum hatte Fachwerk und Gefache erstaunlich gut geschützt, so dass man darunter sogar in Sachen Befunduntersuchung fündig wurde: Das Fachwerk war einst grau und die Gefache beige gestrichen. Dieser Farbbefund wurde auf den mit weich gebrannten Backsteinen neu ausgemauerten und mit Kalk verputzten Gefachen mit Silikatfarbe und auf den Fachwerkhölzern außen wie innen mit Leinöllasur umgesetzt. Dazu passen innen die Bodenbeläge aus geölten Eichendielen hervorragend.

Kombination aus Außen- und Innendämmung

Die einst mit Blech verkleidete Westfassade erhielt wiederum eine Verkleidung, diesmal allerdings mit Lärchenholzbrettern, welche die Zimmerleute in drei unterschiedlichen Grautönen lasiert unregelmäßig verteilt als Stülpschalung an der Giebelwand und um die Ecke herum auf einer Teilfläche der Gebäuderückseite montierten. Unter dieser Verkleidung befindet sich eine Außendämmung aus Mineralwolle.

Die übrigen Außenwände wurden von innen mit Zellulose gedämmt. Hierzu trugen die Mitarbeiter der Firma Kramp & Kramp zunächst einen Lehmausgleichsputz auf die Innenseite der Außenwände auf. Anschließend montierten sie davor ein Holzständerwerk, das von aufgeschraubten Schilfrohrplatten abgeschlossen und von den Mitarbeitern der Tischlerei Cordes mit Zelluloseflocken ausgeblasen wurde. Die Schilfrohrplatten dienen also zugleich als Hohlraumabschluss und als Putzträgerplatten für den nachfolgenden Auftrag mit Lehmputz. Am Ziegelmauerwerk der Kelleraußenwände kam Sanierputz zum Einsatz.

Fenster und Türen 

Die vorhandenen Fenster stammten allesamt aus den 1950er Jahren und waren vom Aussehen so, wie man es damals mochte. Diese wurden durch Holzfenster nach dem PaX Classic System mit schmalen Profilen aus Eukalyptus, Dreifachverglasung und einer Teilung in Abstimmung mit dem Amt für Denkpflege ersetzt. Das Amt hatte auch nichts gegen die großen Gauben im Dachgeschoss einzuwenden. Im Gegenteil: Größe, Form und Verblechung waren vom Denkmalamt sogar ausdrücklich gewünscht, damit die neuen Bauteile auf dem von der Dachdeckerei Raabe mit naturroten Hohlfalzziegeln eingedeckten Satteldach auch gut als solche zu erkennen sind. „Überhaupt hat die Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt gut geklappt“, meint Guido Kramp. Dass er bei diesem Gebäude seine Vorstellungen im Umgang mit einem Fachwerkhaus perfekt umsetzen konnte, lag natürlich auch daran, dass Bauherr Guido Kramp, Architektin Dr. Ing. Manuela Kramp und die die Arbeiten ausführende Firma Kramp & Kramp alle gemeinsam an einem Strang zogen. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Ein echtes Schmuckstück inmitten der Neu- und Nachkriegsbebauung.

Autor

Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

„Wir wollen grundsätzlich so viele Gefache wie möglich erhalten und so wenig Innenwände wie nötig versetzen“

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