Schimmel fachgerecht entfernen
Der umgangssprachliche Begriff „Schimmel“ meint verschiedenste Mikroorganismen wie Schimmelpilze, Hefen und Bakterien – bei älteren Schäden sogar Milben. Wenn es um die fachgerechte Sanierung geht, muss unterschieden werden, ob die Ursachen beseitigt oder die Symptome kaschiert werden.
Schimmel ist ein natürlicher Bestandteil unserer Umwelt. Man kann ihm nicht aus dem Weg gehen. Die frische Waldluft lässt uns oft vom stressigen Alltag entspannen, auf dem Käse ist er für viele eine Delikatesse, als Zerstörer organischen Materials bildet er die Grundlage für neues Leben. Der überwiegende Teil der in der Luft enthaltenden Schimmelpilze stellen für den Menschen im Grunde keine besonderen Gesundheitsgefahren dar.
Im Inneren unserer Gebäude deutet Schimmel aber meist auf einen Schaden hin. In der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) wird der Schutz von Beschäftigten und anderen Personen geregelt, wenn stoffbedingte Schädigungen zu erwarten sind. In der Regel gilt die GefStoffV jedoch nicht für biologische Arbeitsstoffe im Sinne der Biostoffverordnung (BioStoffV) und auch nicht für private Haushalte.
Schimmelschaden an einer bereits ausgebauten Trittschalldämmung
Foto: Sachverständigengesellschaft Richardson
Bei einer der Schimmelsanierung vorgelagerten Trocknung können jedoch in der Regel alveolengängige Stäube (A-Stäube, zum Beispiel mineralische Mischstäube) aufgewirbelt werden, obwohl gleichzeitig nicht am Schimmel gearbeitet wird. Aus diesem Grunde ist die GefStoffV auch bei Arbeiten rund um die Schimmelsanierung mit zu berücksichtigen. Schutzmaßnahmen sind auch bei einer Schimmelsanierung wichtig, da Schimmelpilze auf eine technische Trocknung oft mit einer stärkeren Sporenfreisetzung reagieren (insbesondere Stachybotrys – ein Problem unter den Innenraumpilzen).
Industriesauger und technische Lüftung
Während einer Schimmelsanierung kann eine verlässliche Eingrenzung der freigesetzten Mischstäube (mineralische Stäube, Sporen und Schimmelpilzbruchstücke) lediglich über eine Abschottung bei gleichzeitiger Luftreinigung und Luftaustausch erfolgen. Die DGUV-Information 201-028 der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung enthält Hinweise und Empfehlungen zu „Gesundheitsgefährdungen durch Biostoffe bei der Schimmelpilzsanierung“. Neben orga-
nisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen beschreibt sie technische Schutzmaßnahmen, die zum einen aus einem Industriesauger mindestens der Klasse M bestehen und zum anderen aus einer technischen Lüftung.
Die technische Lüftung in Form von Luftreinigern und/oder Unterdruckhaltegeräten filtert die Abluft mit einem Schwebstofffilter der HEPA-Klasse (HEPA = Hoch Effiziente Partikelabluft Abscheidung). Je nach Gefährdungsklasse (definiert durch die Schimmelpilz- und Staubexposition) empfiehlt die DGUV-Information einen bis zu 15-fachen Luftwechsel pro Stunde bei gleichzeitigem Unterdruck von 15-25 Pascal im Sanierungsbereich. Die Durchlüftung des Arbeitsbereiches muss so gewählt werden, dass im Raum möglichst eine Querlüftung von der Zuluftöffnung zur technischen Abluft generiert wird.
