Wer schließt das Gewerkeloch?
Die dauerhafte Funktion von Holzkonstruktionen wird von der Dichtheit des Fensteranschlusses maßgeblich beeinflusst. Feuchteeintritt muss unbedingt verhindert werden. Schwachstellen wie das „Gewerkeloch“ werden in den gängigen Richtlinien bisher nicht ausreichend behandelt oder als Problem erkannt.
Gerade über Schwachstellen wie das „Gewerkeloch“ können erhebliche Wassermengen in die Holzkonstruktion eindringen. Durch Ausführung einer zweiten wasserführenden Dichtebene unterhalb der Fensterbank lassen sich Schäden sicher vermeiden. Dabei kommt es auf eine präzise Ausführung aller Detailanschlüsse an.
Richtlinien zum Fenstereinbau und den Anschlüssen
Generell gilt für den Fensteranschluss, dass ein Eindringen von Wasser in die Konstruktion verhindert beziehungsweise eingedrungenes Wasser kontrolliert wieder nach außen abgeführt werden muss. Dies kann nicht allein durch das Fenster gewährleistet werden; sämtliche Anschlüsse (Fensterbank, Bordprofile, Rollladenführungsschienen, WDV-Systeme) müssen diese Anforderung ebenfalls erfüllen.
Vorgaben der Richtlinien
Für die fachgerechte und schlagregendichte Ausbildung der Anschlüsse am Fenster enthalten die Richtlinien und Veröffentlichungen folgende wichtige Vorgaben:
Die Fensterbankaufkantung muss schlagregensicher mit geeignetem Dichtprofil oder vorkomprimiertem Fugendichtband nach DIN 18 542, BG 1 an das Fenster angeschlossen werden. Ein zurückversetzter Fensterbankeinbau reduziert die Wasserbelastung des Anschlusses. Bei stumpfem Einbau ist ein zusätzlicher Wetterschenkel empfehlenswert. Die Fensterbänke müssen in Abhängigkeit von ihrer Länge und Aufkantung gegen Windbeanspruchung oder ein Verschieben beim Dämmstoffeinbau mit Fensterbankhaltern beziehungsweise alternativ durch eine streifenförmige Verklebung (bei Ausführung mit zusätzlicher Dichtebene unterhalb der Fensterbank) gesichert werden.
Die Wärmeausdehnung von Metall-Fensterbänken muss durch eine mehrteilige Ausführung mit wasserdichten Dehnungsstößen ab Fensterbanklängen von 3 m sowie einer Bewegungsaufnahme im Bereich der Bordprofile, zum Beispiel durch Verwendung von Gleit-Bordprofilen berücksichtigt werden.
Anputzdichtleisten mit Gewebe bieten einen optisch sauberen Putzanschluss. Bei unsachgemäßer Anwendung/mangelnder Haftung zum Untergrund sind in der Praxis aber Ablösungen zu beobachten. Deshalb ist dringend zu empfehlen, den Schlagregenschutz generell im Bereich der Laibungsplatten mit vorkomprimierten Fugendichtbändern BG1 nach DIN 18 542 zu realisieren. Das Wasser aus den Rollladenführungsschienen muss auf die Fensterbank geleitet werden. Dafür dürfen die Rollladenführungsschienen maximal 8 mm über der Oberfläche der Fensterbank enden. Bei notwendigen Ausklinkungen von Rollladenführungsschienen oder Bordprofilen muss man die Vorgaben der Richtlinien unbedingt beachten.
Fensterbank-Einbau mit zweiter wasserführender Ebene – ist das wirklich erforderlich?
Zu hinterfragen ist die Aussage des RAL Leitfadens zur Montage [RAL 2014], dass bei Verwendung eines schlagregendichten Fensterbanksystems auf die Ausführung einer zweiten wasserführenden Ebene unterhalb der Fensterbank verzichtet werden könne. Gemäß RAL Leitfaden sei dies immer dann möglich, wenn einteilige gekantete und verschweißte seitliche Abschlüsse zum Einsatz kommen oder Fensterbanksysteme mit aufgesteckten Bordprofilen mit Prüfnachweis der Schlagregendichtheit.
