Regelverfahren zur Bekämpfung holzzerstörender Trockenholzinsekten
Holzzerstörende Insekten können großen Schaden anrichten und zu teuren Sanierungen führen. Grundlegend werden drei Verfahren zur Bekämpfung der Schädlinge unterschieden: Holzschutzmittel, thermische Methoden und die Verwendung von Gasen.
Im vorliegenden Artikel werden allgemeine Hinweise zur Einteilung und Entwicklung der holzzerstörenden Trockenholzinsekten gegeben. Sofern ein Befall vorliegt muss dieser entsprechend der DIN 68 800, Teil 4, bekämpft werden. Mit dem Begriff holzzerstörende Insekten werden Individuen bezeichnet, die alle in der Lage sind Holz mehr oder weniger umfangreich zu zerstören. Abhängig davon, wie das Holz beschaffen ist, welche klimatischen Voraussetzungen vorliegen und wo es sich befindet, unterscheidet man vier große Gruppen:
Frischholzinsekten
Artenreichste Gruppe, die im Forst vorkommt. Hierzu zählen Scheibenböcke und Borkenkäfer, die das Holz an lebenden und kranken Bäumen (vereinzelt auch berindetes Lagerholz) befallen.
Trockenholzinsekten
Eine Insektengruppe, die sich über mehrere Generationen im trockenen Bau- und Werkholz entwickeln und deren Larven die Holzmatrix zerstören können.
Feuchtholzinsekten
Treten in verarbeitetem beziehungsweise verbautem Holz auf, das durch Sekundärbefeuchtung (Leckagen, Schlagregen, Erdkontakt) sehr hohe Holzfeuchten aufweist.
Faulholzinsekten
Die Faulholzinsekten leben als finale Holzzerstörer in bereits von Pilzen stark zersetztem und feuchtem Holz.
Hierbei ist eine klare Grenzziehung zwischen den Insektengruppen nicht immer möglich. Auch unter Fachleuten ist eine eindeutige Zuordnung spezieller Insektenarten zu den Gruppen umstritten.
Insektenentwicklung (allgemein)
Die Entwicklung der holzzerstörenden Insekten beginnt mit der Eiablage an der Holzoberfläche, an Rissflanken oder im Holzinneren. Danach entwickeln sich Larven, die nur im Holzinneren leben. Während dieser Zeit zerstören sie artspezifisch über wenige Monate bis zu etlichen Jahren durch ihre Fraßtätigkeit die Holzstruktur. Dabei hinterlassen sie Fraßgänge, die in ihrer Struktur und der Querschnittsgeometrie stark variieren. Die Vielfalt reicht von kreisrunden, mit 1 mm Durchmesser bis zu ovalen mit über 3 cm Querschnitt messenden Gangsystemen. Die Lage im Holz und die Gestaltung der Fraßgangsysteme (Struktur) sind hierbei artspezifisch ebenfalls sehr vielfältig.
Zum Ende ihrer Entwicklung verwandelt sich die Larve während der Metamorphose im Holz zum Käfer. Dieser schlüpft meist im Frühjahr und Sommer aus dem Holz, hinterlässt entsprechende große Fluglöcher und sucht sich einen Partner zur Kopulation. Das Weibchen legt dann wiederum befruchtete Eier im oder am Holz ab. Die ausgewachsenen Insekten sterben danach beziehungsweise fallen Fressfeinden zum Opfer.
Eine kleine Gruppe von Insekten hat sich an das trockene Bau- und Werkholz angepasst und verursacht über mehrere Insektengenerationen hinaus immense Schäden am Holz. Nachfolgend werden die bedeutendsten Trockenholzinsekten kurz vorgestellt.
