Höhenrekord für Gebäude mit WDVS

Das mit 66 m derzeit höchste Gebäude mit einem Wärmedämmverbundsystem steht in Frankfurt.Doch nicht nur deshalb war der Westside Tower ein ausgesprochen komplexes Projekt. Die Firma Caparol lieferte nicht nur die Systeme, sondern auch eine Vielzahl neuer technischer Lösungen.

Das westlich der City gelegene „Europaviertel“ von Frankfurt am Main, das noch bis 1998 als Hauptgüterbahnhof diente, soll bis 2019 vollständig bebaut sein und dann 13 000 Bewohnern Platz bieten. Schon jetzt ist eines der markantesten Gebäude bezogen: Der Westside Tower. Das 66 m hohe Wohngebäude markiert den westlichen Eckpunkt des Quartiers und umfasst 244 Mietwohnungen. Die 1- bis 4-Zimmerwohnungen zwischen 35 und 150 m2 verfügen sämtlich über Balkon, Loggia oder Terrasse. Im Erdgeschoss findet eine sechsgruppige Kindertagesstätte ihren Platz, eine hotelähnliche Lobby und eine Tiefgarage auf zwei Ebenen mit Fahrradstellplätzen runden das Investorenprojekt ab.

Baukörper mit Faltung

Der Baukörper besteht strukturell aus zwei Volumen: aus dem zwanziggeschossigen Hochhaus sowie einem kleineren, vorgelagerten Bau mit sieben Geschossen und Dachterrassen. Geschossweise umlaufende Bänder, hell abgesetzt, betonen die Horizontale und gliedern die aufstrebende Baumasse. Rücksprünge durch Loggien, auskragende Balkone sowie bodentiefe Fensteröffnungen rhythmisieren die Fassaden intensiv. Damit nicht genug: Der Baukörper steht nicht als monolithischer Block da, sondern als ein prismatisches Objekt. Eine vertikale, über alle Etagen laufende Faltung bringt eine raffinierte Dynamik ins Spiel, macht schlank und unterstreicht die städtebauliche Position des Gebäudes. Die Verschwenkung sorgt überdies auch noch für bessere Ausblicke aus allen Wohnungen – ein interessanter Nebeneffekt.

Wärmedämmverbundsysteme bis 66 m Höhe

Nicht sichtbar hingegen ist, was sich unter der Putz-oberfläche der Fassade verbirgt: Ein mineralisches, nicht brennbares WDVS. Damit wird der Westside Tower zum aktuell höchsten deutschen Gebäude, das ein energetisch hochwirksames Wärmedämmverbundsystem trägt. Auf rund 8000 m2 summieren sich die Dämmarbeiten an den Fassaden. Dabei kamen gleich drei Caparol-Dämmsysteme mit Dämmdicken zwischen 120 und 200 mm sowie unterschiedlichen Aufbauten zum Einsatz. Den größten Part übernimmt das Caparol WDV-System „Pro Extra“, zwischen den Fenstern und unter den Brüstungsbereichen brachten die Handwerker wegen der niedrigen Hellbezugswerte der Deckbeschichtung das speziell für intensive und dunkle Farbtöne entwickelte System „Carbon Extra“ auf.

Basalt-Sockel und umlaufende Profile

Auch hinter der dunklen Steinoberfläche des Erdgeschosses verbirgt sich ein spezielles WDVS von Caparol. Die 500 m2 große Sockelfläche basiert auf dem „Lithoboard“-System mit der besonders abrissfesten und verdübelten Mineralwolle-Lamelle „VB 101“, einer Gewebearmierung mit Dübelung und der Naturstein-Verkleidung aus echtem italienischen Basalt. „Ursprünglich befanden sich noch ein Muschelkalk sowie ein Sandstein in der engeren Auswahl“, erklärt Jörn Gehrig, Bauingenieur und Technischer Leiter bei Caparol für das Gebiet Mitte. „Aufgrund seiner ausdrucksstarken Farbigkeit sagte der Basalt dem Investor jedoch am meisten zu“. Speziell nach individueller Stückliste in zehn verschiedenen Formaten gefertigt, wurden die 10 mm dicken Basalt-Platten auf dem Caparol-WDVS verklebt. Neben den Dämmsystemen samt Deckputzen und Beschichtung lieferte Caparol auch knapp 4000 m Fassadenprofile aus der „Capapor“-Familie. Sie bilden den oberen und unteren Abschluss der hellen, horizontalen Fassadenbänder, treten als filigrane Linien auf und verwandeln sich im Bereich der Balkone und Loggien in tiefe Gesimse. Traditionelle würden hier Verblechungen für den Wetterschutz sorgen. Diese hätten jedoch das konsistente optische Bild unterbrochen. Die vor Ort dunkel beschichteten, leichten Profile bieten eine Wasserführung: oben per Gefälle und unten per Tropfkante.

Geballtes Caparol-Knowhow

Durch die Komplexität des Baukörpers mit seinen Faltungen, den auskragenden Balkonen und Rücksprüngen in den Loggien gestaltete sich die Planung und Umsetzung des WDVS als ausgesprochen anspruchsvoll. „Wir hatten es mit kniffligen Anschlüssen zu tun, die sich teils auch erst während des Bauablaufes entwickelten“, so Philipp Burger, der für Caparol während der Ausführung vor Ort der erste Ansprechpartner für alle Fragen war.

„Eine weitere Herausforderung war es, langlebige technische Lösungen für komplexe Anschlüsse zu finden, die auch den gestalterischen Vorgaben der Planer entsprachen“, so Jörn Gehrig. „Wir haben letztlich die gesamten Details in Zusammenarbeit mit den Planern, dem Generalunternehmer sowie dem Verarbeiter entwickelt sowie zeichnerisch umgesetzt. Mit Standard-Details ließ sich hier nichts lösen, alles musste objektbezogen erarbeitet und konzipiert werden, darunter die Abdichtung der ,Capapor‘-Profile, die Anschlussdetails des Natursteins sowie die Übergänge all dieser Baustoffe zueinander“. Dabei waren auch ganz neue Entwicklungen gefragt – etwa für ein waagerecht montierbares Fugenprofil, das vertikale Bewegungen von bis zu 20 mm aufnimmt und optisch nur minimal erkennbar ist. „Das gab es bisher noch nicht am Markt. Also entwickelten und produzierten wir es extra für das Objekt“, berichtet Gehrig.

Autor
Dipl.-Ing. Architektur (FH) Armin Scharf arbeitet als freier Fachjournalist, Texter und Fachbuchautor in Tübingen. Zu seinen Themenschwerpunkten gehören Industrialdesign, Bautechnik und Farbdesign.
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