Regelverfahren zur Bekämpfung holzzerstörender Nassfäuleerreger und des Echten Hausschwamms
Werden holzzerstörende Pilze in und an Gebäuden festgestellt, müssen diese fachgerecht entfernt werden. Grundlage hierfür ist die eindeutige Diagnose der Pilzart und die Ermittlung des Befallsumfangs durch Sachverständige. Die bestehenden Regeln werden dann von Fachfirmen umgesetzt.
Regelverfahren dienen dazu, Pilze in Gebäuden nachhaltig und erfolgreich zu bekämpfen. Im Gegensatz zu den so genannten Sonderverfahren haben sich die Regelverfahren in der Praxis über Jahrzehnte bewährt und besitzen eine allgemeine Anerkennung in der Fachwelt. Deshalb kann man davon ausgehen, dass sie allgemein gültig sind. Also entsprechen diese im weitesten Sinne den anerkannten Regeln der Technik. In Publikationen (zum Beispiel Merkblätter, technische Vorschriften, Normen) werden diese Regeln aufgeschrieben und sind für Fachleute zugänglich.
Pilzart im Vorfeld bestimmen
Vitaler Fruchtkörper vom Echten Hausschwamm auf der Dielung
Fotos: Ekkehard Flor
So findet man beispielsweise in der DIN 68 800, Teil 4 klare Vorgaben darüber, wie der Echte Hausschwamm und Nassfäulepilze im profanen Wohnungsbau bekämpft werden können. Detailliertere Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Echten Hausschwamm sind im WTA-Merkblatt 1-2, Ausgabe 01/2021/D enthalten. Da die Herangehensweise der Bekämpfung des Echten Hausschwamms unterscheidet sich von den Nassfäulepilzen gravierend. Daher ist die Bestimmung der Pilzart im Vorfeld von essenzieller Bedeutung. Dabei muss generell festgestellt werden, ob es sich einerseits um den Echten Hausschwamm oder andererseits um Nassfäuleerreger handelt. Zudem muss, vorzugsweise durch einen Sachverständigen, vor Ort auch der Umfang der Zerstörung ermittelt werden.
Über das Ergebnis dieser Voruntersuchung sind dem Auftraggeber Untersuchungsberichte vorzulegen. Ob es sich hierbei um einzelne Protokolle oder umfangreiche Gutachten mit Illustrationen und Zeichnungen handelt, hängt von der Aufgabenstellung und der Objektgröße ab. Diese Dokumente dienen auch dazu, eine solide Planung zu ermöglichen und die Ausführung (Erstellung eines Leistungsverzeichnisses) vorzubereiten.
Fünf Verfahrensweisen bei Pilzbefall
Geschädigte Holzbauteile werden aus einer Fachwerkwand entfernt
Foto: Ekkehard Flor
Grundsätzlich müssen, egal um welchen Pilzbefall es sich handelt, fünf Verfahrensweisen umgesetzt werden. Eine der wichtigsten und grundlegenden Maßnahmen ist es, die Ursache der Pilzentstehung (erhöhte Feuchte) zu beseitigen. Weiterhin müssen sämtliche befallenen Materialien von Fruchtkörper und Myzel (soweit möglich) befreit werden. Auch schadhafte und befallene Holzbauteile müssen ausgebaut werden. Im Sanierungsbereich verbleibende Holzbauteile müssen entsprechend ihrer Gefährdung vorbeugend mit einem Holzschutzmittel imprägniert werden. Letztendlich muss – und dies trifft nur bei Befall durch den Echten Hausschwamm zu – das Mauerwerk mit einem Schwammsperrmittel behandelt werden.
Aufgrund der großen Variantenvielfalt in der Gebäudesubstanz und der unterschiedlichen Art der Pilzbefälle, kann man von den fünf Verfahrensweisen mehr oder weniger abweichen. Handelt es sich beispielsweise um wertvolle Holzsubstanz, die nur gering geschädigt wurde und erhalten werden muss oder eine rasche Trocknung im Schadbereich ist nicht möglich, so sind andere Verfahrensweisen intensiver umzusetzen oder sogar Sonderverfahren zu wählen. Eine Entscheidung darüber obliegt meist dem Sachverständigen für Holzschutz.
