Umnutzung eines Getreidesilos in Kapstadt zum Kunstmuseum
In Kapstadt hat sich ein Getreidesilo in ein Museum verwandelt. Die Architekten des Heatherwick Studios ließen die betonierten Wandungen der Kornkammern aufsägen, neuer Beton verstärkt die alten Silowände. Dank Nachbehandlung mit „Keim-Concretal“ wurde dieser den Ansprüchen der Planer gerecht.
Im Zeitz Museum of Contemporary African Art (MOCAA) werden mehrere tausend Arbeiten afrikanischer Künstler aus dem 21. Jahrhundert gezeigt. Die Werte stammen aus der Privatsammlung des ehemaligen Puma-Manager Jochen Zeitz. Während solche Kunst sonst häufig nach Übersee abwandert, verfolgt Zeitz die Idee, sie auf dem Kontinent zu belassen und vor Ort auszustellen.
Der großen Bedeutung des Museums entsprechend ragt es weit über die Nachbarbauten am Hafen von Kapstadt hinaus. Untergebracht ist es in einem alten Silogebäude, in dem einst Mais zwischenlagerte, bevor er in alle Welt verschifft wurde. Von 1921 bis 1924 errichtet, streckt sich der Bau bis zu 57 m in die Höhe und gehört zu den Landmarken in der Skyline von Kapstadt. Seit einigen Jahren steht er unter Denkmalschutz.
Das Londoner Architektenteam um Thomas Heatherwick erhielt den Auftrag, das Gebäude für die neue Nutzung als Museum umzubauen. Doch was fängt man mit 42 senkrechten Siloröhren aus Beton an? Ihre Rundwände eignen sich schwerlich für das Aufhängen von „Flachware“, wie Gemälde im Kuratorenjargon ironisch genannt werden.
Die Architekten entwickelten eine Doppelstrategie. Einen Teil des Bauwerks entkernten sie komplett, um Platz für 80 funktionale rechteckige Ausstellungssäle zu erhalten. Dort wird Malerei, aber auch Plastik und Videokunst präsentiert. Im anderen Teil dagegen blieb die Struktur der Betonsilos erhalten und wurde dazu genutzt, um ein beeindruckendes Atrium zu schaffen. Als Hommage an die Vergangenheit des Gebäudes nahmen die Architekten die Form eines Maiskorns, vergrößerten sie tausendfach und schnitten dieses Volumen aus der Betonstruktur heraus. Das Ergebnis ist ein organisch geformter Raum, der seinesgleichen sucht. Die Silos lassen sich noch erahnen, sind aber Teil von etwas Neuem. Ihr Dach wurde mit Glas geschlossen, so dass Tageslicht durch die rund 30 m hohen Röhren nach unten gelangt. Wer den Raum auf Straßenniveau betritt, schaut unweigerlich nach oben und fühlt sich durch die himmelwärts strebenden Elemente an eine gotische Kathedrale erinnert. In zwei der seitlichen Röhren gleiten zylindrische Fahrstuhlkabinen auf und ab, in anderen führen Wendeltreppen empor zu den Ausstellungssälen.
Herausforderung Sichtbeton
Da die zum Teil nur 17 cm dicken Wände der Silos nach dem Aufsägen nicht mehr stabil genug gewesen wären, ließen die Architekten sie von innen mit einer zusätzlichen Stahlbetonschicht von 42 cm verstärken. Das Betonieren gestaltete sich alles andere als einfach. Zum einen war das Einbringen der Schalungen in die engen Silos kein Kinderspiel, zum anderen stehen in Kapstadt weder das Beton-Knowhow eines Tadao Ando, noch die legendär präzise Betonierkunst Schweizer Bauunternehmer zur Verfügung. Es war also abzusehen, dass eine Nachbearbeitung der Betonflächen nötig sein würde.
