Kreislauffähiges WDVS für Bauten des Wohnquartiers „Speicherballett“ in Berlin-Spandau
Beim Wohnquartier „Speicherballett“ in Berlin-Spandau legte die BUWOG großen Wert auf Energieeffizienz und Ressourcenschonung. Durch PV-Anlagen, Regenwassermanagement und ein kreislauffähiges WDVS wurde die ehemalige Brachfläche zu einem modernen und nachhaltigen Areal umgestaltet.
Am Ufer der Havel entsteht in Berlin-Spandau im Auftrag der BUWOG das „Speicherballett“
Fotos: Saint-Gobain Weber
Auf einem Areal an der Spandauer Havel, gegenüber der Insel Eiswerder, entsteht aktuell im Auftrag der BUWOG das „BUWOG Speicherballett“. Das Quartier besteht aus 14 Neubauten sowie zwei denkmalgeschützten Speichergebäuden, die unter Beachtung der Denkmalschutzauflagen zu Wohnimmobilien umgewandelt wurden. Entworfen wurden die verschiedenen Gebäudeensembles von renommierten Berliner Architekturbüros. Der begrünte Außenbereich soll später Sitzgelegenheiten, Begegnungs- und Spielflächen bieten. Auch die Ansiedlung einer Kindertagesstätte sowie eines Cafés sind geplant.
Umbau im Einklang mit dem Denkmalschutz
Das Areal befindet sich im Wohnbezirk Berlin-Spandau, wo die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg direkt an der Havel drei große Getreidespeicher zur Truppenversorgung errichtete. Nachdem das rund 4,6 Hektar große Gelände und die Speicher noch bis 1980 zur Lagerung von Notvorräten für die West-Berliner Bevölkerung genutzt worden waren, lag es in den letzten Jahrzehnten brach und verfiel, bis die BUWOG sich entschloss, hier ein modernes und nachhaltiges Wohnquartier entstehen zu lassen.
Die beiden südlichen der drei denkmalgeschützten Speichergebäude blieben bei der Umgestaltung erhalten und werden fortan als Wohngebäude genutzt. Als so genannte „Reichstypenspeicher“ verfügten die Stahlbetonskelettbauten über ausreichend Fensteröffnungen sowie Zwischendecken, Stützen und Ausfachungen. Eine Herausforderung bei der Sanierung und Umgestaltung war insbesondere die geringe Deckenhöhe von nur 2,50 m im ersten bis fünften Obergeschoss beziehungsweise 2,60 m im Erdgeschoss und Dachgeschoss. Nach Planung des Architekturbüros GFB Alvarez & Schepers aus Berlin erfolgte die Erschließung von der Wasserseite her. Die 82 Wohnungen verfügen über Balkone, Terrassen oder Privatgärten mit Blick auf die Wasserlandschaft und die Insel Eiswerder.
Zeitlose Fassadengestaltung für Speichergebäude
Beim nördlichen Speicher hingegen handelte es sich um einen Silospeicher und damit um einen so genannten „Hohlen Vogel“. In Ermangelung von Zwischendecken und Fensteröffnungen konnte auch nach intensiven Abstimmungen mit dem Denkmalamt keine sinnvolle Umnutzungslösung gefunden werden, so dass das Gebäude schließlich aufgegeben werden durfte. An gleicher Stelle und auf der historischen Bestandsbodenplatte entstand ein Neubau, der die ursprüngliche Kubatur des abgerissenen Speichers aufgreift.
Die organisch geschwungenen Linien der kieselförmigen Neubauten (links im Bild) setzen einen Kontrapunkt zu den klaren Formen der historischen Speicher (rechts im Bild)
Foto: Saint-Gobain Weber
Der so genannte „Havelspeicher“ vervollständigt somit das Ensemble. Die zwei „Denkmal-Speicher“ und der straßenseitig gelegene Häuserblock erhielten eine zeitlose Fassadengestaltung mit mineralischem Edelkratzputz. Das Material bietet die Möglichkeit, unterschiedlichste Körnungen frei an der Oberfläche zu präsentieren, und verleiht Gebäuden durch ein gleichmäßiges Strukturbild eine edle Optik. Die verwendeten Putze sind mit der „AquaBalance“-Technologie von Saint-Gobain Weber ausgestattet, so dass die Fassade trotz Wasserlage langfristig Algen- und Pilzbewuchs hemmt, ohne dass dabei umweltschädliche Biozide zum Einsatz kommen.
