Modellprojekt: Denkmalgerechte Sanierung eines Gründerzeithauses in Bad Belzig
Die Sanierung eines zweigeschossigen Gründerzeithauses in Bad Belzig wurde als Modellprojekt vom Bundesverband Altbausanierung und der KfW unterstützt. Durch deren Fördermittel und Expertenwissen gelang der Plan, das verfallene Baudenkmal energetisch und technisch auf einen aktuellen Stand zu bringen.
Die Zielsetzung dieses Modellprojektes hielt jeder für unerreichbar, der das mehr als hundert Jahre alte Wohnhaus in Bad Belzig in seinem Vorzustand gesehen hatte. Vom Keller bis zum Dach zeigte das Gemäuer deutliche Spuren des Verfalls. Dennoch hatten sich Ursula Heyder und Michael Memmler auf der Suche nach Wohnraum spontan in das zweigeschossige Wohnhaus aus der Gründerzeit verliebt und es gekauft.
Die Sanierung ihres Denkmals wurde von der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Brandenburg und der Stadt Bad Belzig mit Städtebaufördermitteln bezuschusst sowie vom BAKA Bundesverband Altbauerneuerung und der KfW als Modellprojekt „Denk Mal Effizient“ begleitet. Dadurch wurden gleichzeitig auch Experten mit ins Boot geholt, die wissen, wie solch ein Projekt zum Erfolg geführt wird. Ihre ehrgeizige Zielsetzung: Energetische Sanierung des Wohnhauses unter Denkmalschutz mit der Zielstellung KfW 85! Gelingen sollte dieser Plan durch den Einsatz von Remmers Spezialprodukten für Bauwerksabdichtung, Mauerwerksanierung, Holzschutz und Innendämmung.
Baugeschichte des Objektes
Das zweigeschossige, voll unterkellerte massive Wohnhaus mit Putzfassade und Satteldach entstand Ende des 19. Jahrhunderts. Die beiden straßenseitigen Fassaden sind mit gründerzeitlichem Stuck gestaltet, der klassizistische Formen aufgreift. An der Westseite des Hauses befindet sich ein Hof mit jüngeren Anbauten und einer nachträglich angefügten Toreinfahrt. Vor Beginn der Sanierung stand das Denkmal über mehrere Jahre leer.
Undichtes Dach, nasser Keller, Risse im durchfeuchteten Putz und Mauerwerk, dieser Befund verdeutlichte die Herausforderung, das Gebäude zum einen als Denkmal zu erhalten und zum anderen durch Einsatz moderner Produktsysteme darin drei Wohnungen mit zeitgemäßem Standard einzurichten.
Schnittstellen übergreifende Bauwerksabdichtung
Der durchfeuchtete Natur-Bruchsteinsockel mit seinen brüchigen Fugen und rissigen Steinen stellte die erste große Herausforderung dar. Die desolate Situation unterhalb der Geländeoberkante nach dem Freilegen entsprach den Erwartungen. Die Schnittstelle zwischen erdberührter Bauwerksabdichtung und Sockelbereich richtig auszuführen, ist generell eine schwierige Aufgabenstellung. Mit den Baustoffen der damaligen Zeit war das schlichtweg unmöglich. Zielsetzung war der Einsatz eines Abdichtungsmaterials, das auf den unterschiedlichsten Untergründen haftet und sowohl im erdberührten Bereich als auch im Spritzwasserbereich eingesetzt werden kann. Da der sichtbare Spritzwasserbereich im Nachgang eine farbliche Gestaltung erhalten sollte, musste die Abdichtung zudem noch überstreichbar sein. Für diese komplexe Aufgabenstellung wurde „MB 2K“ eingesetzt. Das Hybridprodukt zählt zur neuen Produktgattung der flexiblen polymermodifizierten Dickbeschichtungen (FPD) und vereint somit die Leistungsmerkmale bituminöser und mineralischer Abdichtungssystem in einem Produkt.
Horizontalsperre im Niederdruckverfahren
Um das Mauerwerk vor aufsteigender Feuchtigkeit zu schützen wurde außerdem im Niederdruckverfahren eine Horizontalsperre mit „Kiesol“ an allen Außenwänden und den einbindenden Innenwänden ausgeführt. An den hangseitigen Außenwänden und den dazu einbindenden Innenwänden führten die Handwerker zur Abdichtung von Hohlräumen im sensiblen Übergang Fundament/Außenmauerwerk gegen aufsteigende Feuchtigkeit eine Abdichtung mit „Injektionsgel Acryl 3K“ aus.
Risssanierung des Mauerwerks
Auf jedes Ziegelmauerwerk wirken im Laufe von Jahrzehnten so viele Kräfte ein, dass Risse im Mauerwerk nahezu unvermeidbar sind. Die putzgrundbedingten Mauerwerkrisse und Putzrisse der Gründerzeitvilla schlossen die Handwerker mit dem Remmers Spiralankersystem kraftschlüssig. Die Spiralanker verursachen nur einen minimalen Eingriff in das rissige Mauerwerk, da sie in den Fugen mit „Spiralankermörtel M20“ verlegt werden. Der kunststoffvergütete Werktrockenmörtel mit hohem Sulfatwiderstand und niedrig wirksamen Alkaligehalt weist eine hohe Verbund- und Untergrundhaftung auf und erhärtet schwindarm. So können selbst gerissene Steine wieder verwendet werden.
