Um- und Neubau eines Juwelier- und Optikladens in Ludwigsburg

Mit dem Um- und Neubau eines Juwelier- und Optikladens in Ludwigsburg ist es gelungen ein kleinteiliges Gebäudeensemble äußerlich zurückhaltend in sein historisches Umfeld einzupassen und dennoch eine moderne, außergewöhnliche und in sich stimmige Ladenatmosphäre zu erzeugen.

Das Juwelier-, Uhren- und Brillengeschäft Hunke ist im schwäbischen Ludwigsburg schon seit den 1950er Jahren ein Begriff. Durch das stetige Wachstum des Geschäftes stand seit einigen Jahren eine Veränderung der Räumlichkeiten an, die nun ihre Lösung in einem aus drei Bestandsgebäuden und einem Neubau bestehenden Gebäudeensemble an der Ecke Kirchstraße / Aspergerstraße im Zentrum des Ortes fand. Am Standort Kirchstraße 15 konnte das 1720 erbaute Holz-Fachwerkhaus mit separatem Werkstattgebäude (Silberschmiede) im Hinterhof erhalten werden. Auch das Gebäude Aspergerstraße 2, für das es keine Denkmalschutz-Anforderungen gab, wurde kernsaniert. Lediglich das Eckgebäude (Kirchstraße 13), das ebenfalls nicht unter Denkmalschutz stand, war so marode, dass hier ein an den Bestand angepasster Neubau geschaffen wurde. Besonders bemerkenswert ist in dem Ensemble das kleine separate Backsteingebäude der Silberschmiede, das in seiner Form und Erscheinung erhalten und dennoch in das Ladenensemble eingebunden werden konnte.

Nachdem schon früher verschiedene Konzepte zum Umbau und zur Nutzung an den Vorstellungen der Stadt beziehungsweise des Denkmalschutzes gescheitert waren, konnte das nun umgesetzte Konzept den Anforderungen des neu geschaffenen Gestaltungsbeirates standhalten. Hochwertige Uhren, Schmuck und Brillen werden jetzt in angemessenen Räumlichkeiten in moderner und exklusiver Atmosphäre angeboten, während sich das äußere Erscheinungsbild dezent an die Umgebung und die Historie anpasst. 

Durchgeführte Arbeiten im Einzelnen

In dem aus dem späten 19. Jahrhundert stammenden, dreigeschossigen Gebäude Asperger Straße 2 ist nun im Erdgeschoss der Optiker-Bereich untergebracht. Im Obergeschoss entstanden Werkstatt-, Sozial-, Büro- und Refraktionsräume (hier wird die Sehstärke der Kunden bemessen). Das ausgebaute Dachgeschoss wird jetzt für Personal und Besprechungsräume genutzt. Schon 1990 hatte man hier auf der Hofseite einen Anbau mit Treppenhaus und Aufzugsschacht ergänzt, wobei im Zuge der jetzigen Sanierung dieser Schacht bis in das Dachgeschoss erhöht wurde. Im Untergeschoss ist die Heizzentrale für den gesamten neuen Gebäudekomplex untergebracht.

Das traufständige, verputzte Holz-Fachwerkhaus Kirchstraße 15 von 1720 hatte als ursprünglich reines Wohnhaus bereits Mitte des 19.Jahrhunderts einen Ladeneinbau erhalten. Besondere Aufmerksamkeit wurde aus Sicht des Denkmalschutzes dem ehemaligen Wohnbereich im Hochparterre und der historischen Eingangs- und Schaufensterfassade gewidmet. In diesem nach dem ehemaligen Hofjuwelier bezeichneten Kieselhaus ist der Uhrenverkauf mit separatem Rolexbereich angeordnet. Die ehemalige Wohnstube mit ihrer markanten hölzernen Wand- und Deckenverkleidung sowie der Wendeltreppe in das Obergeschoss wurde dabei in ihrer Anmutung erhalten und in das Innenraumkonzept integriert. Die hinter der Deckenverkleidung verborgenen Stuckdecken blieben dabei erhalten. Im Obergeschoss entstanden Büro- und Verkaufsräume für Trauringe.

Für eine ebenerdige Erschließung wurde das Erdgeschossniveau abgesenkt, wofür wiederum die Gewölbekeller in Teilen abgebrochen und verfüllt werden mussten. Eine neue Stahlträgerkonstruktion dient nun in Verbindung mit dem verbliebenen Gewölbekeller als Fundament. Der vorhandene Dachstuhl konnte bis auf kleine Reparaturen erhalten und, wie die Dachgauben, denkmalgerecht saniert werden.

Dieses neue Eckgebäude, in dessen Erdgeschoss sowohl der Verkaufsraum Schmuck als zusammenhängende Ladenfläche mit dem Uhrenverkauf untergebracht ist als auch die Optiker-Verkaufsfläche fortgeführt wird, erhält ein neues Untergeschoss in WU-Beton, bei dessen Erstellung die alten Kellerwände als Verbau dienten. Als verbindendes Element zwischen den beiden Bestandsbauten passen sich Bauvolumen, Fassadengliederung und Dachform stark an die historischen Vorgaben an. 