Abschottung des Arbeitsbereiches
Die Staubschutztür deconta „Smart-Door+“ mit Rohrschleuse „Smart-Bag“ von deconta eignet sich zum Ausschleusen von Materialien, ohne den Arbeitsbereich zu verlassen
Foto: deconta
Eine Abschottung kann dabei aus einer einfachen Reißverschlusstür bestehen. Üblicherweise sind diese aber nur für kurze Einsätze geeignet. Eine selbstschließende Staubschutztür, wie zum Beispiel die deconta „Smart-Door+“, besteht aus wesentlich robusteren und langlebigeren Materialien und bietet in Kombination mit einer Ein-Kammer-Personenschleuse einen wesentlich höheren persönlichen Schutz und Schutz vor Kontaminationen aus dem Arbeitsbereich heraus. Entscheidend für die Wahl der Abschottung eines zu sanierenden Raumes ist die zu bewertende Expositionshöhe sowie die Expositionsdauer. Bei einer sehr hohen Exposition und damit einher gehendem hohen Gesundheitsrisikos können neben der persönlichen Schutzausrüstung auch Mehrkammer-Schleusensysteme in Verbindung mit leistungsstarken Unterdruckhaltegeräten zum Einsatz kommen.
Staubschutzwände unterteilen Räume
Soll bei einer Sanierung nicht ein gesamter Raum kontaminiert werden, wird er durch Staubschutzwände unterteilt. Somit reduzieren sich auch die zu reinigenden Oberflächen und das zu filternde Luftvolumen im Sanierungsbereich. Üblicherweise bestehen solche Abschottungen aus einer Tragkonstruktion, die mit einer Folie luftdicht abgeklebt wird.
Vor der Schimmelpilzsanierung muss unbedingt überprüft werden, inwieweit die Bestandsoberflächen asbestkontaminiert sind. Bei Gebäuden mit Baujahr vor Oktober 1993 besteht ein entsprechender Generalverdacht auf Verwendung von asbesthaltigen Materialien, insbesondere bei Putz- und Spachtelmassen, sowie Fliesenklebern. Aber auch Gefährdungen durch mineralische Stäube und Quarzstäube sind nicht zu vernachlässigen. Hierfür wären dann entsprechend der jeweiligen Technischen Regelungen für Gefahrstoffe (TRGS) zusätzliche Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen.
Während der Schimmelpilzsanierung muss man neben dem sichtbaren Befall ein besonderes Augenmerk auf den nicht sichtbaren Befall legen. Zudem sollten auch die eingesetzten Sanierungs- und Reinigungsmittel vor der Anwendung gut geprüft und bewertet werden. Dies hat durch ein Fachunternehmen oder durch erfahrende Sachverständige zu erfolgen.
Ursachen für Schimmel
Staubschutzwände und Folienabdeckungen grenzen Staubpartikel und Schimmel auf den Arbeitsbereich ein und schützen schlecht zu reinigende Oberflächen
Foto: Sachverständigengesellschaft Richardson
Doch vor Beginn einer entsprechenden Schimmelsanierung steht immer die Frage: „Was ist eigentliche Ursache für den Schimmelbefall?“ Denn ohne Feuchtigkeit und entsprechende Nahrungsquellen entsteht er nicht. Die Gründe können dabei sehr unterschiedlich sein. Vom Leistungswasserschaden, konstruktiven Wärmebrücken bis zum falschen Heiz- und Lüftungsverhalten und eine Kombination aus vielen kleinen Schäden sind denkbar. Wichtig ist aber, den Feuchteeintrag zu beseitigen. Wird dieser nicht abgestellt, ist davon auszugehen, dass auch nach erfolgter Trocknung und Wiederherstellung der Oberflächen, der Schimmel wieder kommen wird. Bei großflächigen und/oder verdeckten Schimmelschäden kann das sogar bis hin zu geruchlichen Auffälligkeiten führen. Eine entsprechende Untersuchung der sichtbaren und unsichtbaren Schimmelschäden ist somit unabdingbar.
Bei normalem Tageslicht sind Schimmelschäden oft nicht erkennbar. Durch eine Fluoreszenzbildanalyse im kurz- und mittelwelligen Bereich können Schimmelpilze jedoch detektiert werden. Der Schimmelbefall wird durch das Einsetzen von verschiedenen Licht-Wellenlängen und Filterbrillen sichtbar. Zur Dokumentation kann das Ganze mit einer Forensik-Kamera unter Verwendung von entsprechenden Filtern aufgenommen werden. Ein Schimmelpilz-Spürhund kann bei der gezielten Verortung der Proben ebenso hilfreich sein.
