Prüfpflicht für elektrische Anlagen ernst nehmen

Die gesetzliche Pflicht zur Prüfung elektrischer Anlagen ist weitreichender als viele denken. Wer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, dem drohen Strafen, und im Schadensfall zahlt die Versicherung nicht. Die Prüfung kann durch eigene, „befähigte“ Mitarbeiter oder durch Dienstleister durchgeführt werden.

Ein Checkup bei Kaffeemaschinen, Wasserkochern oder Radios – der Sinn leuchtet manchem nicht ein. Aber auch diese Geräte zählen laut der „DGUV-Vorschrift 3“ der gesetzlichen Unfallversicherung zu den elektrischen Betriebsmitteln, die in Abständen von drei bis 24 Monaten auf  Tauglichkeit untersucht werden müssen – egal ob sie der Produktivität der Firma dienen oder nicht. Entscheidend ist, dass sie mit einem Stecker am Stromnetz hängen. Immer mehr Unternehmen verbieten inzwischen ihren Mitarbeitern, eigenes Equipment mitzubringen. Zu tun bleibt dennoch genug: an Computern, Monitoren und Verlängerungskabeln. Und nicht zuletzt – mit ungleich komplexeren Anforderungen – an Maschinen und Anlagen.

Kein Spielraum

„Die Bestimmungen sind umfassend und lassen keinen Spielraum“, so Marc-A. Eickholz, Leiter Technische Dienste der Niederberger Gruppe mit Sitz in Köln, die in Industrie- und Handelsobjekten die vorgeschriebenen Prüfungen durchführt. Viele Firmen engagieren inzwischen solche Spezialdienstleister, um auf Nummer Sicher zu gehen. Wer dagegen das Ganze – weil auf den ersten Blick skurril – nicht so genau nimmt, bewegt sich auf dünnem Eis. Mittlerweile nimmt auch die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Sünder ins Visier und verschärft die Kontrollen. In der Regel hat der Unternehmer vier bis fünf  Wochen Zeit, um eine versäumte Prüfung nachzuholen. Es kann aber auch direkt ein Bußgeld verhängt werden – bis in einen hohen vierstelligen Bereich. Kommen durch die Nachlässigkeit, etwa bei einem Stromschlag, Personen zu Schaden, wird der Unternehmer für die gesamten Kosten – von der Versorgung des Verletzten bis zu den Reha-Maßnahmen – in Regress genommen.

Versäumnis kann existenzbedrohend sein

Bricht ein Feuer aus, steht sogar die Existenz auf dem Spiel. Die Versicherung muss bei Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen und Normen – die vertraglichen Obliegenheitspflichten – nicht zahlen. „Immerhin ein Drittel der Feuerschäden im gewerblichen Bereich gehen auf elektrische Defekte zurück“, so Nico Emde, Leiter Sachversicherung der Gossler, Gobert & Wolters Gruppe, eines führenden Industrieversicherungsmaklers. Emde: „Im Rahmen unserer Beratung weisen wir auch auf dieses Risiko hin; die meisten sind sich dessen durchaus bewusst.“

Prüfung durch „befähigte“ Person

Doch Einsicht und guter Wille allein schützen nicht vor Strafe. Die Prüfungen müssen durch dafür „befähigte“ Personen durchgeführt werden. Marc-A. Eickholz: „Das ist der eigentliche Knackpunkt; es herrscht vielfach Unklarheit darüber, wer tatsächlich befähigt ist.“ Viele Betriebe halten es für ausreichend, wenn jemand mit einem Prüfgerät umzugehen weiß, also darin eingewiesen wurde, ohne selbst eine elektrofachliche Ausbildung zu haben. Ein gefährlicher Irrtum.“

In den Technischen Regeln für Betriebssicherheit sind die Anforderungen klar definiert: eine Berufsausbildung, zum Beispiel zum Elektro-, Automatisierungs- oder Telekommunikationstechniker oder eine andere für die vorgesehenen Prüfaufgaben ausreichende elektrotechnische Qualifikation.

Dazu gehören laut Berufsgenossenschaft eine nachgewiesene Zeit im Berufsleben im Umgang mit den zu prüfenden Arbeitsmitteln und die Durchführung mehrerer Prüfungen pro Jahr. „Es gibt keine starren Fristen. Die unterschiedlichen Technologien und Nutzungsumgebungen, etwa in Werkstatt, Produktion, Büros oder Sozialräumen bedingen auch unterschiedliche Prüfperioden. Planung und Umsetzung verantworten in der Regel die Beauftragten für Arbeitssicherheit“, so Marc-A. Eickholz von der Niederberger Gruppe. Dafür geradestehen muss der Unternehmer aber persönlich. Es sei denn, er hat seine Pflichten wirksam auf einen Mitarbeiter übertragen. Das Risiko halse sich aber kaum jemand auf.