Pilzbefall im Holz
Sind Holzbauteile vom Echten Hausschwamm (Serpula lacrymans) befallen, müssen diese in Längsrichtung mindestens 1 m über den letzten sichtbaren Befall hinaus ausgebaut werden. Unter sichtbaren Befall versteht man drei verschiedene Erscheinungen am Holz:
1. anhaftendes Myzel, egal ob es sich um flächiges Hautmyzel oder Strangmyzel handelt
2. Fruchtkörper
3. Braunfäuleerscheinungen, die nachweislich vom Echten Hausschwamm stammen
In Ausnahmefällen kann man die Rückschnittlänge auf 50 cm reduzieren, wenn nachweislich das Holz dort keinen Befall aufweist und es zukünftig der Gebrauchsklasse 0 und 1 zugeordnet werden kann. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass eine Bebeilung vom Echten Hausschwamm geschädigter Hölzer nicht gestattet ist.
Ausbau von Schütt- und Dämmstoffen
Schüttstoffe aus einer Holzbalkendecke entfernen
Fotos: Ekkehard Flor
Sind Schüttung und Dämmstoffe vom Echten Hausschwamm bewachsen, so müssen auch diese mit einem Sicherheitsbereich von mindestens 1,5 m in alle Richtungen ausgebaut werden. Da diese grundlegende Forderung in der Praxis oft nicht umgesetzt werden kann, gibt es Abweichungen von dieser Regel. Beispielsweise kann beim Ausbau von Schüttstoffen in Kellerfußböden die Tiefe auf 20 cm reduziert werden. In der Fläche bleiben die 1,5 m bestehen. Die Reduzierung der Aushubtiefe ist deshalb notwendig, da in der Praxis nicht unterhalb der Fundamentsohle ausgeschachtet werden darf. Unabhängig davon können Schachttiefen von 20 cm bereits unterhalb der Gründungssohle liegen. In dem Fall muss ein Tragwerksplaner konsultiert werden.
Auch beim Ausbau von bewachsenen Dämmstoffen, die aus anorganischen Materialien bestehen (zum Beispiel Mineralfasern, Kunststoffe), kann der Rückbau im Sicherheitsbereich auf 20 cm reduziert werden. Dies ist möglich, da nicht zellulosehaltige Dämmstoffe für den Echten Hausschwamm keine Nahrungsgrundlage darstellen. Handelt es sich demgegenüber um zellulosehaltige Materialien, so ist diese Reduzierung nicht möglich.
Mauerwerksbehandlung
Abflammen einer Mauerwerksoberfläche
Foto: Ekkehard Flor
Eine der oben genannten fünf Verfahrensweisen zur Bekämpfung des Echten Hausschwamms ist die Behandlung von Mauerwerk. Dabei beträgt der Sicherheitsbereich 1,5 m in alle Richtungen. Zur Vorbereitung der eigentlichen Schwammbekämpfung wird das Mauerwerk in diesem Bereich vom Putz befreit, loses und schadhaftes Fugenmaterial ausgekratzt und das Mauerwerk abgeflammt. Zur Erklärung dieser vorbereitenden Maßnahmen sei anzumerken, dass auf keinen Fall intaktes Fugenmaterial herausgestemmt oder anderweitig mechanisch entfernt werden muss. Weiterhin kann auf das Abflammen verzichtet werden, wenn sich in der Nähe Holzbauteile befinden und eine Brandgefährdung besteht.
