Altes Gerichtsgebäude im Andreas Quartier in Düsseldorf restauriert
Von der ursprünglichen blauen Farbigkeit im Entree des alten Gerichtsgebäudes in Düsseldorf war nicht mehr viel zu sehen. Bei der Restaurierung des denkmalgeschützten Gebäudes kamen mineralische Farben zum Einsatz, die mit historischen Handwerkstechniken aufgebracht wurden.
Inmitten der Düsseldorfer Altstadt ist rund um das ehemalige Amts- und Landgericht ein neues Viertel entstanden: das Andreas Quartier. Den Ausgangspunkt zu diesem Quartier bildet das neobarocke denkmalgeschützte ehemalige Gerichtsgebäude mit großem Säulenportikus am Haupteingang. Hinter dem historischen Gebäude, das Teil des Quartiers ist, gruppiert sich das neu erbaute Wohn- und Lebensquartier um zwei Innenhöfe.
Das historische Gebäude
Der mehrflügelige Gebäudekomplex gruppiert sich um fünf Lichthöfe in drei Geschossen mit Attikageschoss und Walmdach. Die Straßenfronten des Gebäudes sind mit Klinkern verblendet, um trotz des gewaltigen Bauvolumens eine Einbindung in die frühneuzeitliche Backsteinarchitektur der Altstadt zu gewährleisten. Um das neobarocke Gebäude in das Andreasquartier integrieren und nutzen zu können, bedurfte es einer Restaurierung und Sanierung.
„Denkmalpflegerisch haben wir uns auf bestimmte Kernbereiche festgelegt, die öffentlich zugänglich sind“, erklärt Denkmalpfleger Matthias Berg. „Dazu gehören die Fassaden des Gebäudes und im Inneren der Eingangsbereich mit der großen Halle, die dahinterliegende große Verteilhalle, die Flure in der ersten, zweiten und dritten Etage – soweit sie öffentlich sichtbar sind – und die vier Nebentreppenhäuser. Dementsprechend sind auch diese Bereiche restauriert worden, während in anderen Teilen des Gebäudes der Bauherr freier im Umgang mit der historischen Bausubstanz war“, führt Berg weiter aus.
Bewahrung der historischen Fassade
Die Firma Nüthen Restaurierungen begann ihre Arbeit mit Teilen der Fassaden. Die Hauptarbeit bestand generell darin, Ziegel und Natursteine auszutauschen. Für weitere Arbeiten an der Fassade nutzten die Restauratoren mineralische Farben und Lasuren der Firma Keim. Der Putz blieb an der Fassade erhalten und wurde partiell ergänzt. „Hier erfolgte der Grundanstrich und die aufliegende Lasur mit Keim Soldalit“, erinnert sich Sandra Meinholz, leitende Restauratorin vor Ort. An einem Bereich der Fassade an der Liefergasse, an dem das Gesims aus Beton gefertigt worden war, erfolgte eine Betonsanierung mit anschließendem Anstrich mit „Concretal“, auf den dann mit Naturschwämmen zwei weitere Farbtöne gestupft wurden, um den Naturstein zu imitieren.
Mit mineralischen Produkten ...
Betritt der Besucher den Innenraum des ehemaligen Gerichtsgebäudes, empfangen ihn faszinierende Freitreppen und ein großes Tonnengewölbe mit Kassettengliederung und Blattrosetten. An den Wänden leuchtet blaue Farbe, die sich am historischen Bestand der Farbfassungen orientiert. „Der Zustand vor der Restaurierung war innerhalb des Gebäudes katastrophal: Es war dunkel und verschmutzt, zum Teil waren sogar Gipsplatten und Holzverkleidungen an die Wände genagelt“, erinnert sich Bauleiter Christian Gierke. „Unter den letzten Oberflächen entdeckten wir im Foyer den historischen Bestand der Farbfassungen, anhand dessen wir in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt die Musterflächen anlegten“, berichtet Sandra Meinholz. Das Blau der geschossübergreifenden Wände des zweiten und dritten Obergeschosses wurde mit einer verdünnten Sol-Silikatfarbe lasiert. Die historischen Farbbefunde wurden mit dem NCS Farbsystem ermittelt und festgelegt.
... in alten Techniken restauriert
Im ersten, zweiten und dritten Obergeschoss rekonstruierten die Restauratoren die historische Steinimitationsmalerei mit einer Stupf-Wickeltechnik. Mit einem festen Nesseltuch wickelten sie den ersten Farbton, und anschließend wurde der zweite Farbton mit einem Naturschwamm gestupft. Das Schablonieren – eine der ältesten bekannten Maltechniken – fand in der Deckenbemalung der Treppenhäuser großflächig Anwendung. Die Restauratoren rekonstruierten die Malereien in Form und Farbe nach historischem Befund. Anhand dieser Befunde fertigten sie mehrschlägige Schablonen an, mit deren Hilfe sie die unterschiedlichen Farben aufstupften. An den Decken in einem Verbindungstrakt, in dem sich heute die Rezeption eines Hotels befindet, waren noch Restbestände der historischen Gestaltung vorhanden, die mit „Reversil“ ergänzt wurden.
Zu den weiteren Restaurierungsarbeiten im Innenbereich, die sich von Januar bis Oktober 2017 erstreckten, zählten auch die Freilegung und der Neuanstrich der Stuckdecken sowie die Kunststeinrestaurierung und -reinigung im Bereich der Treppen und der Sockel.
Sowohl Architekt als auch Investor hatten anfangs eine grauweiße Farbfassung bevorzugt. Durch die historischen Befunde und auch durch einen Fachbeitrag einer Bauzeitschrift von 1928, in der das Innenraumkonzept und die blaue Farbigkeit konkret beschrieben wurden, ließen sie sich jedoch von Denkmalpfleger Matthias Berg überzeugen.
AutorinDr. Alexandra Nyseth ist Kunsthistorikerin und Journalistin. Sie lebt und arbeitet als freie Fachautorin in Ahrensburg.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr Frankonia Eurobau AG, Nettetal,
www.frankoniaeurobau.de
Planung slapa oberholz pszczulny architekten, Düsseldorf, www.sop-architekten.de
Restaurierungsarbeiten Nüthen Restaurierungen, Erfurt, www.nuethen.de
Produktindex (Auswahl)
Reversil, Optil, Soliprim, Concretal, Soldalit,
Keimfarben, Diedorf, www.keim.com