Einbindung des Innenhofs 

In der ehemaligen Silberschmiede, im Rückbereich des Kieselhauses, ist heute die Uhrenwerkstatt untergebracht. Der zwischen Kieselhaus und Silberschmiede liegende Hinterhof ist überbaut und verbindet nun als zweigeschossiges Atrium die Gebäude miteinander. Der Raum bildet das Zentrum des Schmuck- und Uhrengeschäfts. In diesem so genannten Exklusivbereich, der gegenüber dem übrigen Schmuckbereich um drei Stufen erhöht ist, bilden die mundgeblasenen Pendelleuchten mit dem ovalen, vergoldeten Deckenrücksprung und die sehr dunkle Verkleidung der Wände mit Meshgewebe einen beeindruckenden, edlen Kontrast. Die rückseitige Fassade des Kieselhauses durfte trotz Denkmalschutz ebenfalls verkleidet werden, da die ursprüngliche, historische Fassade durch die Vorsatzkonstruktion nicht beeinträchtigt oder beschädigt wird. Vielmehr sollte die messingfarbene Verkleidung die dahinterliegende historische Stube wie ein goldenes „Schatzkästchen“ interpretieren und würdigen. Die Backsteinfassade der Silberschmiede wurde hingegen in ihrem historischen Erscheinungsbild erhalten und eingebunden.

Das Besondere des Projektes ist, dass es den Beteiligten gelungen ist, sowohl sehr unterschiedliche Bestandsbauten, als auch sehr unterschiedliche Anforderungen und daraus resultierende Interiors miteinander so zu verknüpfen, dass kein Bereich optisch herausfällt. Obwohl mit sehr unterschiedlichen Materialien gearbeitet wurde, passt alles in das ausgesprochen stimmige Bild: Das messingfarbige Meshgewebe aus brüniertem und gebürstetem Edelstahl an den Wänden und den „schwebenden“ Vitrinen vor der inneren Glasfassade, die Regale aus 3Foam-Glas mit eingegossener Farbfolie, Beratungsinseln und Unterschränke im Optikerbereich in Eiche furniert und gebeizt, die Vitrinen im Verkaufsbereich Schmuck in Corian, zudem polierter Sichtestrich, Textilien und Keramikoberflächen – alles ergibt ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept. 

Gestaltung, Umsetzung und Sicherheit 

Besonders spannend wird es bei dem Aspekt Sicherheit, denn in einem Juweliergeschäft geht es um deutlich mehr als beispielsweise den Brandschutz. So mussten sehr viele Details auch immer wieder in Bezug auf die Diebstahlsicherheit geprüft und angepasst werden. Diese dürfen aus eben diesem Grund an dieser Stelle natürlich nicht genau beschrieben werden. Kein Geheimnis ist hingegen, dass im Schmuckbereich des Erdgeschosses hinter der Sicherheitsverglasung der Fassade ein 60 cm breiter Schleusengang („Sicherheitsgang Verkauf“) mit einer zweiten Sicherheitsverglasung mit automatischen Türen zum Verkaufsraum hin eingeplant werden musste. Allein die Lasten, die hier durch zusätzlich notwendige Sicherheitsgläser eingerechnet wurden, hatten natürlich Auswirkungen auf die Gesamtstatik. So hängt zum Beispiel das Gewicht der doppelten Fassade der Kirchstraße 15 teilweise mit Stahlträgern an dem historischen Gebäude. Diese Sicherheitsverglasung wurde zum Teil aufgehängt und eingespannt, so dass sie nicht auf den Boden aufsetzt, wodurch sie sich hätte verformen können. Zudem unterstützt die Art der Aufhängung das moderne, filigrane Design der Ippolito Fleitz Group (IFG), aus deren Feder der Innenraumentwurf stammt. 

Gute Zusammenarbeit 

Ungewöhnlich und erwähnenswert ist in diesem Projekt außerdem die besonders gute Zusammenarbeit der beteiligten Planer und der ausführenden Firmen. So stammen die Renderings der Innenraumplanung aus dem Büro der IFG, in baubare Pläne und anschließend gebaute Realität umgesetzt wurden sie dann aber in erster Linie von der Schreinerei Hasselwander und der Schreinerei Altmann (jetzt Schurig). Wie sauber und präzise hier vorbereitet und gearbeitet wurde, zeigt sich unter anderem in der Verkleidung der historischen Rückfassade Kirchstraße 15 mit dem erwähnten Mesh-Gewebe. Hierfür wurde eine Holzunterkonstruktion angefertigt, die die Ungleichheiten der Fassade ausgleicht und die Basis für das in den USA vorkonfektionierte Metallnetz bildet. Die violette Oberfläche der melaminbeschichteten Spanplatten passt hervorragend in das Gesamtambiente und verhindert, dass helles Holz durch die Maschen des Netzes schimmert.

Koordiniert und gemanagt wurde das Projekt vom Büro BPP Bau-Projekt-Partner GmbH, das auch als Generalplaner aller Leistungsphasen für die gesamte Objektplanung und die technische Gebäudeplanung verantwortlich war, das sich hier, ebenso wie das Ingenieurbüro Wulle Lichti Walz, diesem relativ kleinen, wenn auch komplexen Projekt mit seiner gesamten Erfahrung und Professionalität gewidmet hat, wie jedem anderen ihrer Großprojekte auch.

 

Autorin

Dipl.-Ing. Nina Greve studierte Architektur in Braunschweig und Kassel. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Lübeck (www.abteilung12.de) und ist unter anderem für die Zeitschriften DBZ, bauhandwerk und dach+holzbau tätig.

Baubeteiligte (Auswahl)

Bauherr / Nutzer Hunke, Ludwigsburg, www.hunke-ludwigsburg.de

Architekt Peter W. Gerhards, BPP Bau Projekt Partner, Ges. für Bauprojektmanagement,
Gerlingen, www.bau-projekt-partner.de

Innenarchitekten Ippolito Fleitz Group, Stuttgart, www.ifgroup.org

Statik Wulle Lichti Walz, Stuttgart, www.wulle-lichti-walz.de

Schreinerarbeiten Schreinerei Thomas Hasselwander, Stuttgart, schreinerei-hasselwander.de

Schreinerei Altmann, jetzt: Schurig, Bönnigheim, https://schurig-int.de

Meshgewebe Banker Wire + Iron Works, Mukwonago (USA), www.bankerwire.com

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