Schloss Pretzsch: Fachwerk-Stallung zu Arztpraxis umgebaut
Auf dem Gelände des Renaissance-Schlosses Pretzsch wurde eine historische Stallung nach Hochwasserschäden aufwändig kernsaniert und für eine neue Nutzung als Arztpraxis bereit gemacht. Dabei kam eine Innendämmung mit „TecTem Insulation Board Indoor Historic“ auf Lehmputz zum Einsatz.
Das Schloss Pretzsch ist der einzige ehemalige Königssitz in ganz Sachsen-Anhalt. Er wurde zwischen 1571 und 1574 als zweiflügeliges Renaissanceschloss nach Plänen von Hans Löser errichtet. Seine barocke Parkanlage enthielt zahlreiche weitere Gebäude – darunter auch ein langgezogenes Fachwerkhaus, das einst als Marstall für die kurfürstlichen Pferde, später als Wirtschaftsgebäude des Schlosses genutzt wurde. Doch die Jahrzehnte und Jahrhunderte gingen nicht folgenlos an dem Gebäude vorbei. Unter anderem hinterließen immer wieder auch die Hochwasser der Elbe Spuren an der Substanz des Gebäudes – zuletzt im Jahr 2013. Doch genau dieses letzte Hochwasser sollte sich als Glücksfall für das leerstehende Haus entpuppen, dessen Abriss schon erwogen wurde. Denn aus staatlichen Töpfen standen nun Fördermittel zur nachhaltigen Beseitigung von Hochwasserschäden zur Verfügung: 3,5 Mio. Euro gab es für den gesamten Schlosskomplex, unter anderem für die Anlage von Drainagen. Dabei entfielen auch rund 1,75 Mio. Euro auf die Sanierung des Wirtschaftsgebäudes.
Das schwebende Haus
Nicht nur das letzte Elbehochwasser hatte der gesamten Parkanlage übel mitgespielt, vielmehr zeigte sich bei der Baugrunduntersuchung, dass sich das Gebäude – vermutlich auch als Folge historischer Unterspülungen – teilweise um 30 cm gesetzt hatte. „Der Bodengutachter fand ein altes Fundament, das infolgedessen nur noch aus losen Ziegeln bestand“, berichtet Architekt Goran Bonka. Erst in mehreren Metern Tiefe entdeckte der Gutachter einen tragfähigen Untergrund, deshalb musste eine komplette Neugründung des Fachwerkhauses erfolgen. Da das Gelände um das Gebäude im Laufe der Zeit angefüllt worden war, waren die Fachwerkschwelle und der Fuß der Fachwerkstiele im feuchten Bodenniveau verrottet. Auch die Dachkonstruktion hatte aufgrund der schadhaften Dacheindeckung massiv unter Feuchtigkeit gelitten. „Unsere große Aufgabe war, die denkmalgeschützten Teile zu erhalten und gleichzeitig das Gebäude von unten neu aufzubauen“, erläutert Goran Bonka die Herausforderung. Die Lösung: Eine externe Tragkonstruktion aus Holz wurde auf dem vorhandenen Gebäude aufgebaut und rund um das Gebäude auf temporäre Fundamente gestellt. So ließen sich das gesamte Mauerwerk und die Gefache zurückbauen, ohne die Gefahr, dass das schadhafte Fachwerk in sich zusammenstürzte. Übrig blieb ein Fachwerkgerippe, dem umlaufend die Fachwerkschwelle fehlte. „Das ganze Gebäude hat eine Zeit lang geschwebt“, so Bonka.
