Messreihe von Saint-Gobain Weber für effektiven Radonschutz
Eine überhöhte Radonbelastung in geschlossenen Räumen stellt eine Gefahr für die Gesundheit dar. Häufig sind fehlerhaft ausgeführte Schnittstellen Eintrittspforten für das radioaktive Edelgas. Dies untersucht der Baustoffhersteller Saint-Gobain Weber derzeit in einer Forschungsreihe.
Mit dem Ende 2018 in Kraft getretenen deutschen Strahlenschutzgesetz und der Strahlenschutzverordnung ist der Radonschutz auch im Bau angekommen. Für Innenräume gilt ein Referenzwert von 300 Bq/m3, der nicht überschritten werden soll. Messpflichten gelten unter anderem in so genannten Radonvorsorgegebieten für Arbeitsstätten in Keller- und Erdgeschossen. Da Radon aus dem Erdreich in Gebäude eintritt, sind insbesondere diese Geschosse von erhöhten Konzentrationen betroffen.
Laut dem vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) herausgegebenen „Radonhandbuch Deutschland“ gilt ein Material dann als radondicht, wenn seine Materialdicke mindestens das Dreifache der so genannten Diffusionslänge beträgt. Von sachkundigen Prüfstellen ausgestellte Prüfnachweise bieten Orientierung, welche Abdichtungsmaterialien als radondicht beziehungsweise radonundurchlässig bezeichnet werden dürfen.
Einbau und Eindichtung eines Rohrdurchführungselementes inklusive Klebeflansch mit „weber.tec Superflex D24“
Fotos: Saint-Gobain Weber
Eine Maßnahme zum Schutz vor Radongas ist die vollflächige, wannenartige Abdichtung erdberührter Bauteile mit geeigneten Materialien, zum Beispiel mit „weber.tec Superflex D 24“. Die bitumenfreie Dickbeschichtung von Saint-Gobain Weber wurde geprüft und als radondicht eingestuft. Damit schützt die hochflexible Reaktivabdichtung nicht nur zuverlässig gegen Feuchtigkeit, sondern verhindert auch das Eindringen von Radongas durch die Gebäudehülle.
Schwachstellen in der Gebäudehülle: Schnittstellen zu Parallelgewerken
Die Abdichtung der Fläche ist bei Einhaltung der vorgeschriebenen Trockenschichtdicke in der Regel unkritisch. Bei Details dagegen gibt es ein erhöhtes Risiko für Planungs- und Ausführungsfehler. Zum Schutz vor Radon wird in den Fachregeln daher neben dem vollflächigen Abdichten der erdberührten Bauteile auch die fachgerechte Abdichtung von Fugen, Durchdringungen und Sockelanschlüssen beschrieben. Auch besteht die Gefahr, dass die Abdichtungsschicht von Folge- beziehungsweise Parallelgewerken beschädigt wird. Handwerker sollten den Maßnahmen zum Radonschutz daher einen hohen Stellenwert beimessen und sich möglicher Schwachstellen eines Gebäudes bewusst sein.
Zu Beginn stehen Messungen der Radonkonzentration in der Bodenluft an
Foto: Saint-Gobain Weber
Zur Erkundung konvektiver Eintrittspfade für Radon ins Gebäude begleitet Saint-Gobain Weber aktuell in Kooperation mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden (HTW) die messtechnische Untersuchung von mehreren Bauobjekten mit extremer Radonlast in der Bodenluft. Bevor die Gebäudekeller der Versuchsobjekte errichtet wurden, wurden dort zunächst die Radonaktivitätskonzentrationen in der Bodenluft gemessen. Hierbei wurden Bodenluftwerte von bis zu 362 000 Bq/m3 festgestellt, also Werte, die den aktuellen, gesetzlichen Referenzwert für die Innenraumluft um mehr als das 1200-fache übertreffen.