In der Tat zeigten sie nach dem Ausschalen eine ganze Reihe von Fehlern. An manchen Stellen war der Zementleim ausgetreten und hatte Kiesnester hinterlassen. An anderen Stellen waren die Schaltafeln leicht gegeneinander verrutscht, so dass die Wandflächen Vor- und Rücksprünge von 10 bis 40 mm aufwiesen. Da die Siloröhren immer von oben in Streiflicht getaucht werden, warfen diese Unebenheiten lange Schatten und fielen besonders ins Auge. Auch die sehr unterschiedlichen Oberflächenqualitäten des Betons genügten den Ansprüchen der Architekten nicht: Teils war er matt, teils leicht glänzend, teils zeigte er unterschiedliche Farbtöne. Hinzu kamen noch die üblichen Spuren aus dem Bauprozess wie Markierungen mit Bleistift oder Kreide, ölige Flecken von der Schalung und senkrechte Schmutzschlieren.
Schrittweise korrigiert
Also machte man sich an die Nachbesserung, für die auf Vorschlag der Architekten die mineralische Produktpalette der Firma Keim zum Einsatz kam. Zunächst wurden die Unebenheiten egalisiert. Dafür mussten Vorsprünge abgetragen, Rücksprünge aufgefüllt, Kiesnester und kleinere Lunker verfüllt, Fehlstellen von mehr als 4 mm ausgeglichen und plane Flächen hergestellt werden.
Anschließend rückte man der ungleichmäßigen Materialanmutung mit ihren heterogenen Glanzabstufungen zu Leibe. Die Wände wurden vorgenässt und dann von Trennmittelrückständen beziehungsweise öligen Flecken befreit. Als Abschluss war eine Beschichtung geplant, die widersprüchliche Anforderungen zu erfüllen hatte: Einerseits sollte sie die unterschiedlichen Farbtöne der einzelnen Flächen einander angleichen, andererseits sollte der Beton nicht unter einer deckenden Farbschicht verschwinden, sondern seinen steinernen Charakter behalten. Hier konnte die „Keim Concretal-Lasur“ ihre Stärken ausspielen. Als mineralische Beschichtung bewahrt sie die sichtbare, offenporige Struktur des Betons, da sie keinen Film auf der Oberfläche bildet. Um eine Anmutung zu erzielen, die unbehandeltem Beton möglichst nahekommt, legte man mehrere Musterflächen an. Die Lasur kann in jedem beliebigen Verhältnis verdünnt werden, um eine optimale Angleichung an den originalen Betonfarbton zu erzielen. „Wir haben unterschiedliche Lasur-Varianten ausprobiert, mal in stärkerer, mal in schwächerer Verdünnung. Und bei der Pigmentierung haben wir mehrere Grautöne getestet“, erläutert Wolfgang Höger, Geschäftsführer der Keim Handelsvertretung in Südafrika. „Am Ende landeten wir bei einer individuellen Mischung aus den beiden Tönen 9546 und 9550 im Verhältnis 1:1. Beim Großteil der Flächen hat ein zweimaliger Auftrag der Lasur gereicht. Nur die besonders starken Verfärbungen im Beton hat der Maler mehrmals überstrichen.“ Insgesamt wurden 4500 m2 auf diese Weise bearbeitet.
Wer heute das Museum besucht, ahnt nichts von der aufwendigen, beinahe restauratorischen Nachbehandlung der Siloröhren. Der Beton wirkt ganz natürlich und gleichmäßig, als sei er direkt so aus der Schalung gekommen, wie er jetzt vor Augen steht. Die räumliche Idee der Architekten, die auf die visuelle Kraft rohen Betons setzt, kann ihre Wirkung also ungestört entfalten.
AutorDipl.-Ing. Christian Schönwetter studierte Architektur an der Universität Karlsruhe. Heute ist er unter anderem als freier Architektur- und Designjournalist tätig. Er lebt und arbeitet in Stuttgart. www.schoenwetterjournalismus.de