Führt man einen Fensterbank-Einbau ohne zusätzliche wasserführende Ebene aus, muss man sich bewusst sein, dass jegliche Undichtigkeit im bewitterten Bereich zu einem Wassereintritt ins Dämmsystem und die Wandkonstruktion führen kann. Allein schon wegen der Möglichkeit von Einbaufehlern ist die Ausführung einer zweiten wasserführenden Ebene unterhalb der Fensterbank geboten – zumal der hierfür zu veranschlagende Kosten- und Zeitaufwand im Vergleich zum Schadenspotenzial bei Holzbaukonstruktionen vergleichsweise gering ist.
Gewerkeloch und Fensterrahmennuten
Selbst bei Verwendung hundertprozentig schlagregendichter Fensterbanksysteme gibt es in der Praxis jedoch Undichtigkeiten, über die Feuchtigkeit in die Wandkonstruktion eindringen kann. Das so genannte „Gewerkeloch“ sowie die vorhandenen Fensterrahmennuten stellen Schwachstellen dar, die zu einem Versagen der ersten Dichtebene führen.
Der Begriff Gewerkeloch bezeichnet eine Öffnung, die an den Schnittstellen von Fensterrahmen, Fensterbank mit Bordprofil, Laibung und (wenn vorhanden) Rollladenführungsschiene im Eckbereich immer entsteht.
Die Fensterrahmennuten ermöglichen einen zurückversetzten Einbau der Fensterbank und sind über die gesamte Länge des Fensters vorhanden.
Kurios: Das Gewerkeloch findet im RAL-Leitfaden keine explizite Erwähnung, obwohl die Problematik seit geraumer Zeit bekannt ist. In der Praxis können diese Löcher mit spritzbarem Dichtstoff oder Fugendichtband nicht dauerhaft geschlossen werden, oft werden sie garnicht beachtet und bleiben einfach offen. Hinsichtlich der Fensterrahmennuten fordert der RAL-Leitfaden einen Verschluss im Eckbereich mit einem Füllprofil oder Dichtstoff.
Dazu ist anzumerken, dass die Geometrien von Fensterrahmen je nach Hersteller stark voneinander abweichen; passende Füllprofile werden – soweit bekannt – derzeit nur von einem Fensterhersteller angeboten. Bleibt also ein Verschluss mit Dichtstoff. Es ist dem Autor jedoch kein Dichtstoff bekannt, der an dieser Stelle einen dauerhaft wasserdichten Verschluss gewährleisten könnte.
Keine Erwähnung finden in den gängigen deutschen Richtlinien Fenster mit Aluminium-Vorsatzschalen. Dabei können diese nicht nur im unteren Bereich seitlich entwässern, vielmehr wird im Bereich der Gehrungen der Aluminium-Vorsatzschalen ebenfalls Wasser an der ersten Abdichtungsebene vorbeigeführt.
Zweite wasserführende Ebene –
unterschiedliche Ausführungsansätze
Angesichts der vielfältigen Unzulänglichkeiten der Abdichtung der ersten wasserführenden Ebene ist eine zweite unterhalb der Fensterbank gerade im Holzbau dringend geboten. Hierfür existieren am Markt unterschiedliche Ansätze.
Ungeeignet aus Sicht des Autors ist eine Anordnung der zweiten Dichtebene nach Ausführen der Laibungsdämmung. Hinsichtlich des Gewerkelochs und der Fensterbanknut ergibt sich bei dieser Ausführungsvariante keine Verbesserung, denn auch hier wird die erste Dichtebene durch die vorhandenen Öffnungen hinterlaufen.