Bohrlochverfahren
Eine tiefenwirksame Behandlung im Mauerwerk findet in Form des Bohrlochtränk- oder Bohrlochdrucktränkverfahrens statt. Dabei werden rasterförmig Bohrungen (etwa 12 bis 18 Stück, je nach Mauerwerksart, -tiefe und Gefüge, etwa 10 mm Durchmesser) mit einem Abstand von etwa 20 bis 30 cm im Mauerwerk eingebracht. Anschließend werden diese Bohrungen drucklos oder mithilfe von Packern (Injektoren) unter leichtem Druck zwischen 2 und 5 bar, mit einem zugelassenen und wässrigen Schwammsperrmittel gefüllt und verpresst. Abschließend erfolgt eine Oberflächenbehandlung im Spritz-, Flut- oder Schaumverfahren.
Es ist nicht gestattet, an statisch sensiblen Bauteilen wie Kreuzrippen- oder Tonnengewölben, Kappendecken (zum Beispiel Preußische Kappe) beziehungsweise Wänden mit einer Wanddicke unter 15 cm Bohrlochbehandlungen auszuführen. Diese werden, meist beidseitig, nur im Oberflächenverfahren behandelt.
Trotz der Gefährlichkeit des Echten Hausschwamms kann auf eine Bekämpfung im Gebäude verzichtet werden, wenn entsprechend Absatz 8.2.2.2.5 der DIN 68 800, Teil 4 sämtliche im Befallsbereich befindlichen Hölzer ausgebaut und keine weiteren Holzbauteile oder Holzwerkstoffe wieder eingebaut werden.
Regelverfahren bei der Bekämpfung von Nassfäuleerregern
Erhaltenswerte Holzbauteile werden im Spritzverfahren imprägniert
Foto: Ekkehard Flor
Zu den häufigsten in Gebäuden vorkommenden Nassfäuleerregern gehören der Braune Keller- oder Warzenschwamm (Coniophora puteana), Weißer Porenschwamm (Antrodia vaillantii), Ausgebreiteter Hausporling (Donkioporia expansa) und Blättlinger (Gloeophyllum spp.). Von diesen Pilzen befallene Holzbauteile müssen mit einem Sicherheitsbereich von 30 cm über den letzten sichtbaren Befall hinaus abgeschnitten werden, wenn sie keinen ausreichenden Restquerschnitt mehr besitzen. Das heißt, sofern nur eine Oberflächenschädigung vorliegt und die Holzsubstanz nicht unzulässig geschwächt wurde, kann das befallene Holz im Gebäudebestand verbleiben. Voraussetzung ist allerdings, dass die zerstörten Holzbereiche bis auf das gesunde Holz mechanisch entfernt werden (Abbeilen, Abfräsen, Abschleifen).
Um ein weiteres Wachstum der Pilze zu verhindern, sind besonders gefährdete Stellen, wie Balkenkopfauflager, mit einem zugelassenen Holzschutzmittel vorbeugend zu imprägnieren. Gleiches gilt, wenn die Holzbauteile zukünftig der Gebrauchsklasse 2 zugeordnet werden. Da einige Nassfäuleerreger auch die Fähigkeit besitzen, sich in und auf dem Mauerwerk auszubreiten, sind die Mauerwerksoberflächen von Myzelanhaftungen gründlich zu reinigen. Auf keinem Fall darf das Mauerwerk mit einem für die Schwammbekämpfung zugelassenen Schwammsperrmittel behandelt werden. Dies ist einerseits fachlich nicht notwendig und andererseits führt das zu einem erhöhten Eintrag von Bioziden im Gebäude.
Fazit
Bei den genannten Regelverfahren handelt es sich um die grundlegendsten und wichtigsten Maßnahmen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht. Zu weiteren Maßnahmen findet man detailliertere Beschreibungen in den Regelwerken. Sämtliche für die Pilzbekämpfung aufgeführten Regelverfahren machen nur dann Sinn, wenn elementare Grundsätze des konstruktiven beziehungsweise bautechnischen Holzschutzes erfüllt sind. Deren Ziel ist es, eine unzulässige Feuchtebelastung am Holz zu verhindern, um damit ein Pilzwachstum auszuschließen.
AutorDipl.-Ing. Ekkehard Flohr ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Holz- und Bautenschutz und Geschäftsführer eines Ingenieurbüros in Dessau.