Funktionsnachweise in der Praxis
Es folgte die wannenförmige Abdichtung der erdberührten Bauteile. Hierzu wurden die Bodenplatten abgeschliffen, von haftungsmindernden Bestandteilen befreit und vorhandene Unebenheiten mit dem Dichtungs- und Egalisierungsspachtel „weber.tec 933“ ausgeglichen. Unter den aufgehenden Wänden erfolgte dann zunächst die Abdichtung mit „weber.tec Superflex D 24“. Das Material wurde nach Auftrag von Grundierung und Kratzspachtelung in zwei Lagen aufgebracht. Die Abdichtungsprofis achteten dabei auf eine Trockenschichtdicke von 4 mm und eine Überlappungsbreite von 15 cm am inneren wie äußeren Wand-Bodenanschluss.
Die Bodenplatten der bei der Radon-Messreihe untersuchten Objekte wurden mit der kaltselbstklebenden, radongasundurchlässigen Bitumen-Dichtungsbahn „weber.tec 913“ abgedichtet
Foto: Saint-Gobain Weber
Die Kellerbodenflächen wurden nach Auftrag der System-Grundierung mit der kaltselbstklebenden und radongasundurchlässigen Bitumen-Dichtungsbahn „weber.tec 913“ mit einer Stoßüberlappung von 8 cm abgedichtet. Nach Fertigstellung der Kellerwände folgte deren erdberührte Abdichtung. Hierzu wurden die Flächen nach Untergrundvorbereitung, Grundierung, Kratz- und Füllspachtelung vollflächig entweder mit „weber.tec Superflex 2K“, radongasundurchlässige PMBC, oder mit der bitumenfreien, reaktiv- und schnell abbindenden Dickbeschichtung „weber.tec Superflex D 24“ (FPD) in zwei Lagen mit einer Gesamttrockenschichtdicke von mindestens 4 mm abgedichtet. Die Abdichtung der Kellerwände schloss das fachgerechte Einbinden sämtlicher Detailpunkte, wie beispielsweise Durchdringungen, Sockelabdichtung, Eindichten bodentiefer Fenster und Türen ein, sodass eine lückenlose, wannenartige Bauwerksabdichtung einschließlich des Sockels erreicht wurde.
Aktive und passive Messungen der Radonkonzentration
Nach Fertigstellung der Keller- und Erdgeschosse, inklusive Einbau von Fenster und Türen, folgten die Radonmessungen in der Raumluft. Dabei wurde die Radonkonzentration zur Abschätzung der Belastungssituation zunächst für eine Dauer von 14 Tagen aktiv gemessen. Das heißt, dass hierbei ein digitales Messgerät den gesamten Verlauf der Radonbelastung unter realen Nutzungsbedingungen exakt erfasste. Anschließend folgte eine passive Radonkonzentrationsmessung, bei der ein Jahr lang ein so genanntes Dosimeter die Radonkonzentration an der jeweiligen Position maß. Alle aufgenommenen Messpunkte liegen unterhalb des gesetzlichen Referenzwertes für Innenräume.
Objekt-Beispiel „Detailmessungen“
Mittels Sniffing-Messung wird untersucht, ob in Bauteilfugen und in Randbereichen von Mediendurchführungen eine erhöhte Radonaktivitätskonzentration feststellbar ist
Foto: Saint-Gobain Weber
Bei den untersuchten Häusern wurden darüber hinaus Detailmessungen durchgeführt. Hierzu ein Beispiel: Nachdem bei einem der Objekte im August 2020 die Radonaktivitätskonzentration in der Bodenluft bestimmt worden war (Mittelwert: etwa 26 000 Bq/m3), wurden nach Baufertigstellung an zwei Terminen im März und Juni 2022 an insgesamt elf Messpunkten im Gebäude Detailpunktmessungen mit dem so genannten „Sniffingverfahren“ durchgeführt.
Während die ersten sechs Messungen der untersuchten Randbereiche von Mediendurchführungen durch die Bodenplatte beziehungsweise die erdberührte Außenwand keine signifikant erhöhte Radonaktivitätskonzentration zeigten, offenbarte die zweite Messreihe an zwei Messpunkten eine erhöhte Zerfalls-
häufigkeit. Als Ursache wurden nicht fachgerecht eingebaute Medieneinführungselemente identifiziert, an denen ein konvektiver Zustrom von Bodenluft ins Gebäude stattfand. Der Einbau der Durchdringungselemente wurde daraufhin untersucht und nachgebessert.