Schwieriger Nachweis

Der im Fall eines Falles zu führende Nachweis, allen Anforderungen mit Sorgfalt nachgekommen zu sein, kann schwierig werden. „Der Verantwortungsumfang und das Haftungsrisiko im Unternehmen hängt von den tatsächlichen Betriebsabläufen – der gelebten Organisation des Unternehmens – ab“, so Professor Thomas Wilrich, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Experte für Arbeits­sicherheit in Münsing. Wilrich: „Dies klingt zwar nach dem typischen juristischen ‚Es kommt drauf an‘. Aber es ist die Wahrheit.“

Nach Angaben der Berufsgenossenschaft Energie ­Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM), die regelmäßig branchenübergreifend Stromunfälle untersucht, zählen Mängel in der betrieblichen Instandhaltung zu den häufigsten Ursachen. Neben einer mangelhaften Prüfung könne dies auch darauf zurückzuführen sein, dass Einrichtungen von verschiedenen Gewerken beziehungsweise Mitarbeitern genutzt werden und sich hinsichtlich der Schadenmeldungen der eine auf den anderen verlasse.

Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es im Internet ­unter www.niederberger-gruppe.de

Autor

Manfred Godek ist gelernter Journalist, freiberuflicher PR-Berater (Godek Public Relations), Autor, Mitbegründer und Gesellschafter der Deutschen Akademie für Public Relations (DAPR). Er lebt und arbeitet in Monheim am Rhein.

Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel

Werkzeuge und Maschinen (i.d.R. alle 6 - 12 Monate*)

Handbohrmaschinen, Bohrhämmer, Mischmaschinen, Winkelschleifer, Band- und Schwingschleifer, Handkreissägen, Stichsägen, Schweißgeräte, ­Lötkolben, Belüftungsgeräte, Flüssigkeitsstrahler, mobile Tischkreissägen, mobile Abrichthobelmaschinen, Späneabsauger, Verlängerungs- und Geräteanschlussleitungen, usw.

Bürotechnik (i.d.R. alle 24 Monate*)

EDV-Geräte, Schreibtischlampen, Tischrechner, Diktiergeräte, Mehrfachsteckdosen, Verlängerungs­kabel, Ladegeräte/Netzteile, mobile Kopiergeräte, Projektoren usw.

Private Geräte von Mitarbeitern (i.d.R. alle 24 Monate*)

Radios, Tischventilatoren, Ladegeräte, usw.

Büroküchen-Geräte (i.d.R. alle 12 Monate*)

Kaffeemaschine, Wasserkocher, Tauchsieder, Mikrowellen, usw.

Kantinen-Geräte (i.d.R. alle 6 Monate*)

Kaffeeautomaten, Kochplatten, Warmhaltegeräte, elektrische Handgeräte, usw.

Geräte des Gebäudeservice (i d.R. alle 12 Monate*)

Staubsauger, Bohnermaschinen, Teppichreiniger, Rasenmäher, Heckenscheren

*auf Baustellen 3 Monate. Wird bei den Prüfungen eine Fehlerquote < 2 % erreicht, kann die Prüffrist entsprechend verlängert werden

Prüfung ortsfester elektrischer Betriebsmittel

Anlagen und ortsfeste Betriebsmittel

(in der Regel  alle 4 Jahre)

Stromverteilungen in Gebäuden,

Steckdosen, fest installierte Geräte, Maschinen, usw.

Speziell Maschinenausrüstung nach VDE 0113 Teil 1/

EN 60204-1 (in der Regel jedes Jahr)

Industriemaschinen- und Anlagen, Dreh- und

Standbohrmaschinen, usw.

Speziell in Räumen besonderer Art nach VDE 0100 Gruppe 700

(in der Regel jedes Jahr)

Baustellen, Fliegende Bauten,

feuergefährdete Betriebsstätten, usw.

Quelle www.niederberger-gruppe.de

x

Thematisch passende Artikel:

Mietkauf von Baumaschinen als alternative Finanzierungsmöglichkeit

Was ist ein Mietkauf? Für viele Firmen ist die Investition in neue Maschinen eine große finanzielle Belastung. Daher entscheiden sich viele erst dann zum Kauf, wenn die alten Geräte nicht mehr...

mehr
Ausgabe 9/2024

Warum beim Unternehmensverkauf eine „W&I-Versicherung“ sinnvoll ist

Garantien spielen eine wesentliche Rolle beim Verkauf von Unternehmen oder Immobilien. Schließlich möchte der Käufer ja genau wissen, wie der Kaufgegenstand beschaffen ist. Neben der...

mehr