Hausbock [Hylotrupes bajulus]
Ein Hausbockkäfer kurz nach dem Schlupf
Foto: Ekkehard Flohr
Der Hausbock zählt zu den gefährlichsten holzzerstörenden Insekten in Europa. Durch seine intensive Fraßtätigkeit im Nadelholz kann er dieses über mehrere Jahre bis zum Versagen zerstören. Der eigentliche Schaderreger ist die Larve. Diese miniert durchschnittlich 3 bis 6 Jahre (in manchen Fällen auch länger) im Holz. Dabei ist sie auf das eiweißreiche Splintholz der Nadelhölzer angewiesen. Das Kernholz kann die Käferlarve nicht zerstören. In den Sommermonaten schlüpfen, nach der Verpuppung der Larven, die Käfer. Diese flugfähigen Insekten kopulieren und das Weibchen legt in Holzrisse oder Bauteilfugen wieder 150 bis 200 Eier in mehreren Eigelegen ab.
Gewöhnlicher Nagekäfer [Anobium punctatum]
Der Gewöhnliche Nagekäfer, ein etwa 3 bis 5 mm großer Käfer, befällt bevorzugt das Splintholz von Laub- und Nadelholz. Gegenüber dem Hausbock siedelt sich der Käfer bevorzugt an kühlen und feuchten Holzbauteilen an (zum Beispiel Keller, Nassräume, Balkenköpfe, Treppenhäuser im Erdgeschoss). Auch an sakralen Bauwerken ist er fast immer anzutreffen. Die Fluglöcher sind kreisrund mit einem Durchmesser von etwa 2 mm. Die Flugzeit der Käfer findet hauptsächlich von Mai bis Juli statt, nachdem die Larven etwa 2 bis 5 Jahre im Holz miniert haben.
Gescheckter Nagekäfer [Xestobium rufovillosum]
Seitenansicht des Gescheckten Nagekäfers
Foto: Ekkehard Flohr
Diese Insektenart findet man bevorzugt am Laubholz (vereinzelt auch an Nadelholz), das durch Pilze bereits vorgeschädigt ist. Die Käfer können bis zu 9 mm lang werden und sind etwa doppelt so groß wie der Gewöhnliche Nagekäfer. Daraus resultieren auch die relativ großen, kreisrunden Fluglöcher von durchschnittlich 3 bis 4 mm Durchmesser. Betrachtet man das Bohrmehl durch eine Lupe, so erkennt man kleine, linsenförmigen Kotpartikel. In Verbindung mit den Pilzschäden führt ein Käferbefall nicht selten zum Totalverlust der Tragfähigkeit.
Gekämmter Nagekäfer [Ptilinus pectinicornis]
Ausschließlich an Laubhölzern wie Rotbuche, Hainbuche, Eiche, Ahorn, Ulme, Platanen und Pappel ist diese Insektenart anzutreffen. Bauteile aus den oben genannten Holzarten, zum Beispiel Treppen, Möbel, Kunstgegenstände, aber auch Brennholz werden befallen. Die Fluglöcher sind kreisrund und besitzen einen Durchmesser um 1,5 mm. Werden Holzbauteile zersägt oder gespalten fällt auf, dass das Bohrmehl in den meisten axial verlaufenden Fraßgängen sehr fest gestopft ist. Die Schlupfzeit der Insekten liegt zwischen Mai und Juli.
Verfahren zur Bekämpfung eines Insektenbefalls
Grundlegend werden drei Verfahren zur Bekämpfung in der DIN 68 800 Teil 4 beschrieben. Hierbei handelt es sich um den Einsatz von Holzschutzmitteln, thermische Bekämpfungsverfahren und die Verwendung von Gasen (reaktiv oder inert). Bevor ein Bekämpfungsverfahren zur Anwendung kommt, muss zweifelsfrei die Aktivität der Insekten festgestellt und nachgewiesen werden. Denn nicht jede perforierte Holzoberfläche bedeutet zwangsläufig einen aktiven Insektenbefall.
