Verjährung vermeiden - Forderungen aus 2016 verfallen zum Jahresende

Die regelmäßige Verjährung beträgt drei Jahre und beginnt typischerweise mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, also mit Ablauf des 31.12. Sie endet drei Jahre später um 24.00 Uhr des 31.12. Daher sollte man sich jetzt schleunigst um Forderungen kümmern, die im Jahre 2016 fällig wurden.

So sicher, wie der Dezember der letzte Monat im Jahreskalender ist, so sicher geht es am Ende eines jeden Jahres um die regelmäßige Verjährungsfrist. Betroffen von der regelmäßigen Verjährung sind in diesem Jahr insbesondere Forderungen, die im Jahre 2016 fällig wurden. Diesen droht am 31.12.2019 die Verjährung. Um einer drohenden Verjährung entgegenzuwirken, sollte man sich jetzt also schleunigst um diese Forderungen kümmern.

Genaue Prüfung der Rechnungen auf Verjährung

In fast jedem Unternehmen rutscht einmal eine Rechnung durch oder wird vergessen. Letzteres ist nicht selten das „Schicksal“ von Rechnungen, die über einen langen Zeitraum nicht realisiert werden konnten. Aber genau diese Rechnungen mit Fälligkeit in 2016 sollten jetzt genauer betrachtet werden.

Rechnungsdatum nicht zwingend Ausgangspunkt für Fristberechnung!

Zunächst gilt es zu beachten: Der Zeitpunkt, zu dem die Forderung fällig geworden ist – oft zeitnah zur erbrachten Lieferung oder Leistung –, ist für den Verjährungsbeginn entscheidend und nicht der Zeitpunkt oder das Datum der Rechnungsstellung. Fälligkeit kann unter Umständen aber auch unabhängig von einer Rechnung eingetreten sein. Hätte also eine Rechnung für eine abrechnungsfähige Lieferung oder Leistung bereits in 2016 erstellt werden können, so ist es in Bezug auf die Verjährung nicht hilfreich, mit der Berechnung bis 2017 zu warten – im Regelfall wird die Verjährung nämlich gleichwohl bereits Ende 2019 eintreten. Eine Prüfung der eigenen Verfahrensweise bei der Rechnungsstellung ist hier angesagt.

Auch kürzere Verjährungsfristen möglich

Es gibt auch einige kürzere Verjährungsfristen als die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Beispiel hierfür ist unter anderem die Verjährung von Ansprüchen auf Schadensersatz des Vermieters aus einem Mietverhältnis, für die die Frist höchstens sechs Monate beträgt, berechnet ab dem Tag der Mietobjektrückgabe. Als ein weiteres Beispiel seien hier die Ansprüche aus Transportleistungen genannt, für die nach dem Handelsgesetzbuch regelmäßig eine einjährige Frist gilt, meist gerechnet von der Ablieferung des Gutes.

Mit einfacher Mahnung Neubeginn der Verjährung bewirken?

Wenn ein Anerkenntnis des Schuldners vorliegt oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird, dann beginnt nach § 212 BGB die Verjährung erneut. Ein Anerkenntnis kann auch in einer Zins- oder Abschlagszahlung zu sehen sein. Die neue Verjährungsfrist beginnt jedoch mit dem Tag des Anerkenntnisses und nicht, wie sonst bei der regelmäßigen Verjährungsfrist üblich, erst mit Ende des Jahres (§ 199 BGB). Das gilt auch für besagte gerichtliche oder behördliche Vollstreckungsmaßnahme. Mit dem Verschicken einer einfachen Mahnung ist hingegen definitiv kein Neubeginn der Verjährung zu bewirken.

Bedeutet Teilzahlung automatisch Neubeginn der Verjährung?

Die Teilzahlung einer offenen Forderung lässt nicht zwingend die Schlussfolgerung zu, dass der Schuldner auch die Gesamtforderung anerkennt – das ist oft eine Auslegungsfrage.  Dieses Anerkenntnis ist aber erforderlich, damit die Verjährung neu beginnt. Deshalb sollte man sich ein Anerkenntnis der Gesamtschuld vom Schuldner schriftlich bestätigen lassen. Liegt ein solches Schriftstück nicht vor, herrscht Unklarheit. Unter Umständen gibt der Verwendungszweck bei der Überweisung der Teilzahlung etwas Aufschluss („Teilzahlung“ oder „einmalige Zahlung“). Wird die Restforderung aber vom Schuldner bestritten, beginnt für diese die Verjährung nicht neu! Um bösen Überraschungen vorzubeugen, sollte man bei Teilzahlungen also lieber erst einmal davon ausgehen, dass die Restforderung bestritten ist, und um Klarstellung bitten, um sich hoffentlich dann doch eines Besseren belehren zu lassen. Notfalls muss man als Gläubiger rechtzeitig verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen.

Hemmung der Verjährung

Verjährungsfristen können durch eine „Hemmung“ zum Stillstand kommen, das heißt, dass sie für einen gewissen Zeitraum, den der Hemmung, nicht weiterlaufen. Dafür bedarf es aber eines Grundes. Generell gilt: Fällt dieser Grund weg, läuft auch (manchmal mit einer gewissen zusätzlichen Verzögerung) die Frist weiter. Die Dauer der Hemmung wird also der Verjährungsfrist hinzugerechnet. Bei der so genannten „Ablaufhemmung“ kann die Verjährungsfrist hingegen nicht ablaufen, bis nach einem Ereignis (zum Beispiel der Annahme einer Erbschaft) eine gewisse Zeit verstrichen ist.

Verjährung durch Verhandlung mit Schuldner gehemmt?