Abdichtungen, die ausschließlich unter der Fensterbank und somit außen vor dem Fensterrahmen ausgeführt werden, haben den gleichen gravierenden Nachteil: Auch sie können an den genannten Schnittstellen hinterlaufen werden. Zudem wird ein weiterer Unsicherheitsfaktor nicht berücksichtigt: das Fenster selbst! Denn insbesondere Kunststofffenster können Leckagen aufweisen, an die man nicht zu glauben wagt. Durch unsinnige und nicht abgedichtete Verschraubungen, unsauber verschweißte Gehrungen oder einige andere Einfallstore kann Feuchtigkeit nach unten in die Konstruktion gelangen – sowohl im Holz- als auch im Massivbau.
Eine einfach zu realisierende und technisch einwandfreie Ausführung ist hingegen die Ausführung der zweiten Dichtebene vor Einbau des Fensters. Das Verlegen der Dichtfolien kann ohne komplizierte Eckausbildung vorgenommen werden, zudem wird das (gegebenenfalls undichte) Fenster (inklusive Fensterrahmennuten) durch eine wannenförmige Anordnung der Dichtfolie im unteren Bereich komplett umschlossen.
Ausführung der zweiten Dichtebene vor Fenstereinbau
Zunächst wird die Holzkonstruktion vor eindringender Feuchtigkeit durch Anordnen einer Abdichtung mit „Inthermo Basis-Dichtbahn“ geschützt. Die Verwendung vorkonfektionierter Keile (aus XPS oder Kork) als Untergrund für die vollflächige Verklebung der Dichtbahn mit einer horizontalen Aufstandsfläche für das Fenster und einem 5°-Gefälle nach vorne vereinfacht die spätere Positionierung des Fensters und gewährleistet ein sicheres Ablaufen eingedrungener Feuchtigkeit. Aufgrund seiner Druckfestigkeit ist hier Kork besonders geeignet. Die Basis-Dichtbahn wird über die gesamte Tiefe der Fensterbrüstung und damit vollflächig unter dem Fenster verlegt. Die Basis-Dichtbahn wird grundsätzlich seitlich an den Rohbaulaibungen mindestens 15 cm hochgeführt. Vor Verklebung der Basis-Dichtbahn wird zudem mit dem „Inthermo Fensterbrüstungsprofil“ ein Kunststoffprofil auf der Außenkante des Gefällekeils verklebt. Dieses gewährleistet einen definierten Putzabschluss ohne Verschluss der zweiten Dichtebene und sorgt für ein kontrolliertes Abtropfen der Feuchtigkeit vor der Fassade. Die Entwässerungsöffnung der zweiten Dichtebene muss nach vorne offenbleiben, mit dem Anordnen von Fugendichtbändern in den Eckbereichen kann anfallende Feuchtigkeit weggeleitet werden.
Um ein Eindringen von Feuchtigkeit zwischen Fensterrahmen und Basis-Dichtbahn auszuschließen, wird die Fensteranschlussbahn am Fensterrahmen angeklebt, ebenfalls seitlich mindestens 15 cm hochgeführt und nach Montage des Fensters mit der Basis-Dichtbahn verklebt. Ein auf der Oberseite dieser Fensteranschlussbahn befindlicher Streifen aus Butylkautschuk dient dabei als dichtende Aufstandsfläche für das Fenster und sorgt für eine dauerhaft funktionierende Abdichtung. Im Anschluss werden die Fensterbänke entsprechend den gültigen Richtlinien gesetzt.
AutorDipl.-Bauingenieur Jürgen Waßermann ist Leiter Technik beim WDVS-Anbieter Inthermo in Ober-Ramstadt.
Literatur
Tab. 1: Maße und Anzahl der Fensterbankhalter
Quelle: [Empfehlungen für den Einbau / Ersatz von Metall-Fensterbänken (WDVS Fassade) 12/2011]
Maße und Anzahl der Fensterbankhalter
Hier finden sie eine Tabelle zum Download