In der oben genannten Norm werden verschiedene Erscheinungen erläutert, die als Beweis oder als Indiz einer Insektenaktivität gelten. Hierzu zählen beispielsweise:
Existenz von lebenden Insekten
Funde von Toten, jedoch unverstaubten Insekten
lebende Larven oder Puppen im Holz
Wahrnehmung von Fraßgeräuschen (gegebenenfalls unter Einsatz von speziellen Detektionsgeräten)
Beobachtung von hellen, unverstaubten Bohrmehlhaufen
helle Bohrmehlstraßen an senkrechten Holzflanken
helle und unverstaubte Ausflugslöcher
Die richtige Interpretation einiger der genannten Merkmale bedarf der Fachkenntnis von Holzschutzexperten. Denn im Gebäudebestand gibt es Ursachen, die einen Lebendbefall vortäuschen (zum Bespiel Erschütterung, Sekundärinsekten, Antagonisten).
Als weitere Vorarbeit ist entsprechend dem Abschnitt 9.1.2 der DIN 68 800 Teil 4 der tragfähige Restquerschnitt zu bestimmen. Durch einen Tragwerksplaner muss der Standsicherheitsnachweis unter Berücksichtigung der geschädigten Holzbereiche neu aufgestellt werden. Konsequenzen daraus kann eine Verstärkung der Bauteile beziehungsweise der Ersatzneubau sein.
Einsatz von Holzschutzmitteln
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dortmund (BAuA) ist als Ressortforschungseinrichtung des Bundes für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zuständig. Unter anderem werden Industriechemikalien zugelassen und Biozidprodukte bewertet. Bevor Holzschutzmittel als bekämpfende Maßnahme eingesetzt werden, muss geprüft werden, ob diese entsprechend der BAuA für den Einsatz in Deutschland zugelassen sind. Die Holzschutzmittel sind dann mit einer DE-Nummer gekennzeichnet. Parallel dazu können auch Holzschutzmittel zum Einsatz kommen, die verkehrsfähig, jedoch noch nicht zugelassen sind (erkennbar an einer N-Nummer).
Das Einsetzen von Packern zur Bohrlochdrucktränkung an einem Balkenkopf
Foto: Ekkehard Flohr
Vor dem Auftragen der Holzschutzmittel müssen die Hölzer, je nach Insektenbefall, von vermulmten Holzschichten befreit beziehungsweise vom Liegestaub gesäubt werden. Umfangreiche Befallsbereiche werden in der Regel im Sprühverfahren behandelt. Auch das Streich- oder Schaumverfahren ist möglich. Für allseitig nicht zugängliche Holzbauteile (zum Beispiel Fachwerkhölzer, Balkenköpfe, Mauerlatten) bietet sich zusätzlich eine Bohrlochbehandlung an. Detaillierte Informationen, welches Holzschutzmittel mit welcher Anwendungsmethode aufgebracht werden darf, findet man in den technischen Merkblättern oder in den SPCs (Summary of Product Characteristics) bei der ECHA (European Chemicals Agency).
Thermisches Verfahren
Heißluftbehandlung in einem Kirchendachstuhl
Foto: Ekkehard Flohr
Entscheidet man sich für eine Heißluftbehandlung, so können zwei technische Verfahren zur Anwendung kommen. Man unterscheidet eine Heißluftbehandlung ohne Feuchtezufuhr und eine Heißluftbehandlung mit Feuchtezufuhr im Umluftverfahren. In der Baupraxis wird meist das Heißluftverfahren ohne Feuchtezufuhr gewählt. Dabei wird die erhitzte Luft (maximal 120° im Objekt) mit eigens dafür konstruierten Maschinen, die einen Warmluftstrom von etwa 10 000 m³/h produzieren können, eingesetzt.
Eine Reihe von Bauteilen sind nicht hitzebeständig, so dass die Firma im Vorfeld prüfen muss, inwieweit diese zurückgebaut oder vor Hitzeeinwirkung geschützt werden müssen. Dazu zählen beispielsweise Kunststoffleitungen, elektrische Anlagen, Unterspannbahnen, beschichtete Bauteile, geklebte Holzverbindungen und gipshaltige Baustoffe.