Neuanfang bei fast Null
Komplett mit einer Plane abgedeckt, erhielt das Gebäude dann ein neues Fundament, bestehend aus insgesamt 120 Bohrpfählen, teilweise in bis zu 12 m Tiefe. Darauf führte man eine Bodenplatte aus Stahlbeton als lastverteilende Platte aus, auf der dann der Neuaufbau beginnen konnte. Als erstes wurde ein Sockelmauerwerk von 30 cm Höhe erstellt, dann eine Schwelle aus robustem Eichenholz. „Auf dieser Basis konnten wir dann das Fachwerk und die Gefache wieder aufbauen“, erzählt Architekt Bonka. „Dafür haben wir uns von einem Vermessungsingenieur ein präzises Aufmaß erstellen lassen, so dass das Gebäude exakt dem historischen Vorbild entspricht.“
Natürlich war der originalgetreue Aufbau unter den Aspekten des Denkmalschutzes aber nur eine Seite der Medaille. Gleichzeitig galt es, ein Haus herzustellen, das allen Anforderungen des Lebens und Arbeitens im 21. Jahrhundert gerecht wird. Zum Beispiel in puncto Energieeffizienz und Raumklima. Aus Gründen des Denkmalschutzes musste die Fassade fachwerksichtig bleiben, damit war eine Innendämmung die beste Lösung.
Spezielle Innendämmung für Fachwerk
Nach Abwägung verschiedener Materialien und Lösungen fiel die Wahl auf „TecTem“, das Raumklimasystem von Knauf Aquapanel. Mit dem „Insulation Board Indoor Historic“ und verschiedenen lehmbasierten Komponenten ist es auch in einer speziell auf Fachwerkgebäude ausgerichteten Variante erhältlich. Auch die speziell für die Sanierung von Fachwerkgebäuden konzipierten Komponenten weisen einen Mehrwert auf: So nimmt der Grundputz dank ausreichender Plastizität Bewegungen und Verformungen aus dem Untergrund auf, während der Lehm-Klebespachtel gemeinsam mit dem Grundputz den Feuchtetransport nach innen unterstützt.
Wandaufbau mit Schilfrohrmatten
Beim Wandaufbau galt es, einige Vorgaben zu beachten, unter anderem den Wunsch nach ökologisch möglichst unbedenklichen Materialien, die in Verbindung mit der Fachwerkkonstruktion dennoch eine optimale raumklimatische Wirkung haben. So wurden die Wände vollflächig, die einzelnen Ausfachungen übergreifend mit Schilfrohrmatten verkleidet. Anschließend verputzten die Handwerker diese mit dem „TecTem Grundputz Lehm“, um eine homogene Oberfläche zu erhalten. Nach diesem Arbeitsgang konnte dann das „Insulation Board Indoor Historic“ in einer Dicke von 60 mm mit dem systemeigenen „Klebespachtel Lehm“ vollflächig verklebt werden. Für das passgenaue Arbeiten sorgte das einfache Handling der Platten, die einfach per Cutter oder Fuchsschwanz zugeschnitten werden. Etwaige Überstände der regulären Dämmplatten oder der Laibungsplatten für die Fenster und Türöffnungen lassen sich einfach mit dem Schleifbrett abtragen.
Neue Nutzung, neue Belebung
Von außen denkmalgerecht aufgearbeitet und genau in das Umfeld der Schlossanlage und des barocken Parks passend, bietet das Gebäude im Inneren moderne Praxisräume und ein gesundes, natürlich reguliertes Wohlfühlklima. „Wir freuen uns, dass mit der neuen Praxis noch mehr Leben auf Schloss Pretzsch einzieht.Unser Park und das Café bieten sich ja für Synergieeffekte an“, sagt Jens Reimann von der Salus gGmbH.
AutorinM.Sc. Filiz Bekmezci ist Bauingenieurin und arbeitet als Produktmanagerin Dämmsysteme bei der Firma Knauf Aquapanel in Dortmund.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr Salus, Magdeburg, www.salus-lsa.de
Planung Goran Bonka Architekten, Quedlinburg, www.goranbonka-architekt.de
Ausführung neuwerk, Geschäftsbereich der Salus Altmark Holding, Magdeburg,
Produktindex (Auswahl)
Verwendete TecTem Systemkomponenten Grundputz Lehm, Klebespachtel Lehm, Insulation Board Indoor Historic 60 mm, Laibungsplatte, Grundierung, Innenputz, Gewebe, Knauf Aquapanel, Dortmund, www.knauf-aquapanel.com