Die Untersuchung ergab, dass es sich bei einem KG-Rohr um ein Leer-Rohr handelte, das durch die Bodenplatte ins Erdreich führte und dort offen (ohne Anschluss beziehungsweise entsprechende Dichtung) endete. Obwohl die Durchführung des Rohrs durch die Bodenplatte fachgerecht abgedichtet wurde, ist davon auszugehen, dass (radonhaltige) Bodenluft durch das Rohr in den Hausanschlussraum gelangen konnte. Entsprechend wurde das Rohr im Anschluss konvektionsdicht abgedichtet.
Messungen im Heizungsraum und im Büro
Auch wenn Sniffing-Messungen auf Unterschiede der Radonkonzentration hinweisen, lassen sich dabei keine belegbaren Messwerte feststellen. Zusätzlich wurden daher für die Dauer von 14 Tagen zwei Messgeräte an je einem Messpunkt im Heizungsraum und im gewerblich genutzten Büro positioniert, um orientierende Werte zur Aktivitätskonzentration zu erhalten. Hier lagen die Mittelwerte mit durchschnittlich 159 Bq/m3 deutlich unter den Referenzwerten von 300 Bq/m3. Die abschließenden Langzeit-Passivmessungen ergaben an zwei Messpunkten Mittelwerte der Radonaktivitätskonzentration in der Raumluft von 57–120 Bq/m3. Auch diese liegen deutlich unterhalb des gesetzlichen Referenzwertes von 300 Bq/m³.
Die beschriebene Radon-Messreihe wurde ausschließlich an Neubauten vorgenommen. Bei Bestandsgebäuden sollte im ersten Schritt nicht nur die Bodenluft-, sondern auch eine Innenraummessung vorgenommen werden, auf deren Basis Schutzziele und geeignete flankierende Maßnahmen definiert werden. Bei denkmalgeschützten Gebäuden muss das Sanierungskonzept zusätzlich mit dem Denkmalschutzamt abgestimmt werden.
Fazit: Erste Ergebnisse der Radon-Messreihe
Das Zwischenergebnis der Radon-Messreihe zeigt, dass nach fachgerechter Abdichtung aller erdberührten Flächen – trotz enormer bodennaher Radonaktivitätskonzentration in der Außenluft – die an unterschiedlichen Punkten gemessenen Radonkonzentrationen in den Innenräumen deutlich unter den gesetzlichen Referenzwerten liegen. Die Ausführung der Flächenabdichtung ist als unkritische und wirksame Maßnahme einzustufen. Die Herausforderung besteht darin, alle Baubeteiligte über die Gefahr von Radon zu informieren und sämtliche Details sorgfältig zu planen und auszuführen. Neben der Erstellung von Radonschutzkonzepten braucht es dazu die Koordination und Überwachung von Schnittstellen.
AutorDipl.-Ing. Michael Bertels arbeitet im Produktmanagement Bautenschutz- und Mörtelsysteme bei der Saint-Gobain Weber GmbH in Düsseldorf.
Was ist Radon?
Radon ist ein natürlich vorkommendes, radioaktives Edelgas, das im Erdreich in den Zerfallsreihen von Uran entsteht und über Klüfte und Spalten ins Grundwasser und an die Erdoberfläche gelangt. An der Luft zerfällt das Radon in kurzer Zeit. Durch ungeschützte Fundamente oder Kellerwände dringt es in Gebäude ein, wo seine Konzentration in schlecht belüfteten Räumen rasch steigt. In der Regel dringt Radon aus dem Baugrund in tieferliegende Gebäudeteile ein: Entweder strömt es konvektiv, als Bestandteil von Bodenluft, durch Leckstellen, Fugen, Risse oder Rohrleitungen in die erdberührenden Bauteile oder es diffundiert durch nicht radon-dichte Boden- und Wandflächen.