Umbau eines Stadels in Neumarkt zum Hotel Almrefugio
Bei der Sanierung eines alten Stadels in Neumarkt mit Umbau zu einem Vier-Sterne-Hotel nach Plänen des Architekturbüros Berschneider + Berschneider konnte nicht nur die Graue Energie des vorhandenen Gebäudes genutzt, sondern auch die Seele des historischen Gemäuers freigelegt und erhalten werden.
Zwischen Nürnberg und Regensburg liegt Neumarkt in der Oberpfalz. Am Rande der 40 000 Einwohner-Gemeinde lädt seit 2015 das Almrefugio mit überschaubaren sieben Zimmern und einem barrierefreien Appartement zum Übernachten ein. Die Bauherren, das Ehepaar Claudia und Georg Lukas, die hier bereits seit vielen Jahren sehr erfolgreich ein Wirtshaus betreiben, hatte sich „überreden“ lassen, statt eines Neubaus den ehemaligen Kuhstall nicht abzureißen, sondern diesen sanieren und zu einem kleinen, hochwertigen Vier-Sterne-Hotel umbauen zu lassen. Das Architekturbüro Berschneider + Berschneider hat hier mit sehr viel Gespür für den historischen Charakter des Gebäudes einerseits und den modernen Wünschen an Komfort und Entspannung andererseits einen sehr besonderen Ort mit hohem Wohlfühl- und Erholungsfaktor geschaffen.
Von der Vergangenheit in die Zukunft
Der bis zu seiner Wiederentdeckung fast schon verwahrloste Bestandsbau wies eine erstaunlich hohe Qualität auf und bot ein hohes sowohl bauliches als auch gestalterisches Potential. Nachdem der Bauherr in Eigenleistung zunächst das Gebäude von jeglichem Unrat befreit und dann auch das Bruchsteinmauerwerk freigelegt hatte, war ein erster und entscheidender Schritt getan. Die Perle ließ sich erahnen und bestärkte den Bauherren darin, dass die Sanierung die richtige Entscheidung war. Das Bruchsteinmauerwerk im Erdgeschoss war nicht nur sehr gut erhalten, sondern bestand auch tatsächlich zu 90 Prozent aus Bruchstein, verbarg also keinen starken Materialmix oder gar Flickwerk. Hier mussten lediglich die Fugen mit Kalkmörtel verfestigt werden. Von außen wurde die Bruchsteinwand im Erdgeschoss verputzt und gestrichen. „Als dann auch noch klar war, dass sowohl die Balken des Daches als auch die der Zwischendecke sichtbar bleiben konnten und unverkleidet allein über Abbrand dem Brandschutz gerecht werden würden, sprang die Euphorie gänzlich auf alle am Bau Beteiligten über“, erinnert sich Architekt Johannes Berschneider, Mitgründer des Architekturbüros Berschneider + Berschneider. Die Balken wurden lediglich mit einem Softstrahlverfahren gereinigt, so dass die natürliche Maserung wieder zum Vorschein kam, aber ansonsten unbehandelt blieb.
Erhalten und Ertüchtigen
Im Erdgeschoss des ehemaligen Stalls befindet sich heute die Rezeption mit Loungebereich sowie, über einen eigenen Eingang erreichbar, das barrierefreie Appartement mit 54 m2. Über eine einläufige Holztreppe wird das Obergeschoss mit sieben Gästezimmern erschlossen. In dreien dieser Zimmer ist der Schlafbereich auf einer zweiten kleinen Ebene im Spitzboden untergebracht. Während das Erdgeschoss von der starken Strahlkraft des alten Bruchsteinmauerwerks geprägt ist, bestimmt im Obergeschoss das Gebälk des alten Dachstuhls die Atmosphäre. „Die alte sichtbare Dachkonstruktion ist ein optisches Highlight und sorgt für eine ganz besondere Atmosphäre, konnte aber in der Form nicht mehr den heutigen Anforderungen an Wärmedämmung, Schall- und Brandschutz gerecht werden“, erläutert hierzu Johannes Berschneider. „Es wurde daher der alte Dachstuhl aufgedoppelt und mit einer Aufsparrendämmung versehen.“ Die 26 cm dicke Dämmung aus Steinwolle und Holzfaserdämmplatten sorgen für energetisch gute Werte und schützen gegen sommerliche Überhitzung. Die alte Dachkonstruktion ist außenseitig mit einer geölten (Leinöl) Dreischichtplatte aus Fichte beplankt und bildet so den Raumabschluss hinter den alten Balken.