Werden zwischen Schuldner und Gläubiger Verhandlungen bezüglich der Forderung und/oder den ihr zu Grunde liegenden Umständen geführt, ist die Verjährung gehemmt. Nach § 203 Satz 1 BGB ist die Verjährung so lange gehemmt, bis ein Vertragspartner die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Allerdings tritt die Verjährung dann frühestens drei Monate nach Wegfall des Hemmungsgrundes, also nach Beendigung der Verhandlung, ein. Kommt es beispielsweise zwei Wochen vor der Verjährung einer Forderung zu Verhandlungen (Hemmung der Verjährung) zwischen Gläubiger und Schuldner, deren Fortsetzung der Gläubiger nach kurzer Zeit jedoch verweigert (Wegfall des Hemmungsgrundes), so endet die Verjährung hier nicht zwei Wochen später (Rest der Verjährungsfrist vor der Hemmung), sondern erst nach drei Monaten. Die Beweislast für die Verjährung liegt in der Regel beim Schuldner. Der Gläubiger hingegen ist für das Vorliegen einer Hemmung beweispflichtig, denn er ist durch die Hemmung als Ausnahmetatbestand begünstigt.

Verjährung droht, was tun?

Eine Möglichkeit, eine drohende Verjährung abzuwenden, ist, sich vom Schuldner ein aktuell datiertes schriftliches Forderungsanerkenntnis inklusive Auflistung der anerkannten Forderungen einzuholen. Damit beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen. Ebenso kann man mit dem Schuldner auch eine schriftliche Vereinbarung treffen, dass die Verjährungsfrist verlängert wird oder aber von ihm eine Erklärung (ebenfalls schriftlich!) einholen, dass dieser (gegebenenfalls für eine bestimmte Zeitspanne) auf die „Einrede der Verjährung“ verzichtet. Die genannten Vorgehensweisen ersparen im günstigsten Fall gerichtliche Verfahren, die häufig nur dazu angestrebt werden, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern.

Um zu vermeiden, dass der Schuldner (im schlimmsten Fall zu Recht) die „Einrede der Verjährung erhebt“, also erklärt, er zahle nicht, da die Forderung verjährt sei, ist zur Hemmung sonst grundsätzlich die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens geeignet. Der Antrag auf Erlass eines gerichtlichen Mahnbescheides sollte bei Gericht spätestens am letzten Tag der Verjährungsfrist im Original und ohne formelle Mängel eingereicht sein.

Auch Ansprüche aus rechtskräftigen Urteilen und Vollstreckungsbescheiden können verjähren. Hier beträgt die Verjährungsfrist jedoch 30 Jahre (§ 197 BGB). Sie beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung.

Rechtsanwälte oder Inkassounternehmen für Nichtbeachtung von Verjährungsfristen haftbar?

Es gehört zu den grundlegenden Pflichten jedes Rechtsdienstleisters, die Verjährung von Forderungen, die ihnen zur Durchsetzung übergeben wurden, zu prüfen, im Auge zu behalten, darüber zu beraten und gegebenenfalls verjährungshindernde Maßnahmen zu ergreifen oder zu empfehlen. Eine Haftung tritt aber nur ein, wenn eine Pflichtverletzung vorliegt, die der jeweilige Rechtsdienstleister zu verantworten hat.

Ein Gewinn – der Ordnungssinn

Ob Ordnung sprichwörtlich das halbe Leben ist oder ob man sich lieber in der anderen Hälfte aufhält, ist sicher individuell verschieden. Auf jeden Fall ist Ordnung aber eine ungemein gute und notwendige Grundlage für die Dokumentation von Geschäftsvorgängen, macht eine stets aktuelle Buchhaltung erst möglich und ist neben Konsequenz und Respekt eine wichtige Hilfe im Bereich Forderungsmanagement. Eine Forderung, die dann noch mit „Verjährung zu drohen versucht“, wird man lange suchen müssen, beziehungsweise eben nicht.

Autor

Bernd Drumann ist Gründer und Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH, die ihren Kunden Beratung und juristische Unterstützung im Bereich des Forderungseinzugs bietet.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 7-8/2009

Risikobegrenzung  Nicht jeder Kunde zahlt seine Rechnung innerhalb der gesetzten Frist

Martin Fink führt die Zimmerer-Tradition seiner Familie bereits in der vierten Generation fort. Nachdem er 1990 den Meisterbrief in der Tasche hatte, sammelte er zunächst Erfahrungen in...

mehr
Ausgabe 11/2015

Am Jahresende droht Verjährung

Der einzige Weg, eine Verjährung offener Forderungen aus dem Jahr 2012 zu verhindern, führt über das gerichtliche Mahnverfahren. Wer seine Ansprüche nicht auf diese Weise bis zum Jahresende...

mehr

Was Handwerker tun können, um an ihr Geld zu kommen

Die meisten Handwerksbetriebe können sich aktuell über volle Auftragsbücher freuen. Doch es kommt vor, dass Kunden Rechnungen zu spät oder überhaupt nicht bezahlen. Das ist nicht nur ärgerlich,...

mehr

Fälligkeit des Werklohnanspruchs

Nach § 16 VOB/B wird die Werklohnforderung grundsätzlich nur unter der Voraussetzung fällig, dass dem Auftraggeber eine prüfbare Schlussrechnung vorgelegt worden ist. Wenn die Schlussrechnung...

mehr
Ausgabe 11/2008

Bindung an die Schlussrechnung

Wenn für einen Werkvertrag die Anwendung der VOB vereinbart wurde, stellt der Auftragnehmer nach Abschluss der Arbeiten dem Auftraggeber eine Schlussrechnung. Nimmt der Auftraggeber dann die Zahlung...

mehr