Um den Bekämpfungserfolg gegenüber den Insekten zu gewährleisten, muss am thermisch ungünstigsten Punkt eine Letaltemperatur von 55 °C über eine Stunde nachgewiesen werden. Dies erfolgt meist mit elektronischen Thermofühlern oder Thermometern. Die Messstelle ist nicht immer identisch mit dem geometrischen Mittelpunkt vom Holzbauteil. Berühren andere Bauteile das Holz, ist ein allseitiger Warmluftstrom nicht möglich. Dementsprechend kann die Messstelle auch am Rand eines Bauteilquerschnitts liegen. Da die Heißluftbehandlung keinen vorbeugenden Schutz gewährleisten kann, muss geprüft werden, ob in Abhängigkeit der Gebrauchsklasse ein zusätzlich vorbeugender Schutz mit einem Holzschutzmittel notwendig wird.
Mikrowellenbehandlung in einem zu Wohnzwecken ausgebauten Dachstuhl
Foto: Ekkehard Flohr
Elektrophysikalische Verfahren (zum Beispiel Mikrowellentechnik, Infrarotverfahren) zählen ebenfalls zu den thermischen Verfahren. Damit werden meist partielle Befallsstellen in der Holzkonstruktion behandelt. Auch an musealen und denkmalgeschützten Objekten kann dieses Verfahren zur Anwendung kommen. Voraussetzung für den Erfolg ist auch hier der Nachweis der letalen Dosis von 55 °C über 1 Stunde. Kürzere Zeiten mit höheren Temperaturen sind ebenfalls möglich.
Begasungsverfahren
Grundsätzlich wird bei der Begasung zwischen dem Einsatz von toxischen Begasungsmitteln (reaktiv) und modifizierten Atmosphären (inert) unterschieden. Zu den toxischen Begasungsmittel, die bei der Gebäudebegasung zum Einsatz kommen, gehörend Sulfuryldifluorid (SO2F2) und Hydrogencyanid (HCN).
Der Einsatz dieser toxischen Gase unterliegt entsprechend der DIN 68 800 Teil 4 und der TRGS 512 umfangreicher Regularien und Sicherheitsvorschriften. Aus diesem Grund sind nur speziell geschulte Fachfirmen mit einer Konzession und Mitarbeiter mit einem Befähigungsschein in der Lage, eine fachgerechte Begasung durchzuführen.
Jede Begasung setzt einen geschlossenen Begasungsraum voraus. Komplette Gebäude oder Gebäudeteile müssen zusätzlich mit gasdichter Folie abgeplant werden. Transportable Gegenstände können in speziell dafür vorgesehenen Kammern oder Containern begast werden. Kommen modifizierte (sauerstoffreduzierte) Atmosphären zum Einsatz, beruht die letale Wirkung auf dem Ersticken der Insekten. Zum Einsatz kommt Stickstoff (N2) oder Kohlendioxid (CO2).
Stickstoff: ein reaktionsträges Gas
Bei Stickstoff handelt sich es sich um ein äußerst reaktionsträges Gas, das kaum negative Auswirkungen auf Kunst- und Kulturgut hat. Allerdings muss die Konzentration während der gesamten Begasungszeit über 99 Prozent gehalten werden. Aus technischer Sicht ist das bei einer Gebäudebegasung kaum realisierbar. Deshalb kommt Stickstoff eher in geschlossenen Containern oder Begasungskammern zum Einsatz.
Kommt Kohlendioxid zum Einsatz, so reicht für den letalen Erfolg eine Konzentration von etwa 60 Prozent aus und ist bei einer Gebäudebegasung realisierbar. Allerdings reagiert Kohlendioxid mit Feuchtigkeit und bildet Kohlensäure, die Pigmente und Bindemittel in Anstrichstoffen nachhaltig verändern kann. Diese Gefahr ist insbesondere bei der Behandlung von denkmalgeschützten Objekten zu berücksichtigen.
AutorDipl.-Ing. Ekkehard Flohr ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Holz- und Bautenschutz und Geschäftsführer eines Ingenieurbüros in Dessau.