Wohngesundheit und Ökologie spielten beim Umbau des Stalls zum Hotel eine große Rolle. So war das Gebäude zunächst auf Ammoniak, Ammonium und andere Schadstoffe geprüft worden. Nicht nur die alte Dachkonstruktion, sondern auch viele weitere Holzteile blieben unbehandelt oder wurden geölt, Kalkputze und Anstriche wurden bewusst für ein gesundes Raumklima und an vielen Stellen ökologische Baustoffe gewählt.
Auch die Fassade im Obergeschoss musste energetisch ertüchtigt werden. Hierfür wurde das Balkenwerk durch eine vorgehängte Holz-Ständer-Fassade mit 24 cm Steinwolledämmung und einer hinterlüfteten Holzverschalung aus Fichtenholz (behandelt mit Vergrauungslasur) verstärkt. Sie bildet nun zusammen mit dem Dach eine optimale Wärmehülle für das Gebäude.
Obwohl man versuchte, den Bestand in seiner ursprünglichen Form an möglichst vielen Stellen zu erhalten, musste er trotzdem an seine neuen Anforderungen angepasst werden. So wurde auch die vorhandene Holzdecke über dem Erdgeschoss durch eine neue Holz-Stahl-Konstruktion verstärkt, um hier die zusätzlichen Lasten der Obergeschosswände abzufangen. Die vorhandene Holzbalkendecke war zwar noch relativ gut erhalten, hätte aber die Lasten durch die neue Nutzung so nicht abfangen können. Daher wurde hier eine Art Rost aus Holzbalken und Stahlträgern über die Bestandsdecke gelegt. Zwischen Rost und Holzbalkendecke sorgt eine Schicht Lehmschlag für eine gute Schalldämmung. Für die Teilbereiche der Decke, die ertüchtigt werden mussten, verwendeten die Handwerker soweit möglich den alten Lehmschlag und ein Gemisch aus Kalk-Splitt. „Über der alten Holzbalkendecke war eine Füllung mit Lehmschlag aufgebracht. Diese haben wir, wo möglich, im Urzustand belassen, da sie für einen guten Schallschutz sorgt“, erklärt hierzu Christian Rein, Leiter des Projektes im Büro Berschneider + Berschneider. „Teilbereiche, die abgetragen werden mussten, um verfaulte Holzdielenbretter zu ertüchtigen, wurden später wieder aufgefüllt. Darüber wurde dann der neue Deckenrost eingezogen.“ Durch die neue Decke wurde zudem die notwendige ebene Fläche im Obergeschoss geschaffen. Darüber hinaus bot sie Raum für die Verlegung von Kabeln und Leitungen.
Holz und andere Stimmungsmacher
Holz spielte eine große Rolle bei der Sanierung des alten Gebäudes. Bereits im Empfangsbereich verlegten die Handwerker einen Bodenbelag aus alten Bahnschwellen. Die aus den Schwellen geschnittenen Dielen wurden vor der Verlegung lediglich gesäubert und geseift. Zur Robustheit der Bahnschwellen und des freigelegten Bruchsteinmauerwerks passt auch das neue Thekenelement der Rezeption. Dieses besteht aus zwei Elementen eines Baumstammes, die mit geschmiedeten Klammern gefasst wurden. Die Seitenverkleidung der Theke besteht aus gewachstem Stahl. Die Robustheit ist natürlich auch in der Funktion des Raums als Empfangs- und Loungebereich begründet, der gegebenenfalls auch von Winterwanderern mit Spikes an den Schuhen genutzt wird. Daher wurde auch der Eingangsbereich mit einer widerstandsfähigen Sumpfkalkschicht überzogen. Dieser diffusionsoffene, mineralische Kalk-Zement-Spachtelboden, der aus einer zementären Schicht, einer Schicht Sumpfkalk und einer farblosen Beschichtung besteht, wurde in reiner Handarbeit aufgetragen. Der Spachtelboden verbindet die notwendige Strapazierfähigkeit mit dem Wunsch der Architekten nach einer dem Ambiente angepassten Oberflächenstruktur.