Markante Gebäudeensemble
Den südlichen Abschluss des Speicherballetts bildet das Gebäudeensemble „Havelkiesel“, das nach Plänen der BRH Architekten + Ingenieure GmbH in Anlehnung an die natürliche Form von Gesteinen am Havelufer errichtet wurde. Auch der „Havelbogen“ an der Nordgrenze des Quartiers wurde von BRH entworfen und befindet sich aktuell im Bau. Vis-à-vis entsteht ein speziell für Senioren konzipiertes Gebäude mit Demenz-WGs und einer Tagespflege nach Plänen des Berliner Büros Feddersen Architekten. Im Herzen des Quartiers finden sich drei weitere kieselförmige Gebäude, die von einer Reihe riegelartiger Bauten zur Straße hin abgeschirmt werden. Die Planung dieser Gruppen oblag DMSW Architekten aus Berlin.
Zukunftsfähiges Energie- und Wassermanagement
Das Projekt stellt hohe Ansprüche an Nachhaltigkeit. Gemäß Nachhaltigkeitsagenda der BUWOG soll der Anteil der Neubauwohnungen mit erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2023 von 25 auf 35 Prozent gesteigert werden. Auch das Speicherballett zahlt auf diese Ziele ein: So wurden die Dächer der „Havelkiesel“ mit Photovoltaikanlagen ausgestattet, ebenso das gerade im Vertrieb befindliche Baufeld „Havelbogen“. Ganz im Sinne des Schwammstadt-Konzepts setzt man außerdem auf ein Regenwassermanagement mit Gründächern, Rigolen und begrünten Versickerungsmulden. WC-Spülungen werden teils mit in quartierseigenen Zisternen gesammeltem Regenwasser betrieben, das auch für die Gartenbewässerung genutzt wird. In der Tiefgarage des Quartiers stehen den Bewohnern E-Auto-Ladeplätze zur Verfügung.
Kreislauffähige Fassadendämmung
Direkt auf der Dämmplatte wird ein massiver Grundputz aufgebracht
Fotos: Saint-Gobain Weber
Ressourcenschonung war auch bei der Wahl der Fassadendämmung ein Leitgedanke. Die kieselförmigen Wohngebäude in zweiter Reihe des Speicherballetts sowie das neu entstehende Seniorenzentrum erhalten eine Dämmung mit dem kreislauffähigen WDVS „weber.therm circle“. Anders als bei herkömmlichen WDV-Systemen werden die besonders schubsteifen Mineralwolle-Dämmplatten bei dem von Saint-Gobain Weber entwickelten System mechanisch an der Wand befestigt.
In den Grundputz wird ein Separationsgewebe eingelegt
Foto: Saint-Gobain Weber
Beim Rückbau wird die Putzschicht rasterförmig eingeschnitten und samt einem speziell eingebetteten Separationsgewebe von den Dämmplatten abgezogen. Danach werden die Dübel entfernt und die Dämmplatten vom Untergrund abgenommen. So ist sichergestellt, dass nach Ablauf der Nutzungsdauer alle Rohstoffe wieder sortenrein getrennt und der Verwertung zugeführt werden können.
Als Oberflächenfinish kommt ein mineralischer Besenstrichputz zum Einsatz und folgt so dem Trend zur Neuinterpretation traditioneller Putztechniken. Die Besenstrichtechnik, die bei Wohnhäusern aus der Gründerzeit gerne zur Gliederung und für Sockelzonen eingesetzt wurde, verleiht Fassaden eine filigrane und gleichzeitig kraftvolle Reliefstruktur und somit eine individuelle Gestaltung abseits von baulichen Monokulturen. Im Inneren sorgt das wohngesunde Innenputz-System „weber pluscalc“ für ein gesundes Wohnklima. Es vereint die feuchteregulierenden und schimmelhemmenden Eigenschaften von Kalkputz mit den Verarbeitungsvorteilen von Gipsputzen und sorgt für optisch wie haptisch ansprechende Wandoberflächen.
Autor
Dipl.-Ing. Georg J. Kolbe ist Leiter des Produktmarketings Putz- und Fassadensysteme bei der Saint-Gobain Weber GmbH in Düsseldorf.