Letztendlich kann eine Oberflächenbeprobung der sichtbaren und nichtsichtbaren Schimmelpilze sowie eine mikrobielle Materialuntersuchung bei der Ursachenforschung zielführend sein. Denn je nach Art der nachgewiesenen Pilze und / oder Bakterien geben diese Hinweise auf die Schadensursache. Gegebenenfalls kann so auf eine Vielzahl von Bauteilöffnungen verzichtet werden.
Die eigentliche Schimmelpilzsanierung gliedert sich anschließend in folgende Stufen:
1. Entfernung von mikrobiell befallenen Materialien sowie die Dekontamination von Oberflächen (wenn die Materialentfernung nicht möglich oder unwirtschaftlich ist)
2. Bauteiltrocknung und gegebenenfalls Geruchsbeseitigung
3. Feinreinigung des Arbeitsbereiches
4. Durchführung der mikrobiologischen Nachuntersuchung als Erfolgskontrolle
Anschließend erfolgt der Neuaufbau der rückgebauten Bausubstanz beziehungsweise die Wiederherstellung der jeweiligen Oberflächen.
AutorDipl.-Ing. (FH) Florian L. Tiemann ist Technischer Berater Gebäudeschadstoffe und Feinstäube bei der deconta GmbH in Isselburg.
Die Schimmel-Kategorien
Bei der Bewertung der Schimmelpilzschäden bietet der Leitfaden des Umweltbundesamtes: „Zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ (Kurz: Schimmelleitfaden) eine entsprechende Kategorisierung:
Kategorie I (Normalzustand, geringfügiger Befall, geringes Gesundheitsrisiko): Spuren von oberflächlichem Schimmel mit Ausdehnung bis 0,2 m² oder Stockflecken mit sehr geringem Biomassenanteil.
Kategorie II (geringer bis mittlerer Befall, durchschnittliches Gesundheitsrisiko): In der Regel ein sichtbarer Schimmelbefall, der aber auch einen zusätzlichen nicht sichtbaren Befall nicht ausschließt. Das Ausmaß der sichtbar mit Schimmel befallenen Flächen beträgt in der Kategorie II < 0,5 m², tiefere Schichten sind dabei nur lokal begrenzt betroffen. Es wird somit von einem mittlerem Biomassenanteil ausgegangen. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass die Bewohner keiner besonderen Risikogruppe angehören und ein gutes bis maximal durchschnittliches Immunsystem aufweisen.
Kategorie III (großer Befall, hohes Gesundheitsrisiko): Stellt eine sichtbar befallene Fläche > 0,5 m², auch tiefere Schichten können betroffen sein. Die Nutzung der Räume muss unterbunden werden. Schimmelpilzbefall der Kategorie III birgt nach UBA ein Gesundheitsrisiko für besondere Risikogruppen und muss im Sinne des Minimierungsgebots zur Vorbeugung von Gesundheitsbeeinträchtigungen fachkundig beseitigt werden. Zu den relevanten Risikogruppen gehören Schwangere, Säuglinge und Kleinkinder, alte oder kranke Menschen sowie Allergiker und Menschen mit geschwächtem Immunsystem.
Für die Bewertung muss ein sach- und fachkundiger Experte hinzugezogen werden, denn neben dem biologischen Knowhow ist oft auch baukonstruktives sowie bauphysikalisches Wissen für eine fachgerechte Sanierung von Schimmelpilzschäden erforderlich. Zudem muss bewertet werden, ob in Abhängigkeit von den örtlichen Bedingungen zu den Schutzmaßnahmen für die Sanierung auch kurzfristige Sofortmaßnahmen durchgeführt werden müssen.