So wurden, wie alle verputzten Innenwände, auch die Wände des Treppenhauses mit einem Kalkputz versehen, dessen Oberfläche an dieser Stelle allerdings nicht glatt sein sollte. Beim Auftragen strukturierten die Handwerker ihn daher mit einer Stachelwalze, so dass hier beispielsweise Kratzer, die beim Herauftragen der Koffer leicht entstehen können, nicht auffallen. Abschließend wurde die Wand hydrophobiert.
Die neue Raumaufteilung stellten die Handwerker im Obergeschoss in Trockenbauweise her. Die neuen Trockenbauwände wurden anschließend mit einem Kalkputz verspachtelt und ebenfalls hydrophobiert. Die Böden der im Obergeschoss so entstandenen Hotelzimmer erhielten – wie der Empfangsbereich – einen Holzbelag. Allerdings handelt es sich hier um massives, geöltes Eichenparkett. Der Boden des Erschließungsflures ist im Obergeschoss aus akustischen Gründen jedoch mit einem Teppich aus Maisfasern belegt.
Präzise ausgeführte Details
„Eine der größten Herausforderungen für uns war die Möblierung in den Zimmern, die alle individuell und durch die Dachschrägen und das alte Sprengwerk vom Platz und den Stellmöglichkeiten eingeschränkt sind“, so der Architekt. „Wir haben als Büro auch die Innenarchitektur übernommen und mit der Tischlerei Streb eine sehr gute Firma aus der Region beauftragen können, die hier einen Großteil der Holzarbeiten übernommen hat.“ Mit sehr viel Sorgfalt und Liebe zum Detail stellte diese nach den Plänen der Architekten Schränke, Betteinfassungen mit Kopfteilen, die Küchenzeile des Appartements, kleine Schreibtische, Ablagebänke, Einfassungen für Spiegel oder Spiegelschränke, Türlaibungen sowie die Fenster her. Auch hier wurde die Historie berücksichtigt und Fenster mit historischen Wetterschenkeln aus Holz verbaut. Die Stiegen zu den Schlafstätten stellte die Tischlerei Uwe Kreuzer hingegen in traditioneller Manier durch Aufschieben der Stufen auf die Holme und mit Holznägeln zur Fixierung her. Das Geländer jedoch ist sehr modern aus filigranen, gewachsten Stahlstreben mit einem dezenten Handlauf aus massivem Eichenholz mit quadratischem Querschnitt.
„Wir haben von Anfang an wirklich jeden Nagel und jeden schmiedeeisernen Griff zur Seite gelegt, um zu gucken, wie wir das Alte wiederverwenden können“, so Johannes Berschneider. Heute ziert nicht nur der alte Heukran den Treppenraum und ein Foto der einst hier untergebrachten Kühe die Flurdecke im Obergeschoss, sogar die alten Futterrinnen wurden geschickt in die neue Architektur eingebunden.
AutorinDipl.-Ing. Nina Greve studierte Architektur in Braunschweig und Kassel. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Lübeck (www.abteilung12.de) und ist unter anderem für die Zeitschriften DBZ, bauhandwerk und dach+holzbau tätig.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherren Claudia und Georg Lukas, Neumarkt
Architektur und Innenarchitektur Berschneider+Berschneider, Pilsach,
www.berschneider.com
Statik Ingenieurbüro Braun Haas Lerzer,
Neumarkt, www.bhp-statik.de
Rohbauarbeiten Küfner Hoch- und Tiefbau,
Neumarkt, www.kuefnerbau.de
Zimmererabeiten Zimmerei Blomenhofer, Litzlohe, www.zimmerei-blomenhofer.de
Tischlerarbeiten Schreinerei Karl Streb, Berching
Holzbau Uwe Kreuzer, Neumarkt,
www.kreuzer-holzbau.de
Trockenbauarbeiten Denis Innenausbau,
Neumarkt, www.denis-innenausbau.de
Malerarbeiten Farbe & Design Ludwig Distler, Berngau, www.farbe-design-distler.de
Spachtelbodenarbeiten Firma Holnberger,
Kerschhofen, www.3h-netzwerk.de
Herstellerindex (Auswahl)
Wärmedämmung Saint-Gobain Isover,
Ludwigshafen, www.isover.de
Deutsche Rockwool, Gladbeck, www.rockwool.de
Trockenbauprofile und -platten Saint-Gobain
Rigips, Düsseldorf, www.rigips.de
Dachfenster Velux Deutschland, Hamburg,
www.velux.de