Innendämmung mit dem iQ-Therm-System
Da das Gebäude mit seinen Putz- und Klinkerfassaden sowie Stuckelementen unter Denkmal- und Ensembleschutz steht, kam für die energetische Sanierung nur eine Innendämmung in Frage. Das „iQ-Term-System“ verbinde Kapillarität, Wärmedämmung und Luftfeuchtigkeitsregulierung in einem einzigen System. Durch seine nach innen gerichteten Kapillarkräfte ist es in der Lage, Feuchtigkeit aus der Konstruktion zurück an die raumseitige Oberfläche zu transportieren, wo sie abgelüftet wird. Der Putz wiederum kann kurzfristig hohe Luftfeuchtigkeiten aufzunehmen, puffern und in Phasen mit niedriger Luftfeuchtigkeit wieder abgeben. Die Verwendung einer Innendämmung bewirkt durch die enge Wechselwirkung zwischen Wärme und Feuchte immer Veränderungen der Feuchteverhältnisse im Bauteil: Das Trocknungspotential der Konstruktion wird gemindert.
Energieeffizienz durch trockene Fassade
Dies machte eine wirksame Reduzierung des Feuchteeintrags für die hofseitigen Klinkerfassadenflächen der Gebäudeanbauten erforderlich. Dipl.-Ing. Architekt Ulrich Zink entschied sich deshalb für einen Schlagregenschutz durch eine diffussionsoffene hydrophobierende Imprägnierung des Ziegelsichtmauerwerks mit „Funcosil SNL“.
Die hydrophobierende Imprägnierung nach einer Neuverfugung des verwitterten Fugennetzes verringert die Wasseraufnahme freibewitterter Fassadenflächen erheblich. Die Poren bleiben offen, der Baustoff behält seine „Atmungsaktivität“, die Wasserdampfdurchlässigkeit wird kaum beeinträchtigt. Da ein trockener Baustoff besser dämmt als ein nasser, wird neben dem Schutz der Konstruktion, so ein zusätzliches Energiesparpotential erschlossen.
Nach mehr als hundert Jahren – die Renaissance
Keiner der heute Lebenden hat diesen Zweigeschosser aus der Gründerzeit je zuvor so gesehen. Alles an ihm ist neu und schön wie am ersten Tag: Von der Schiefereindeckung auf dem Dach bis hin zum Kellergesims. Die Stuckfassade der Vorder- und der Giebelfront leuchten in dem gleichen eleganten grau-blau wie damals. Die dunklen Fenster bilden den Kontrast. Dabei war die Überraschung groß: der Befund des Restaurators brachte das „Taubenblau“ für die Fassade und das eher dunkle Braun für die Fenster an den Tag.
AutorJens Engel ist Produktmanager Bauten- und Fassadenschutz bei der Firma Remmers in Löningen.
Baubeteiligte (Auswahl)
Planung und Bauleitung Integra Planen und Gestalten GmbH, Architekt Dipl.-Ing. Ulrich Zink, Berlin,
Thermographie/Blower-Door thermophot-Ingenieurbüro GmbH, Dipl.-Ing. (FH) Lutz Gruhle, Berlin
Restauratorisches Gutachten Diplomrestaurator (FH) Udo Drott, Bad Belzig, www.restaurierung-drott.de
Holzschutztechnisches Gutachten Dipl.-Ing. Uwe Sallmann, Berlin, www.sallmannholzschutz.de
Prüfstatik KLW Ingenieure GmbH, Dipl.-Ing. Detlef Wolber, Berlin, www.klw-berlin.de
Hygrothermische Berechnungen/Bauphysik
Bauingenieurbüro PHB, Philipp Heinze, Hamburg,
Trockenlegung, SanExpert, Braunsbedra,
Innendämmung/Trockenbau WST-Bau Schulte,
Berlin, www.spr-bau.de
Gerüst Gerüstbau Z+O Brandenburg/Havel,
Brandenburg, www.z-o.de
Fassade/Putz- und Stuckarbeiten HBS Holz-,
Bautenschutz und Sanierung, Schönebeck,
Dach V & D Dachbau, Lutherstadt Wittenberg,
Fenster Tischlerei & Fensterbau Heiko Jähnke,
Templin, www.tischlerei-jaehnke.de
Innentüren Tischlerei Wüstenhagen, Bad Belzig,
tischlerei-wuestenhagen.de
Herstellerindex (Auswahl)
Remmers „MB 2K“, „Kiesol“, „Injektionsgel Acryl 3K“, „Spiralankermörtel M20“, „iQ-Term-System“, „Funcosil SNL“, www.remmers.de
Baumit Kalkputz „Klima RK 39“, Kalkputz „Klima RK 70 N“, „Stuccoco Grobzug FG88“, www.baumit.de